Die Schweiz als Marke ist ein robuster Wert
Ob Banken, Fluglinien oder Uhren – eidgenössische Unternehmen profitieren international von dem guten Ruf der Schweiz. Doch inwiefern haben umgekehrt Skandale wie die UBS-Rettung vor zehn Jahren oder das Swissair-Grounding 2001 dem Image des Landes geschadet?
Wie bedeutend der Hinweis «Made in Switzerland» für Unternehmen ist, zeigt der erst jüngst beigelegte Streit zwischen Victorinox und der Schweizer Armee. Die warf dem Hersteller der bekannten Sackmesser mit dem Schweizer Kreuz vor, sich in den USA unrechtmässig der Marke «Schweizer Armee» zu bedienen und verklagte Victorinox auf Schadenersatz.
Beide Seiten einigten sich schliesslich gütlich. Die Schweizer Armee registriert die Marke in den USA, Victorinox erhält einen langfristigen Lizenzvertrag. Ein echt eidgenössischer Kompromiss: Die eine Seite hält die Rechte, die andere trägt weiter eines der urtypischen Schweizer Qualitätsprodukte in die Welt hinaus.
Swissness Gesetz
Die «Swissness»-Gesetzgebung trat am 1. Januar 2017 in Kraft. Sie schützt die Bezeichnung «Schweiz» und des Schweizerkreuzes und soll den Wert der Marke Schweiz erhalten. Demnach darf ein Schweizer Kreuz nur dann zum Marketing eines Produktes verwendet werden, wenn ein grosser Teil von diesem aus der Schweiz stammt und es in der Schweiz hergestellt wurde. Bei verarbeiteten Lebensmitteln müssen zum Beispiel 80 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz kommen. Für Industrieprodukte muss der wesentliche Fabrikationsschritt in der Schweiz stattfinden, mindestens 60 Prozent der Produktionskosten müssen hier anzufallen. Die rein dekorative Verwendung des Schweizerkreuzes oder der Bezeichnung Schweiz ist problemlos und nicht an Vorgaben gebunden, solange nicht der Eindruck entsteht, es handle sich um ein Schweizer Produkt.
Quelle: Eidgenössisches Institut für geistiges EigentumExterner Link
Ohne Frage: Der Hinweis auf die Schweizer Herkunft steigert den Wert von Waren und Dienstleistungen aller Art. Swissmade oder das Schweizer Kreuz stehen für Zuverlässigkeit und Qualität und evozieren in Käufern weltweit Bilder einer heilen Alpenwelt. Können umgekehrt Unternehmens- und Branchenskandale den guten Ruf des Landes beschädigen? Hinterlassen eidgenössische Krisen und Skandale Spuren im internationalen Gedächtnis? «Ländermarken sind ausgesprochen stabil», beruhigte Daniel Trachsler, von der Abteilung «Präsenz Schweiz» des Eidgenössischen Departements für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf einer Veranstaltung in der Schweizerischen Botschaft in Berlin.
Schweizer Kunden sind nachtragender
Er muss es wissen. Seine Abteilung wurde 2001 im Zusammenhang mit der Kritik am Umgang mit dem Vermögen jüdischer Opfer bei Schweizer Banken gegründet und sollte helfen, einen Imageschaden von der Schweiz abwenden. Das scheint gelungen: Langfristig betrachtet hat der Streit um die sogenannten «nachrichtenlosen Vermögen» nur vorübergehend an dem Ruf des Landes gekratzt. Auch die UBS scheint nach dem Beinahe-Untergang 2008 mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein. International sei diese Krise ziemlich in Vergessenheit geraten, so Daniel Fischer, der bei der UBS das Marketing für die Schweiz leitet. Auf dem heimischen Markt verlor die Bank hingegen zahlreiche Kunden und benötigte viele Jahre, um Vertrauen zurück zu gewinnen. Die neue Markenstrategie kann dabei nicht an die alten Schweizer Aspekte wie Qualität und Verlässlichkeit anknüpfen, sondern setzt sachlicher auf konkrete Dienstleistungen.
Es scheint, als hätten die Schweizer Bankenskandale dem Ruf der Branche, jedoch nicht dem Image der Schweiz nachhaltig geschadet. Die Ländermarke geniesst weiterhin höchstes Ansehen. «Ein gutes Länderimage kann nationale Skandale abfedern», bestätigt Daniel Trachsler.
Und es ist Gold wert. «Für eine Schweizer Uhr zahlen Käufer willig einen Aufschlag von 100 Prozent», zitiert Stephan Feige von der htp St. Gallen Managementberatung eine Studie. Bei Käse sind es immerhin noch 50 Prozent. Das eigentliche Unternehmen wird dahinter zweitrangig, es ist das Land, das zählt. «Die Herkunft sticht die Marke», so Marketingexperte Feige.
Uhrenbranche trieb Swissness-Gesetz voran
Niemand profitiert von der Marke Schweiz so sehr wie die Uhrenbranche. Sie hat bereits 1971 feste Regeln aufgestellt, welcher Chronometer sich eine Schweizer Uhr nennen darf. Diese Herkunftsbezeichnung ist für das Marketing zentral, «eine Beziehung zu Qualität und Präzision, die man in keinem Fall preisgeben sollte» wie Hanspeter Rentsch, Vizepräsident des Schweizer Uhrenverbandes Rentsch sagt.
Aus diesem Grund zählte die Uhrenindustrie zu den stärksten Verfechtern des sogenannten Swissness-Gesetzes.
Verjüngungskur für «Made in Switzerland»
Auch der Nachfolger der Swissair hat die Schmach der Lufthansa-Übernahme zumindest aus unternehmerischer Sicht verkraftet. «Die meisten internationalen Kunden wissen gar nichts von dem Grounding der Swissair und es würde sie auch gar nicht interessieren», sagt Bernhard Christen, Marketingleiter der Swiss International Airlines. «Nur in der Schweiz ist das omnipräsent.» Ohnehin ist der Schweiz-Bezug in der Luftfahrtbranche nicht automatisch ein Pluspunkt. Anders als im markenbewussten Uhrengeschäft seien Flugreisende sehr preisbewusst, so Bernhard Christen. Der billigste Anbieter gewinnt den Kunden. Dennoch ist es Christen wichtig, dass seine Fluglinie ihre Wurzeln und den Bezug zur Schweiz nicht nur im Namen fortführt. «Wir haben nicht einfach Käse an Bord, sondern Emmentaler und Appenzeller.» Soviel Verbindung muss sein. In diesem Punkt hat er sich den Wünschen der Lufthansa widersetzt, die durch einen Zentraleinkauf für beide Fluglinien Geld sparen wollte. Christen nutzt den Länderbezug zur Schweiz weiterhin, um die Airline als qualitativ hochwertig zu positionieren und sich so von der Billigkonkurrenz abzugrenzen.
Dabei könnte dem Länderimage der Schweiz durchaus ein bisschen Verjüngung guttun, räumt Daniel Trachsler ein. Seit Jahrzehnten prägen Berge, Käse, Alpen und Uhren das Image der Schweiz und die Werbung für deren Produkte: «Wir würden uns schon freuen, wenn wir etwas innovativer wahrgenommen würden.»
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