«Ich fühlte mich in Los Angeles nie fremd»
Choreografie und Regie sind ihre grossen Leidenschaften. Deshalb war es für die 30-jährige Evelina Stampa naheliegend, nach Los Angeles zu ziehen. Dort konnte sie bereits bei einem starbesetzten Kurzfilm Regie führen.
swissinfo.ch: Warum haben Sie die Schweiz verlassen?
Evelina Stampa: Ich war immer mal wieder für längere Zeit im Ausland, wie zum Beispiel in New York oder für drei Jahre für mein Bachelor-Studium in London. In Los Angeles bin ich nun auch schon seit fast drei Jahren.
Ich habe in Europa als Tänzerin und Choreografin sowie an verschiedenen Schulen als Tanz- und Schauspiel-Lehrerin gearbeitet. Auf Umwegen und mit viel Glück konnte ich bei verschiedenen Theater-Produktionen und auch auf Filmsets als Regieassistentin arbeiten und habe dabei realisiert, dass ich mich weiterbilden möchte.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
Da ich schon von klein auf eine enge Beziehung zu Amerika hatte, war mir klar, dass ich in den USA studieren möchte. Die UCLA School of Theater, Film and Television war schon immer ein Traum für mich, und durch das Fulbright-Stipendium und nach einem langen Aufnahmeprozess konnte ich diesen Traum auch wahrmachen.
swissinfo.ch: War es eine Reise ohne Rückkehr, oder haben Sie vor, einmal wieder in die Schweiz zurückzukehren?
E.S.: Es war definitiv keine Reise ohne Rückkehr, da ich auch sehr gerne in Europa als Regisseurin Fuss fassen möchte. Ich denke, als Künstlerin ist es wichtig, offen zu sein und dorthin zu gehen, wo es Arbeit gibt.
swissinfo.ch: Welcher Arbeit gehen Sie gegenwärtig nach?
E.S.: Ich bin Choreografin und Regisseurin und habe vor allem im Theater gearbeitet. Seit ich aber in Los Angeles lebe, hatte ich auch mehrere Möglichkeiten, als Movement Director und auch als Director an Filmsets zu arbeiten.
«Allegra’s Body Shop»Externer Link, ein Kurzfilm der Regisseurin Cecilia Albertini, an dem ich als Choreografin gearbeitet habe, hat soeben am Austin Film Festival in der Kategorie Best Comedy Short gewonnen.
Momentan ist «After Meredith»Externer Link, ein Kurzfilm, bei dem ich Regie geführt habe, in der Postproduktion. Dieser Kurzfilm wurde geschrieben und produziert von Stephanie Drake, die in der Serie «Mad Men» die Sekretärin Meredith spielte.
Nebenbei arbeitete ich am Stück «Frühlings Erwachen» von Frank Wedekind, das ich mit Studenten der UCLA über sechs Wochen lang geprobt und an der UCLA aufgeführt habe.
swissinfo.ch: Wo leben Sie gegenwärtig, wie ist das Leben, die Küche dort?
E.S.: Ich lebe momentan in Los AngelesExterner Link und geniesse die vielfältige Küche. Ich mag, dass es extrem viel verschiede Restaurants gibt und dass man immer wieder etwas Neues entdecken kann und es dort nicht nur entweder Fast Food oder Green Juices gibt.
swissinfo.ch: Was ist in Ihrem Wohnland attraktiver als in der Schweiz?
E.S.: Definitiv das Wetter! Obwohl ich die vier Jahreszeiten manchmal vermisse, ist es wunderschön, immer Sonnenschein zu haben. Aber auch, dass man von LA nicht nur schnell an den Strand, sondern auch in die Berge gehen kann, sei es zum Wandern oder Skifahren.
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Mir gefällt auch die Weite extrem gut und dass alles so gross ist. LA hat wahnsinnig viel zu bieten, wenn man sich auskennt. Es besteht nicht nur aus dem Hollywood Sign und dem Hollywood Boulevard.
Speziell in Bezug auf meinen Beruf ist es einfacher, Kontakte zu knüpfen und sich hochzuarbeiten, weil es eben so viele verschiedene Möglichkeiten gibt und man nicht nur auf einer Schiene bleiben muss. Ich kann an einem Theaterstück als Regisseurin arbeiten und zugleich als Choreografin an einem Filmset oder umgekehrt, ohne dass dies gross in Frage gestellt wird. Auch generell sind die Leute hier viel offener, man kommt schneller ins Gespräch als bei uns.
swissinfo.ch: Wie denken Sie aus der Ferne über die Schweiz?
E.S.: Wie unglaublich gut wir es in der Schweiz haben, wenn es um Sauberkeit, Pünktlichkeit und Versicherungen geht!
In meinem ersten Jahr in Los Angeles habe ich immer den öffentlichen Verkehr benutzt und so die Pünktlichkeit in der Schweiz sehr zu schätzen gelernt. Und wie gut alles geregelt ist in der Schweiz. Ich denke, was an der Schweiz auch sehr zu schätzen ist, sind die guten Studien- und Arbeitsmöglichkeiten für junge Leute.
swissinfo.ch: Fühlen Sie sich manchmal fremd oder sind Sie gut integriert?
E.S.: Ich habe mich von Anfang an extrem integriert gefühlt und nie wirklich fremd. Natürlich vermisse ich oft Familie und Freunde, aber Los Angeles fühlt sich sehr wie ein «Dihei» [daheim] an.
swissinfo.ch: Was freut Sie in Ihrem Alltag in der Fremde am meisten?
E.S.: Speziell in Los Angeles habe ich das Gefühl, dass ich die Stadt jeden Tag wieder neu kennenlerne. Es gibt immer wieder etwas zu entdecken, und mal lernt ganz schnell viele Leute kennen, die aus allen Ecken der Welt kommen.
Es freut mich auch immer sehr, wenn ich per Zufall in einem Laden einen Schweizer «Chäs» [Käse] oder Schweizer «Schoggi» [Schokolade] entdecke Es gibt immer viele Überraschungen in der Fremde.
swissinfo.ch: Nehmen Sie an Schweizer Wahlen und Abstimmungen teil?
E.S.: Ja, ich stimme per Brief ab.
swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?
E.S.: Ovomaltine-Schokolade, Rivella und richtig gutes Brot.
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