Suisse, das kleine französische Dorf im Schatten seines grossen Nachbarn

Im Osten Frankreichs sorgt ein kleines Dorf mit dem Namen Suisse für einige Verwirrung.
Suisse ist eine kleine französische Ortschaft mit 98 Seelen im Département Moselle. Sein Name wird häufig mit dem seines grossen Nachbarn verwechselt, dem Nachbarland Suisse, der Schweiz, was den örtlichen Behörden einige Sorgen bereitet.
Jean-Luc Klein, Bürgermeister von Suisse, macht keinen Hehl daraus, dass die grosse Schwester nebenan seinen Alltag etwas erschwert.
«Wir erhalten mehrmals im Monat Post bezüglich Geburtsurkunden, die für die Schweiz und nicht für das Dorf bestimmt sind. Deshalb haben wir eine Standardantwort parat», erzählt er am Westschweizer Fernsehen RTS.
Durch das GPS genarrt
Die Bewohner:innen des Dorfes haben auch ihre Anekdoten parat – meist von Reisenden, die von den Navigationsgeräten in ihren Fahrzeugen irregeleitet wurden.
Marguerite Noirot ist mit 93 Jahren die älteste Einwohnerin von Suisse. Ihr Sohn erinnert sie an jenen Autofahrer, der glaubte, in der Schweiz angekommen zu sein. Dann aber realisierte er, dass er sich in Wirklichkeit im Département Moselle befand – 200 Kilometer weiter nördlich, zwischen Luxemburg und Deutschland.
Die älteste Suissesse erinnert sich an die Zeit während des Zweiten Weltkrieges, als Suisse in deutsche Hände gefallen war. «Die deutschen Soldaten kamen, um Milch zu holen…. Ich habe immer in Suisse gelebt und möchte nirgendwo anders hin», sagt sie.
Ursprung unbekannt
Der Ursprung des Dorfnamens ist bis heute ein Rätsel. Die ersten Aufzeichnungen stammen aus dem frühen 18. Jahrhundert und sprechen von einer Ableitung von Sulza, dem alten Namen des Dorfes. Der Name könnte aber auch von Schweizer Arbeitern stammen, die sich zu dieser Zeit in der Region niedergelassen hatten.
Besuch erhält Suisse auch von Schweizer:innen. Sie zählen aber nicht zu den Verirrten, sondern kommen ins Dörflein, um Erinnerungsfotos zu schiessen.

So auch ein Paar aus dem Kanton St. Gallen, die mit einem alten, heute sehr wertvollen VW Bus unterwegs sind. «Es ist das erste Mal, dass wir hier sind. Meine Freundin hat mir gesagt: ‹Schau mal auf die Karte, da ist ein Dorf namens Schweiz›. Es lag zwar nicht genau auf unserer Route, aber wir dachten uns, dass wir uns das mal anschauen sollten», lacht der Mann.
Die Zeit reicht aus, um ein Erinnerungsfoto vor dem begehrten Schild zu machen, das bereits gestohlen worden war, wie Bürgermeister Klein verrät. Die Vermutung liegt nahe, dass die Diebe aus der Grande Suisse stammten, dem «grossen» Nachbarlandes 200 Kilometer weiter südlich.

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