Glarner Landsgemeinde macht Klimaschutz zur Staatsaufgabe
(Keystone-SDA) Die Glarner Landsgemeinde hat am Sonntag einmal mehr Zeichen für das Klima gesetzt. Die Stimmberechtigten beschlossen mit grossem Mehr, Klimaschutz als Aufgabe der öffentlichen Hand in die Kantonsverfassung aufzunehmen.
Kanton und Gemeinden werden zu einer aktiven Rolle im Kampf gegen den Klimawandel verpflichtet. Sie sollen sich gemäss des neuen Verfassungsartikels einerseits für die Verminderung der Treibhausgase und die Begrenzung der Klimaveränderung einsetzen. Andererseits sollen sie Anpassungen an den Klimawandel vorantreiben.
Gegen die Vorlage von Regierung und Parlament stellte sich einzig die SVP. Votanten der Partei zweifelten sowohl die Wirksamkeit als auch die Umsetzbarkeit an. Die Glarnerinnen und Glarner glaubten ihnen nicht und stimmten dem neuen Klimaartikel mit überaus grossem Mehr zu.
Die Stimmbürgerversammlung genehmigte zudem eine millionenschwere Äufnung des fast aufgebrauchten Energiefonds. Sie folgten der Regierung, die bis 2035 bis zu 24 Millionen Franken für die Förderung klimafreundlicher Energien und Massnahmen ausgeben will.
Unter dem Moto «Slow Sundays im Klöntal» beschloss die Landsgemeinde, im beliebten Erholungsgebiet einzelne autofreie Sommer-Sonntage einzuführen. Der Vorstoss der Jungen Grünen und Grünen zielt für einmal nicht auf das Klima ab, sondern will die Aufenthaltsqualität am verkehrsgeplagten Klöntalersee verbessern.
Niederlagen für die Regierung
Im Gegensatz zu den Klimavorlagen musste die Glarner Regierung in staatspolitischen Themen Niederlagen einstecken. Eher überraschend sprach sich die Landsgemeinde gegen die Abschaffung der Staatsgarantie für die Glarner Kantonalbank aus und stoppte die vor 10 Jahren begonnene der Entpolitisierung der Bank. Zudem lehnten es die Stimmberechtigten ab, die Altersbeschränkung von 65 Jahren für Ständeräte und Millizrichter aufzuheben.
Hingegen bewilligten die Glarnerinnen und Glarner eine Erhöhung des Kantonssteuerfusses von bisher 53 auf 58 Prozent. Sie vertrauten den Beteuerungen der Regierung, die Gemeinden würden im Gegenzug ihre Steuern im gleichen Umfang senken. Der Kanton will mit den zusätzlichen Einnahmen neue Aufgaben in der Langzeitpflege finanzieren, die er von den Gemeinden übernommen hat. Die Kommunen werden dadurch organisatorisch und finanziell entlastet.
Marktstände statt Masken
Nach coronabedingten Zäsuren in den letzten beiden Jahren fand die Landsgemeinde wieder ohne Einschränkungen statt – mit Musik, feierlichem Einmarsch, Marktständen und ausführlichem «Nachjassen» in der Beiz. Auch das Wetter spielte mit, am Vormittag herrschte frühlingshafter Sonnenschein.
Die Stimmberechtigten liessen sich nicht bitten und erschienen zahlreicher als auch schon auf dem Zaunplatz mitten in Glarus. Im Ring konnten sie aus dem Vollen schöpfen. Mit 17 Geschäften war die Traktandenliste überdurchschnittlich lang. Mehrere Vorlagen waren zudem von einiger Tragweite.
Entsprechend zog sich das «Raten, Mindern und Mehren» im Ring hin. Es wurde halb drei am Nachmittag, bis sich die Anwesenden mit dem traditionellen Landsgemeinde-Menü stärken konnten: Kalberwurst, Kartoffelstock und Dörrzwetschgen.
Die Landsgemeinde, eine Mischung aus Volksabstimmung und Parlament, stösst auch ausserhalb des Glarnerlandes als Ausdruck für die gelebte direkte Demokratie immer wieder auf grosses Interesse. Dieses Jahr beobachteten Bundesrätin Viola Amherd (Mitte), Ständeratspräsident Thomas Hefti (FDP) und Armeechef Thomas Süssli das politische Geschehen im Ring aus nächster Nähe.
Auch der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft in corpore zählte zu den offiziellen Gästen. Zudem reiste eine Delegation des Europarates nach Glarus, um den Schweizer Föderalismus «im Feld» zu erleben.