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Der Jahrhundertstreit um eine Stunde

Kühe leiden nach der Zeitumstellung unter Jetlag: Sie produzieren weniger Milch. Keystone

Geht die Uhr nun vor oder zurück? Am Sonntag ist es wieder so weit. Zweimal im Jahr freut oder nervt sich die Schweiz über die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit oder umgekehrt. Etwas, was man halt macht. Ein Blick in die Geschichte zeigt aber: Diese eine kleine Stunde ist seit rund einem Jahrhundert ein Politikum.

1.     Die Schweiz als Zeitinsel

Im Frühjahr 1916 führten die Nachbarländer der Schweiz – das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Italien, Frankreich – die Sommerzeit ein und stellten die Uhr während der Sommermonate um eine Stunde vor. Die Schweiz nicht. 

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2.     «Wir müssen das zuerst abklären»

Die Schweizer Regierung wollte nichts überstürzen und führte die Sommerzeit in jenem Jahr nicht ein. Stattdessen liess der Bundesrat Abklärungen vornehmen. Nach einem Vernehmlassungsverfahren und einer breiten Debatte entschied sich der Bundesrat im März 1917 definitiv dagegen. 

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3.     Energie sparen in Kriegszeiten                                            

Grund für die Zeitumstellung war das Ziel der kriegführenden Länder, Energie zu sparen – vor dem Hintergrund der Kohleknappheit während des ersten Weltkrieges. Doch in der Schweiz stuften das Departement des Innern und der Bundesrat die Einsparungen des Kohleverbrauchs im Inland als «kläglich» ein. Elektrizität wurde mehrheitlich mit Strom aus der Wasserkraft erzeugt. Deswegen würde eine Umstellung des Systems auch den einheimischen Wassersektor benachteiligen, wurde befürchtet. 

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4.    Verwirrt die Kühe nicht! 

Ein weiteres Argument kam von der bäuerlichen Landbevölkerung: Es sei schwierig, das Melken der Kühe und die Milchversorgung zweimal im Jahr an einen neuen Rhythmus anzupassen. Verwirrte Kühe wollte keiner, und auch für den Lebensrhythmus von Bäuerinnen und Bauern sowie auch von Schülerinnen und Schülern wäre das eine schwierige Umwälzung, meinte der Bundesrat. 

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5.     Oh, Sommernächte!

Heute mögen wir uns freuen, dass die Tage im Sommer länger hell bleiben – für den Sport oder Feierabend-Apéro ideal. Auch damals betonten die Anhänger der Umstellung den Vorteil längerer Tage. Ihre Argumentation war jedoch eine nüchternere: So wäre «der Arbeiter in der Lage, nach Feierabend noch beim Tageslicht sein Gemüseland zu bebauen». Damit könne er «zur vermehrten Inlandsproduktion der Lebensmittel beitragen.» Andere hingegen warnten in der öffentlichen Diskussion vor der Gefahr für die Gesundheit des Volkes durch eine Verlängerung des Tages. 

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6.     Zweijähriges helvetisches Experiment

Somit war für das Land die Zeitumstellung vorläufig vom Tisch. Einzig in den Jahren 1941 und 1942 versuchte man sich wieder aus Energiespar-Gründen daran. Der Bundesrat schuf die Massnahme jedoch bereits 1943 wieder ab, mit demselben Argument wie bereits einige Jahrzehnte zuvor: Die Einsparungen seien doch zu gering. Und so beendete man das kurze Experiment flugs wieder. 

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7.     Regiert Geld die Zeit?

Nach dem zweiten Weltkrieg schafften viele Länder die Sommerzeit wieder ab. In den frühen 1970ern hielt nur noch Italien daran fest. Doch auch das konnte sich nicht durchsetzen. Frankreich führte die Sommerzeit 1976 ein, Deutschland und Österreich folgten 1980.  1978 lehnte das Schweizer Stimmvolk eine Änderung der Zeit ab. Trotzdem wurde sie 1981 vom Bundesrat (Regierung) durchgesetzt, um sich den Nachbarländern anzupassen. Das Hauptargument war letztlich ein wirtschaftliches: Eine einheitliche Regelung sollte es sein, die das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes erleichterte. 

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8.     Erfolglose SVP-Volksinitiative

Ganz unbestritten ist die Sommer- und Winterzeit in der Schweiz auch heute nicht. Bereits 1982 hatte die Zürcher SVP unter Christoph Blocher eine Volksinitiative zur Abschaffung gestartet – sie kam aber mangels Unterschriften nicht zustande. Derzeit ist eine Motion der Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann zur Abschaffung hängig. Der Bundesrat empfiehlt sie zur Ablehnung, mit der Begründung, dass eine Abschaffung der Sommerzeit nur Sinn machen würde, wenn die Mehrheit der umliegenden europäischen Länder diesen Schritt auch machten.

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9.    Und jetzt: Wie stelle ich meine Uhr um?

Jeweils am letzten Sonntag im März wird die Uhr um eine Stunde nach vorne gestellt. Am letzten Sonntag im Oktober wird die Uhr wieder zurückgedreht. 

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