Die 1. Mai-Manifestationen waren eine Gelegenheit, um mehr Recht auch für ausländische Arbeitskräfte zu fordern - wie hier in St. Gallen Anfang der 1970er-Jahre.
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Ende 1960er-Jahre: eine Schulklasse der italienischen Unterstufe in St. Gallen.
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Wie die Schwalben kehrten auch die italienischen Gastarbeiter in der Regel im Frühling zurück. Viele pendelten über Jahre zwischen den beiden Welten und blieben über Monate getrennt von ihren Familien.
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An der Grenze mussten die Saisonniers den Behördenvertretern ihre Pässe aushändigen und sich diversen Kontrollen unterziehen.
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Die Gastarbeiter mussten sich in der Schweiz demütigenden Arztbesuchen unterziehen, bevor sie eine Arbeitserlaubnis erhielten. Das Bild zeigt Migranten, die am Bahnhof Buchs, St. Gallen, in der Warteschlange stehen und auf ihren Check warten.
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Warten auf den ärztlichen Check in Buchs (links); italienische Primarschule von St. Gallen (rechts).
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Die italienischen Schulen, wie jene von St. Gallen, waren wichtige Treffpunkte für die Saisonniers, nicht nur auf sozialer, sondern auch auf Identifikationsebene.
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Saisonarbeiter im Bahnhof Buchs.
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1. Mai-Demonstration in St. Gallen anfangs 1970er-Jahre.
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Die Saisonniers, die nach neun Monaten heimkehren müssen, fordern das Recht auf volle Freizügigkeit.
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Viele Saisonniers liessen ihre Kinder bei den Grosseltern in Italien, andere widersetzten sich dem Gesetz und holten ihre Familien heimlich in die Schweiz. Hunderte Kinder lebten, teils über Jahre, im Verborgenen.
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Die so genannten "Schrankkinder" lebten teils jahrelang im Verborgenen, ohne offiziell zur Schule gehen zu können.
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1. Mai-Demo in St. Gallen anfangs 70er-Jahre: Im Laufe der Jahre wurde das Verbot des Familiennachzugs immer mehr als unmenschliche Strategie der Schweizer Regierung zur Begrenzung der Einwanderung angeprangert,
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Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen bis ins Jahr 2002 Hundertausende Italiener als Saisonarbeiter in die Schweiz, die bisweilen unter unmenschlichen Bedingungen leben mussten. Eine Fotoausstellung in St. Gallen stellt ihren Alltag in den Fokus. Die Einwanderer aus dem südlichen Nachbarland stellen noch heute die grösste Ausländergemeinde in der Schweiz dar.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, mitten im Wirtschaftsboom, herrschte in der Schweiz Mangel an Arbeitskräften. Aus diesem Grund beschloss sie, ausländische Arbeiter zu holen und unterzeichnete 1948 einen Rekrutierungsvertrag mit Italien. Das Ziel der Schweiz war klar: Die Zahl der Arbeitskräfte erhöhen, gleichzeitig aber verhindern, dass diese Leute sich dauerhaft niederliessen.
Die Vorschriften waren hart: Die so genannten Saisonniers konnten maximal neun Monate bleiben, sie waren von den Sozialleistungen ausgeschlossen und hatten kein Recht auf Familiennachzug. Die italienischen Gastarbeiter (später kamen auch solche aus Spanien und Portugal) mussten in behelfsmässigen Baracken hausen und lebten am Rand der Gesellschaft.
Auch wenn sie für die Wirtschaft unentbehrlich waren, so sorgte der Zustrom an ausländischen Arbeitskräften in der Schweizer Bevölkerung auch für Unmut und mangelnde Toleranz, die in den 1960er- und 70er-Jahren in verschiedene fremdenfeindliche Initiativen mündeten. Im Visier standen insbesondere die Italiener, auch weil sie die grösste Einwanderergruppe waren. Waren es 1950 noch rund 140’000, so lag ihre Zahl 20 Jahre später bereits bei 600’000.
Die starke italienische Präsenz führte auch zur Gründung zahlreicher Schulen, Zirkel, Vereinen und Clubs. Auch wenn im Laufe der Jahre viele Migranten in ihre Heimat zurückkehrten, so blieb doch ein grosser Teil von ihnen in der Schweiz. Heute leben über 300’000 von ihnen hier und stellen noch immer die grösste Gruppe von Ausländern dar. Waren es früher vor allem Hilfsarbeiter, die ihre Heimat verliessen, so kommen heute in erster Linie Hochschulabsolventen auf der Suche nach einer besseren Zukunft in die Schweiz.
In der Foto-Ausstellung im Historischen und Völkerkundemuseum St. GallenExterner Link, die von «Ricordi e Stima» (Erinnerung und Wertschätzung) organisiert wurde, können die Besucherinnen und Besucher den Alltag der italienischen Saisonniers entdecken. Aufgenommen wurden die Bilder im Kanton St. Gallen zwischen den 1970er-und 1980er-Jahren von Raniero Fratini, Journalist beim italienischsprachigen Radio RSI.
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