Rassismus in der Schweiz: Wird das Problem zu wenig ernst genommen?
Es gibt 5- bis 6-mal mehr Fälle von Anti-Schwarzen-Rassismus als Meldungen von antimuslimischen oder antisemitischen Vorfällen. Dennoch stehen Letztere derzeit im Fokus. Das SRG-Projekt «dialog» fokussiert auf Rassismus gegen Schwarze Menschen und fragt: Wird er zu wenig ernst genommen?
Es passiert regelmässig auf irgendeinem Fussballplatz in unserer Nachbarschaft. Ein Spieler oder eine Spielerin wird rassistisch beleidigt. So ergangen ist es dem Goalie des FC Saxon im Wallis. Mitten in einem Spiel machte ein Fan Affenlaute. Sein Team entschied sich für einen ungewöhnlichen Schritt. Es verliess geschlossen den Platz. Das Westschweizer Fernsehen RTS hat die Mannschaft besucht:
Jeden Tag erleben Menschen mit anderer Hautfarbe in der Schweiz Rassismus. 327 Meldungen listet die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus in ihrer neuesten Untersuchung auf. Teils markant zugenommen hätten auch Fälle aufgrund von antimuslimischem Rassismus sowie Antisemitismus.
Jedoch liegen diese mit knapp 50 bis 70 Meldungen weit unter dem Anti-Schwarzen-Rassismus. Im Ganzen wurden in der Schweiz letztes Jahr 24 Prozent mehr rassistische Vorfälle gemeldet.
Schweiz wegen Racial Profiling verurteilt
Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz verurteilt für ihren Umgang mit Menschen anderer Hautfarbe. Konkret ging es um einen Fall von «Racial Profiling».
Gegenüber SWI swissinfo.ch berichtet eine UNO-Expertin, wie ihr eine «Kultur des Verleugnens» begegnete, als sie Racial Profiling bei der Schweizer Polizei klar benannte.
Lesen Sie den ganzen Artikel zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte:
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Racial Profiling-Urteil gegen die Schweiz: «Ein hoffnungsvoller Moment»
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Sensibilisierung im Unterricht
Doch was tun gegen Rassismus und Diskriminierung? Die eigentliche Veränderung dafür beginne im Klassenzimmer. Davon ist die Organisation «Narrazioni contaminate» überzeugt. Das Tessiner Fernsehen RSI hat sie gefragt, wie sie Schülerinnen und Schüler sensibilisieren:
Ursprünge liegen im Kolonialismus
Um Rassismus zu bekämpfen, muss man jedoch auch wissen, woher er kommt. Dabei spielt die Schweizer «Kolonial-Geschichte» eine Rolle. Zwar hatte die Schweiz keine eigenen Kolonien, jedoch hat sie eine Geschichte mit Kolonien anderer Länder. Auf diese Weise hätten sich die Wertvorstellungen, die während des Kolonialismus entstanden sind, auch hierzulande verbreitet, sagt die Historikerin Ashkira DarmanExterner Link im SRF-Interview:
«Es wäre schön gewesen, wenn mit den Kolonien auch der Rassismus verschwunden wäre», so Darman. Doch die Ideologie sei geblieben. Deshalb sei es wichtig, sich mit der Geschichte und der Herkunft von Rassismus auseinanderzusetzen.
Nur so lasse sich Rassismus in der heutigen Gesellschaft bekämpfen. Rassismus – keine individuelle Überempfindlichkeit, sondern ein Problem, das die Gesellschaft als Ganzes angeht.
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Einen Einblick darin, wie unsere Gesellschaft über die Thematik denkt, gibt unser Frage-Tool. Damit können Sie sich bei verschiedenen Fragen rund um Rassismus mit anderen Befragten vergleichen:
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