Pierre-Yves Donzé: Aus einer «kosmopolitischen Nation» nach Japan
Er stammt aus La Chaux-de-Fonds und wurde in Osaka Professor für Wirtschaftsgeschichte. Pierre-Yves Donzé unterrichtet heute Industriegeschichte aus einer transnationalen und globalen Perspektive, die Geschichte multinationaler Unternehmen und Technologiegeschichte. Sein Spezialgebiet ist die Uhrenindustrie.
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Geboren in Yokohama, Japan. Ich lebe seit 1999 in der Schweiz. Ich verfüge über einen Master-Abschluss in internationalen Beziehungen aus Genf. Seit 2016 leite ich die japanische Redaktion von swissinfo.ch. Davor hatte ich von den Vereinten Nationen in Genf aus 15 Jahre für Asahi Shimbun berichtet und die multilaterale und schweizerische Aktualität aufmerksam verfolgt.
swissinfo.ch: Warum sind Sie Auslandschweizer? Wie lange leben Sie bereits in Japan?
Pierre-Yves Donzé: Ich kam 2006 für ein Postdoktorat an die Universität Kyoto, ins Land meiner Frau, nachdem ich in Neuenburg mein Doktorat abgeschlossen hatte. Nun lebe ich schon seit mehr als zehn Jahren in Japan.
swissinfo.ch: Ihr Spezialgebiet ist die Schweizer Uhrenindustrie. Wie denken die Japaner darüber?
P.-Y.D.: Die Japaner interessieren sich sehr für Schweizer Marken, finden deren Produkte aber viel zu teuer. Sie finden, so hohe Preise seien nicht gerechtfertigt.
swissinfo.ch: Was halten die Japaner von der Schweizer Wirtschaft?
P.-Y.D.: Die Japaner haben im Normalfall nicht die geringste Ahnung von der schweizerischen Wirtschaft, ausser dass sie einige grobe Klischees wie die Neutralität, das Bankgeheimnis oder die hohen Preise aufzählen können. Die meisten wissen nicht, dass die Schweizerinnen und Schweizer nicht alle in den Alpen leben und dass sich Schweizer Unternehmen auf dem Weltmarkt behaupten.
swissinfo.ch: Welche Reaktionen erhalten Sie, wenn Sie erwähnen, dass Sie aus der Schweiz stammen?
P.-Y.D.: Die Schweiz verfügt in Japan über ein ausgezeichnetes Image, doch dieses fusst fast ausschliesslich auf Klischees (Heidi, Neutralität, Banken, Uhren, usw.).
swissinfo.ch: Nehmen Sie an Schweizer Wahlen und Abstimmungen teil?
P.-Y.D.: Ich nehme im Prinzip nicht an Abstimmungen in der Schweiz teil. Nach über zehn Jahren in Japan würde ich hier gerne auf lokaler Ebene mitbestimmen, doch das Ausländerstimmrecht ist hier etwas absolut Undenkbares.
swissinfo.ch: Ist Japanisch eine schwierige Sprache?
P.-Y.D.: Es ist nicht schwierig, braucht aber sehr viel Zeit.
swissinfo.ch: Was lieben Sie an Japan?
P.-Y.D.: Mir gefallen besonders drei Dinge: die Sicherheit (Japan ist das sicherste Land der Welt), die Qualität der lokalen Küche (auch der westlichen) und die Eleganz der Menschen.
swissinfo.ch: Fehlt Ihnen die Schweiz?
P.-Y.D.: Da ich fünf bis sechs Mal pro Jahr für meine Arbeit und für Ferien in die Schweiz reisen kann, habe ich absolut kein Heimweh. Im Gegenteil, ich fände es langweilig, das ganze Jahr durch in der Schweiz zu leben.
swissinfo.ch: Was vermissen Sie von der Schweiz am meisten?
P.-Y.D.: Die Schweiz ist ein kosmopolitisches Land. Das ist etwas, was man nicht unbedingt merkt, wenn man in der Schweiz wohnt, weil viele Menschen engstirnig sind. Doch die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind oft weltoffen. Ich habe angefangen, stolz darauf zu sein, Schweizer zu sein, also aus einer kosmopolitischen Nation zu stammen und im Ausland zu leben.
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Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten, unter anderem zum Gastland und über dessen Politik, sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
(Übertragen aus dem Französischen: Christian Raaflaub)
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