Soontorn Leoni: Vom Heimkind zum erfolgreichen Geschäftsmann
Er wurde in Thailand geboren, kam aber schon sehr früh in die Schweiz. Der 45-jährige Thai-Schweizer Soontorn Leoni fand über einen Heimaufenthalt und den Sport seinen Weg, der ihn schliesslich wieder ins Land seiner Mutter führte – und zum geschäftlichen Erfolg.
Als Vietnam-Kriegskind wurde Soontorn (Soony) Leoni Anfang der 1970er-Jahre in Bangkok geboren. Die Mutter hatte den Kindsvater, einen hoch dekorierten US-Offizier, in Bangkok kennen gelernt. Die Beziehung zerbrach noch vor der Geburt von Soony, obwohl der Vater noch einige Jahre als Experte für Nahkampf und Selbstverteidigung in Thailand stationiert blieb.
swissinfo.ch: Sie hörten als Achtjähriger zufällig von der Existenz Ihres biologischen Vaters und begannen mit zehn Jahren, nach ihm zu suchen. Hatten Sie Erfolg?
«Leider nicht. Die erste erfolglose Kontaktaufnahme lief über das Department of Veteran Affairs in Washington DC. Dort gab man mir aber Bescheid, dass über Armeeangehörige keine Auskunft erteilt wird. Meine Mutter unterstützte mich bei der Suche kaum, weil sie mit dieser Sache abgeschlossen hatte und deshalb auch keine Unterstützungsleistungen wie Alimente beanspruchte.»
swissinfo.ch: Wie ist es Ihnen schliesslich gelungen, Ihren Vater zu kontaktieren und zu treffen?
«Amerasians»
So werden 40- bis 50-Jährige in Thailand bezeichnet, die von einem meist unbekannten US-Soldaten und einer Thailänderin abstammen. In Thailand leben auffällig viele Amerasians.
Kontakte während des Vietnamkriegs zwischen Thai-Frauen und US-Soldaten gab es einerseits im Nordosten des Landes, wo US-Truppen in Khon Kaen und Udon Thani ihre Stützpunkte hatten und von wo aus die US-Air-Force Vietnam bombardierte.
Andererseits war Bangkok Standort für US-Kriegsurlauber, die anschliessend in Vietnam wieder zum Einsatz kamen. Die Präsenz zahlreicher GIs soll der Rotlicht-Branche in Bangkok zu einem eindrücklichen Wachstum verholfen und somit den zweifelhaften Ruhm als Destination für Sex-Touristen erst begründet haben.
«Mit 29 Jahren habe ich ihn am Flughafen Don Muang in Bangkok kennen gelernt. Meine Mutter erinnerte sich noch, dass er seit dem Vietnamkrieg mit einem Air Chief Marshall der Thai Royal Air Force befreundet war. Über diesen konnte ich ihn aufstöbern. Das Treffen war für mich schliesslich eine grosse Enttäuschung. Er zeigte kein Interesse an mir, und somit schwand meines ihm gegenüber auch rapide.»
Kindheit in der Schweiz
Soony war noch ein Kleinkind, als seine Mutter einen Schweizer kennenlernte. Sie zogen in die Schweiz, als er gerade mal vier Jahre alt war. Nach der Heirat adoptierte sein Stiefvater Soony, womit er schweizerisch-thailändischer Doppelbürger wurde.
Das Verhältnis zum Stiefvater konnte sich nie wirklich entwickeln, weil der neue Mann an der Seite seiner Mutter Soony weitgehend ablehnte. 1991 verstarb der Stiefvater auf einer Italienreise. Soony wuchs zuerst in Minusio bei Locarno auf, dann im Berner Seeland.
Im Alter von zehn Jahren lief er wegen familiären Problemen von zuhause weg. Die folgende Platzierung im Berner Kinderheim Schlossmatt bezeichnet er rückblickend als eine notwendige und erfolgreiche Massnahme. Seine Erinnerungen an jene Heimzeit, die bis zum 18. Altersjahr dauerte, sind positiv. Er war ein intelligentes und motorisch begabtes Kind. Umgeben von Gleichaltrigen und angeleitet von achtsamen Pädagogen konnte er sich gut entwickeln.
Sein sportliches Talent und seine Leidenschaft für den Fussball wurden vom Heim unterstützt und gefördert. In Bern durchlief er die verschiedenen Juniorenkategorien beim Berner Fussballklub BSC Young Boys.
Die schulische Oberstufe konnte er in der Sekundarschule absolvieren. Die Beziehung zur Mutter, die in der Schweiz blieb, stabilisierte sich während seiner Heimzeit positiv.
Nach der obligatorischen Schulzeit absolvierte Soony eine Lehre als Verkäufer in einem Modehaus und jobbte danach temporär in verschiedenen Branchen, darunter auch als Allrounder im Bundesamt für Sport in Magglingen. Gleichzeitig packte ihn das Reisefieber. Diverse Auslandreisen, unter anderen auch nach Thailand, dienten der Horizonterweiterung, wobei er auch sprachlich schnell grosse Fortschritte machte.
In Bern machte er sich daran, sein fussballerisches Talent auszuschöpfen, wobei er es bis zum Reserve-Torwart des Nationalliga-Klubs YB brachte. Mit vielen ehemaligen Sportfreunden steht er noch heute in regelmässigem Kontakt.
Thailand ruft
Schrittweise wurde für Soony eine Auswanderung nach Thailand zum Thema. Mit zwanzig kehrte er erstmals wieder ins Land seiner Mutter zurück, mit dem Ziel, gründlich Thailändisch zu lernen, was ihm im Verlauf des sechsmonatigen Aufenthalts gelang. Er spürte auch, wie ihn Land und Leute zunehmend faszinierten und überhaupt sein Interesse an der fernöstlichen Kultur wuchs.
Nachdem er 1996 seine zukünftige Frau Orapin in Krabi kennengelernt hatte, wanderte er 1999 nach Thailand aus. Zusammen mit ihr, die vorher eine Ausbildung als Marketingfachfrau abgeschlossen hatte, arbeitete er als Guest Relations Officer in einem Hotel-Resort auf Krabi. Nicht zuletzt dank seiner Vielsprachigkeit konnte er sich rasch ein grosses Beziehungsnetz aufbauen.
swissinfo.ch: Welche Voraussetzungen braucht es für eine erfolgreiche Auswanderung nach Thailand?
«Du musst ein Menschenfreund sein, offen für eine neue Kultur – und eine ruhige Art haben. Und es ist von Vorteil, wenn man bereits Erfahrungen mit anderen Kulturen hat. Mehrsprachigkeit und die Beherrschung der Landessprache sind geradezu Voraussetzungen, um sich im Tourismus durchsetzen zu können. Zu meinen persönlichen Stärken gehört, dass ich Brücken zwischen der Schweiz und Thailand schlagen kann – zielorientiertes Planen bringe ich als Schweizer mit und intuitives Handeln ist meine thailändische Stärke. Bringt man diese zwei Komponenten zusammen, ist Erfolg schon fast programmiert.»
Vermieter von luxuriösen Ferienhäusern
Neben den Managementaufgaben baute das Power-Ehepaar zusätzlich drei Restaurants auf, die es erfolgreich mit kulinarischen Angeboten der Thai- und der italienischen Küche ausstattete.
Mit der Gründung einer eigenen Firma erfolgte der Schritt in die unternehmerische Selbständigkeit. Die beiden positionierten sich mit einem Angebot für eher wohlhabende Touristen auf dem Markt. Sukzessive entstanden mehrere Luxusvillen – gegenwärtig sind es acht – die übers ganze Jahr an Familien und Gruppen vermietet werden.
«Man kann sagen, dass wir damals zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren. Unsere finanziellen Möglichkeiten waren bescheiden. Wir erhielten zinsgünstige Darlehen von Familienmitgliedern und Freunden und konnten diese immer vorzeitig zurückzahlen. Einen Bankkredit haben wir nur einmal aufgenommen. Nach zwei Jahren war auch dieser zurückbezahlt», erzählt Soony.
Die Eheleute Leoni, mittlerweile stolze Eltern von zwei Mädchen, sind ein eingespieltes Business-Ehepaar, das sich optimal ergänzt. Echt thailändisch leben sie mittlerweile als Grossfamilie unter einem Dach. Im Drei-Generationen-Haushalt werden die Kinder hauptsächlich von den Grosseltern betreut, was den Eltern genug Spielraum lässt, ohne jedoch den Kontakt zu Kindern und Grosseltern vernachlässigen zu müssen.
Und auch der Sport ist Soony weiterhin wichtig. Er hält sich fit mit Schwimmen und Training im Fitness-Studio. Einmal die Woche spielt er Kleinfeld-Fussball in Krabi, und er ist Torhüter der thailändischen Senioren-Nationalmannschaft.
Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind ausschliesslich jene der porträtierten Person und müssen sich nicht mit der Position von swissinfo.ch decken.
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