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Tolles Abschiedsgeschenk der U-17 an Förderer Hasler

Die Schweizer U-17-Spieler nach dem Sieg im WM-Achtelfinal gegen Italien. Keystone

Mit Tempo, Balltechnik, Effizienz und Selbstvertrauen hat die Schweizer Nachwuchs-Auswahl an der U-17-WM in Nigeria den Halbfinal erreicht, will aber mehr. Der Höhenflug krönt die Verdienste des demissionierenden Hansruedi Hasler um den Schweizer Fussball-Nachwuchs.

Die «Grossen» mit Diego Benaglio, Alex Frei, Tranquillo Barnetta und Co. reisen nächsten Sommer an die WM in Süd-Afrika. Die 17-Jährigen sind schon dort. Setzen sie am Donnerstag in Lagos gegen Kolumbien die Siegesserie aus den Spielen gegen Brasilien, Deutschland und Italien fort, ist ihre einmonatige Afrika-Mission erst mit dem Final vom Sonntag beendet.

«Ein traumhaftes Abschiedsgeschenk», freut sich Hansruedi Hasler. Nach 15 Jahren, in denen er als Technischer Direktor des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) für die Nachwuchsarbeit verantwortlich war, tritt er Ende Jahr aus Altergründen zurück.

«Die Chancen, die wir dem Team einräumen, kann ich am besten damit illustrieren, dass Verbandspräsident Peter Gilliéron für den Final vom Sonntag nach Nigeria reist», sagt Hansruedi Hasler gegenüber swissinfo.ch. Seine Stimme ist dabei bar jeder Überheblichkeit.

Hasler selbst, der Ende Jahr als zurücktritt, fliegt zusammen mit Nachfolger Peter Knaebel am Mittwoch nach Lagos, um beim Halbfinale dabei sein zu können.

Bewährungsprobe im Scheinwerferlicht

Erfahrungen sammeln, Lernen, sich in die Notizbücher der Talentspäher spielen, Spass haben und natürlich gewinnen: Das wollen die Jungs auf dem (Kunst-)Rasen Afrikas.

Die besonderen Anforderungen, die ein Grossanlass an Physis und Psyche stellt, bieten Lernfelder, welche die jungen Akteure vorwärts bringen. «Sie können und dürfen fünf Spiele auf einem sehr hohen Niveau spielen, vielleicht sogar deren sieben», sagt Hasler. «Mit Ausnahme von Stürmer Nassim Ben Khalifa, der bereits in der Super League spielt, haben die Spieler dieses Niveau und diese Qualität in den Vereinen fast nie, sondern höchstens in der Junioren-Nationalmannschaft.»

Dazu komme der mentale Druck. «Man trägt das Nati-Trikot, steht im Rampenlicht, muss sich bewähren. Das sind Erfahrungen, die den Spielern mit 20 oder 22 Jahren zu Gute kommen können», sagt Hasler.

Die Bestätigung

Der Vorstoss der Schweizer Jungspunde unter die besten vier Teams der Welt ist zwar eine Sensation, indes keine eigentliche Überraschung.

Denn die Schweizer Auswahl kam schon im vergangenen Mai an der U-17-Europameisterschaft in Deutschland bis ins Halbfinale, wo sie an Holland scheiterten. In der Gruppenphase hatte das Team von Trainer Dany Ryser Frankreich und Spanien ausgebootet.

Auf dem afrikanischen Rasen haben die jungen Spieler Spektakel pur geboten: 13 Tore haben sie nach dem Achtelfinal auf dem Konto. Gefährlicher sind bisher nur die Spanier mit 16 Treffern.

Coach Dany Ryser verkörpert das pure Gegenteil. Unaufgeregt, um nicht zu sagen unscheinbar steht er an der Seitenlinie. Aber für jede Situation hat er das richtige Konzept parat.

Wenn Ryser der Vater der jüngsten Erfolge der Schweizer U-17-Auswahl ist, dann ist Hansruedi Hasler dessen Übervater. In seinen 15 Jahren als Technischer Direktor hat er erreicht, was niemand vorher für möglich gehalten hätte: Der Schweizer Fussballer-Nachwuchs ist zum international gefürchteten Faktor geworden.

Stillstand ist Rückschritt

2002 hatte die Fussballwelt noch gestaunt, als die damaligen U-17-«Titanen» sensationell Europameister wurden. Fussballlehrer und Verbandsfunktionäre aus allen Ecken der Welt begaben sich auf Studienreise, um sich von Hasler und seinem Staff das Fussballwunder der kleinen Schweiz erklären zu lassen.

«Systematisch» ist ein Wort, das Hasler oft braucht. Systematisch ging er damals an den Aufbau der neuen Verbandsfunktion des obersten Verantwortlichen für den Nachwuchs: Analyse, Optimierung, Zielvorgabe, Umsetzung lauten die Säulen, auf die Hasler baute.

«Dank der guten Arbeit in den Vereinen und im Verband sind die heutigen jungen Spieler wesentlich besser ausgebildet. Sie sind körperlich stärker, mental weiter fortgeschritten und technisch sehr, sehr stark», trägt Hasler sachlich-bescheiden die Früchte seines Wirkens zusammen.

«Dazu kommt, dass wir heute in jedem Jahrgang 15 bis 20 gute Spieler haben, aus denen der Verband eine gute Mannschaft formen kann. Mitte der 1990er-Jahre dagegen hatte sich die Auswahl auf wenige Talente beschränkt.»

Kampf gegen die Abwerbung

Die Perlen, die der Schweizer Verband heranzieht, wecken natürlich auch Begehrlichkeiten. Diese sind nicht nur willkommen. Mladen Petric, Ivan Rakitic oder Zdravko Kuzmanovic liessen sich in der Schweiz zu grossen Könnern am Ball ausbilden, als Doppelbürger spielen sie heute aber für Kroatien resp. Serbien.

«Wir sind uns dieses Problems bewusst», sagt Hasler. Mit dem Instrument der Karriereplanung kämpft der SFV gegen die Abwanderung. «Dazu gehören systematische Informationen der Spieler, ihrer Angehörigen und Agenten», erklärt Hasler.

Die Massnahmen scheinen zu greifen. «Beim Anpfiff zum letzten WM-Qualifikationsspiel der A-Nationalmannschaft gegen Israel standen sieben Doppelbürger auf dem Platz. Es gelingt uns also recht gut, sie für die eigene A-Nationalmannschaft zu gewinnen», bilanziert Hasler.

Doch seine Bemühungen sieht er ausgerechnet durch die Fifa durchkreuzt. Der Weltverband erlaubte jüngst, dass Spieler unbesehen vom Alter einmal das Nationalteam wechseln können. «Da sind uns die Hände doch ein wenig gebunden», muss selbst Hasler einräumen.

Doch Resignation ist seine Sache nicht. Der beste Weg, um die jungen Spieler an die Schweiz zu binden, ist nebst guter Betreuung der Erfolg. Genau deswegen macht sich Hasler zum letzten Mal auf SFV-Dienstreise.

Renat Künzi, swissinfo.ch

Die Spieler der Schweizer Nachwuchs-Nationalmannschaften wurden wegen ihrer grossen internationalen Erfolge zwischen 2002 und 2004 Titanen genannt.

2002 wurden sie U-17-Europameister.

Im selben Jahr erreichte die U-21 bei der EM den Halbfinal.

2004 kam die U-19-Nati bei der EM in den Halbfinal.

2005 schaffte die U-20-Auswahl die WM-Teilnahme.

2009 schaffte die U17 an der WM wie an der EM die Halbfinalqualifikation.

Bei den U-17 sind die jungen Schweizer Fussballer Spitze.

Auf U-19-Stufe spielen dann «Schweizer Gymnasiasten gegen ausländische Profis», sagt Hansruedi Hasler.

Damit auch die 18- und 19-Jährigen zu den besten gehören, sollen sie laut Konzept von Hansruedi Hasler zwei Jahre voll auf die Karte Spitzensport setzen können.

Dabei werden sie so begleitet, dass sie möglichst nicht Gefahr laufen, im Falle des sportlichen Scheiterns auch privat den Boden unter den Füssen zu verlieren.

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