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Administrative Geschlechtsänderung boomt in der Schweiz

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Seit dem 1. Januar können Transgender und intersexuelle Menschen eine Geschlechts- und Namensänderung im Melderegister beantragen, ohne dass eine ärztliche Untersuchung oder andere Vorbedingungen erforderlich sind. ¬© Keystone / Anthony Anex

Mehr als 100 Personen haben eine Änderung ihres amtlich registrierten Geschlechts beantragt, seitdem das Gesetz in der Schweiz per 1. Januar 2022 gelockert wurde.

Wer den Geschlechtseintrag im Personenregister der Schweiz anpassen will, kann das seit dem 1. Januar 2022 direkt beim Zivilstandesamt erledigen – oder im Falle der Auslandschweizer:innen auf der nächstgelegenen Botschaft. Dort erklärt man, dass der Eintrag geändert werden soll, da er nicht mit der Geschlechtsidentität übereinstimmt. Daraufhin trägt das Zivilstandesamt die Änderung ein. Das war’s, Fall abgeschlossen.

Ein schriftliches Gesuch und medizinische Nachweise sind seit Jahresbeginn nicht mehr nötig, lange Wartezeiten sind ebenfalls Geschichte. Und statt mehreren hundert Schweizer Franken bezahlt man nur noch 75.

Bei den Betroffenen ist die Neuerung offensichtlich höchstwillkommen. Weit über hundert Personen haben davon seit Jahresbeginn allein in den grösseren Städten und Kantonen Gebrauch gemacht, wie eine Umfrage von SWI swissinfo.ch zeigt.

Zum Vergleich: In der gesamten Schweiz gab es in den Jahren 2019 und 2020 über das ganze Jahr verteilt jeweils rund 200 Geschlechtsänderungen im Personenstandsregister. Das dürfte 2022 übertroffen werden. Damit beschleunigt die Gesetzesänderung eine generelle Entwicklung, denn Änderungen des Geschlechtseintrags nehmen seit Jahren zu: Vor 2016 waren es jeweils noch deutlich unter hundert pro Jahr.

Zwischen 10 und 67 Jahre alt

Ein genaues Bild erlauben die verfügbaren Zahlen derzeit noch nicht. Der Kanton Bern beispielsweise hat bisher nur Statistiken für die erste Januarwoche. Doch bereits bis zum 7. Januar registrierte er 42 Geschlechtsänderungen. Die Stadt Zürich vermeldet 35, Basel-Stadt 18 und der Kanton Waadt 61 Geschlechtsänderung, die im Januar auf dem Zivilstandesamt beurkundet wurden.

Das gewählte Geschlecht ist ähnlich häufig männlich wie weiblich, wie es vom Kanton Bern und der Stadt Zürich heisst, in Basel-Stadt änderten etwas mehr Personen ihr Geschlecht zu männlich. Das Alter der Personen ist breit gefächert: Die jüngste mit Alter erfasste Person in Basel war zehn Jahre alt, die älteste in Bern 67. Tendenziell sind die Personen, die eine Erklärung für die Änderung des Personenstandseintrags abgegeben, jünger als der Schweizer Durchschnitt. Kinder unter 16 Jahren benötigen die Zustimmung der Eltern.

Für den 16-jährigen Justin bedeutet die Gesetzesanpassung eine Erleichterung: Er konnte anfangs Jahr sein eingetragenes Geschlecht und seinen Namen unkompliziert anpassen. Im Video spricht er über seine Erfahrungen:

Eine Einschränkung existiert weiterhin: Die eigene Geschlechtsidentität muss in die Kategorien «männlich» oder «weiblich» passen, andere Kategorien existieren im Register nicht.

«Es braucht unbedingt ein drittes Geschlecht», sagte Roland Peterhans, Präsident des Verbands der Zivilstandesämter im WANN gegenüber der NZZ am SonntagExterner Link. Man habe zum Beispiel immer wieder Fälle von Babys mit biologisch unklarem Geschlecht. «Die Eltern müssen sich dann sehr früh für ein Geschlecht entscheiden. Das ist unbefriedigend.»

Andere Länder anerkennen nicht-binäre Geschlechter

Jedes Jahr werden in der Schweiz etwa 40 Kinder geboren, deren Geschlecht bei der Geburt nicht bestimmt werden kann. Daneben gibt es non-binäre Personen, die bei der Geburt zwar klar einem Geschlecht zugeordnet werden, die sich aber weder als klar männlich noch weiblich identifizieren.

Andernorts gibt es bereits Optionen für einen Eintrag neben «männlich» und «weiblich». Australien ging als eines der ersten Länder voran. 2014 entschied das Oberste Gericht, dass ein neutrales Geschlecht rechtwirksam bei den Behörden eingetragen werden kann. Andere Länder folgten.

Externer Inhalt

Argentinien schaffte schon 2012 die rechtliche Grundlage, um sich ohne Hürden mit dem identifizierten Geschlecht auf offiziellen Dokumenten ausweisen zu könne. Seit Juli 2021 erlauben nun alle Identitätsausweise und Pässe eine dritte Kategorie «X». Non-binäre Geschlechtsidentitäten mit «X» kennzeichnen zu können, hat die Biden-Regierung in den USA für das Jahr 2022 ebenfalls angekündigt.

In Deutschland, dem nördlichen Nachbarn der Schweiz, gibt es die Kategorie «Divers». Für eine ähnliche Lösung für die Schweiz spricht sich die nationale Ethikkommission in einem BerichtExterner Link aus. Damit «sollen möglichst viele unterschiedliche Geschlechtsidentitäten inkludiert werden können.»

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