In der Tessiner Gastronomie bewerben sich weniger Italiener
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Der Branchenverband Gastro Ticino verzeichnet eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des neuen Grenzgängerabkommens einen Rückgang von Bewerbungen aus Norditalien. Insbesondere gut qualifizierte Arbeitnehmende hätten weniger Interesse an einem Arbeitsplatz im Tessin.
(Keystone-SDA) Dies dürfte einerseits mit dem seit Juli 2023 geltenden neuen Steuerabkommen mit Italien zu tun haben. Laut Einschätzung von Tessiner Gewerkschaften müssen Grenzgänger aufgrund des neuen Abkommens je nach Einkommen zwischen 10 und 30 Prozent höhere Steuern entrichten.
Andererseits hätten die Gewerkschaften in Italien mit Erfolg für eine bessere Arbeitssituation in der Branche gekämpft, sagt der Präsident von Gastro Ticino, Massimo Suter: «Wer etwas weiter weg von der Grenze wohnt, kommt deshalb eher nicht mehr für die Arbeit ins Tessin.»
Diesen Eindruck bestätigt die Direktorin von Hotellerie Suisse Ticino, Sonja Frey. Insbesondere in der Region Locarno sei spürbar, dass weniger Personen aus dem nahen Piemont für eine Arbeit über die Grenze kämen. Dem Vernehmen nach verdienten Arbeitnehmer in der Gastronomie in der Region Cannobio auf der italienischen Seite des Lago Maggiore weniger schlecht als auch schon, sagte Frey auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
«Noch keine Trendumkehr»
Laut am Dienstag veröffentlichten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) ist die Anzahl der in der Schweiz tätigen Grenzgänger im vierten Quartal 2024 im Jahresvergleich um 2,9 Prozent gestiegen.
Gegenläufig entwickelte sich die Situation im Tessin, wo die Zahl der Grenzgänger innerhalb eines Jahres um 1,1 Prozent auf 78’683 gesunken ist. Kommentatoren von Tessiner Tageszeitungen sprechen von einem «historischen Rückgang» von Grenzgängern. Gleichzeitig warnen Experten davor, verfrüht von einer Trendumkehr zu sprechen.
Nach dem im Juli 2023 in Kraft getretenen Abkommen behält die Schweiz 80 Prozent der Quellensteuern, die auf das Einkommen von italienischen Grenzgängern erhoben werden. Die neuen Grenzgänger werden im Wohnsitzstaat ordentlich besteuert, dort soll aber eine Doppelbesteuerung verhindert werden.