«In London habe ich alles vor meiner Haustüre»
Ein Studium in einer Weltstadt garantiert Kontakte in die ganze Welt. Die 23-jährige Auslandschweizerin Janina Kauz könnte für ihr Studium der interkulturellen Kommunikation kaum einen besseren Ort als London ausgewählt haben.
swissinfo.ch: Warum haben Sie die Schweiz verlassen?
Janina Kauz: Ich bin zum Studieren nach London gezogen, weil es den Studiengang «Intercultural Communications in the Creative Industries» in der Schweiz nicht gibt. Das Studium hat im September 2017 begonnen, auf dieses Datum bin ich nach London gereist.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland und über dessen Politik, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
Die ersten Monate waren spannend und aufregend, aber auch ermüdend. Obwohl London nicht so weit weg ist und uns nicht sehr fremd erscheint, hat man hier doch viele neue Eindrücke und muss sich an neue Begebenheiten gewöhnen.
Das hat sich aber nach einiger Zeit gelegt. Es ist sicher keine Reise ohne Rückkehr. Wahrscheinlich werde ich nach dem Studium in die Schweiz zurückkehren.
swissinfo.ch: Als was und wo möchten Sie nach dem Studium einmal arbeiten??
J.K.: Im Moment spiele ich mit dem Gedanken, nach dem Master ein Doktorat zu machen. In diesem Fall würde ich noch ein paar Jahre länger in London bleiben, bevor ich in die Schweiz zurückgehe.
Für später sind die Pläne noch nicht wirklich festgelegt. Ich würde gerne in der Werbung oder beim Fernsehen arbeiten, aber das kann sich alles noch ändern.
swissinfo.ch: Wo leben Sie gegenwärtig? Wie ist das Leben dort?
J.K.: Ich lebe im Quartier LambethExterner Link nahe der Tube Station Vauxhall. Dort ist man im Zentrum Londons und zu Fuss innert Minuten bei Attraktionen wie Big Ben oder dem London Eye. Deshalb kann ich von den vielen kulturellen Angeboten der Stadt profitieren, denn es ist alles vor meiner Haustüre.
swissinfo.ch: Wie ist die Küche in London?
Die Küche in London ist sehr international. Es gibt wohl kein Gericht, das man hier nicht finden kann. Es hat sehr viele indische Restaurants, aber auch alles andere. Die internationale Küche ist meistens sehr gut. Dagegen ist das traditionelle britische Essen schon fast langweilig. Wenn ich in Restaurants gehe, esse ich deshalb meistens etwas Ausländisches.
swissinfo.ch: Was ist der grösste Unterschied zur Schweiz?
J.K.: Grossbritannien ist viel multikultureller als die Schweiz. Das macht das Land sehr interessant und zu einem guten Ort für mein Studium. Ich studiere mit Leuten aus aller Welt, was ich sehr geniesse.
Abgesehen davon ist der grösste Unterschied für mich, wie höflich die Leute sind. Immer sagen alle «Bitte» und «Danke», und man entschuldigt sich für alles, auch wenn man gar nichts dafürkann. Das macht den Umgang mit den Menschen viel angenehmer. Das soll nicht heissen, dass in der Schweiz alle unhöflich sind, aber hier ist es ausgeprägter, und man legt mehr Wert darauf.
swissinfo.ch: Wie denken Sie aus der Ferne über die Schweiz?
J.K.: Obwohl es mir in London gefällt, vermisse ich die Schweiz, besonders Zürich. Dort bin ich daheim, ein Gefühl, das in London nicht leicht zu finden ist.
Ich denke, wir geniessen in der Schweiz einen sehr hohen Lebensstandard und viele Privilegien. Manchmal wird man sich dessen erst bewusst, wenn man die Schweiz für eine Weile verlässt und in ein anderes Land zieht. Die Infrastruktur, die Bildung, das Gesundheitswesen und vieles mehr sind in der Schweiz auf einem sehr hohen Stand.
Nicht zuletzt schätze ich, dass unser politisches System relativ transparent ist und wir ein grosses Mitspracherecht haben. Viele, die gegen Brexit gestimmt haben, hätten das hier auch gerne.
swissinfo.ch: Wie ist die politische Lage in Grossbritannien, besonders jetzt nach diesem Entscheid, die EU zu verlassen?
J.K.: Ich verfolge die politischen Vorgänge mit Interesse, wenn ich Zeit dazu habe. Gerade durch den Brexit geschieht hier im Moment viel.
Daran verfolge ich besonders, wie sich die Situation für die EU-Bürger entwickelt, denn mein Aufenthaltsrecht ist daran geknüpft. Ich bin sehr froh, dass ich unkompliziert und ohne Visum in Grossbritannien studieren kann und hoffe, dass das so bleibt.
swissinfo.ch: Nehmen Sie an Schweizer Wahlen und Abstimmungen teil? Per Brief oder E-Voting?
J.K.: Ich kehre regelmässig für Besuche in die Schweiz zurück, zum Beispiel, wenn an der Uni Ferien sind. Die Besuche sind regelmässig genug, so dass ich immer in der Schweiz per Post abstimmen kann. Es ist sehr wichtig für mich, trotz Abwesenheit abzustimmen.
swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?
J.K.: Das Gefühl, zuhause zu sein und dahin zu gehören. Ein Umzug in ein fremdes Land bringt ein gewisses Gefühl der Entwurzelung. In der Schweiz fühle ich mich zuhause und bewege mich mit einer Selbstverständlichkeit, die im Ausland fehlt.
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Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland und über dessen Politik, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
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