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Anliegen der Auslandschweizer im Gegenwind

Präsentation Bern
Franz Grüter, Präsident des Initiativkomitees (Mitte), präsentiert die Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium. KEYSTONE / ANTHONY ANEX

Es war eine sorgfältig ausgewogene Allianz, die am Freitag in Bern die Volksinitiative für ein Moratorium des E-Votings präsentierte. Eröffnet ist aber die Frage: Geht es um einen Marschhalt oder um das Ende dieses Kernanliegens der Auslandschweizer?

Die drei Landessprachen waren vertreten, und bis auf die CVP alle Bundesratsparteien, als die Initianten am Freitag in Bern vor die Medien traten – und etwas war ihnen wichtig: «Wir sind nicht rückwärtsgerichtete altväterische Technologieverhinderer. Die meisten sind aus der IT-Branche.» 

Das sagte Franz Grüter. Er ist Kopf und Treiber hinter der Initiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)»Externer Link. Grüter ist SVP-Nationalrat, IT-Unternehmer und war bis vor kurzem auch Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppe Auslandschweizer.

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Wenig Verständnis für Auslandschweizer

Heute zeigt Grüter wenig Verständnis für das langjährige Ur-Anliegen der Auslandschweizer-Organisation. «Ganz am Ende des Tages wollen wir nicht, dass die Auslandschweizer nicht abstimmen können», sagte er, «aber ich gewichte das Vertrauen in unsere Demkratie als höheres Gut.» 

Er erklärte, dass E-Voting für Auslandschweizer ebenso vom Post-System abhängig sei wie die bisherige briefliche Stimmabgabe. Diese ist im Ausland oft unmöglich, weil Abstimmungsunterlagen verspätet eintreffen. E-Voting löse dieses Problem der Auslandschweizer nicht.

«Gefahr für direkte Demokratie»

«Die Cyberrisiken haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Die Schweiz ist nicht vorbereitet, Cyberangriffe zu erkennen oder abzuwehren», mahnte er weiter. Auch die anderen Mitglieder des Initiativkomitees gaben zu bedenken, dass im Internet keine Sicherheitsgarantie bestehe. Abstimmungsergebnisse könnten gefälscht und manipuliert werden. 

Balthasar Glättli (Grüne) fand drastische Worte: «Demokratie funktioniert nur, wenn auch die Verlierer das Ergebnis akzeptieren. Wenn das Vertrauen in die Ergebnisse nicht gegeben ist, dann ist das Fundament der Demokratie zerstört.» E-Voting stelle eine direkte Gefahr für die direkte Demokratie dar.

Geht es um einen Marschhalt?

Was aber will die Initiative? «Es geht um ein Verbot auf Zeit», betonten die Initianten. Technisch gesehen würde ein Verbot in Kraft treten, sobald es Volk und Stände angenommen haben, auch in den Kantonen. Nach fünf Jahren hätte die Bundesversammlung das Zepter wieder in der Hand.

Die Sache hat aber einen Haken. E-Voting könnte erst dann wieder in Betracht kommen, «wenn es genauso sicher und vertrauenswürdig ist wie die Abstimmung an der Urne». So verlangt es der Initiativtext. Wenn also das Stimmgeheimnis gewährleistet und Sicherheit gegen Manipulationen besteht.

Kann der digitale Raum aber je mit dem Wahlmechanismus an den Urnen mithalten?  

«Sie könnten doch genauso gut sagen, dass es einfach ein Verbot ist», kommentierte ein Journalist provozierend. 

Erste Antwort aus dem Initiativkomitee: «Nein, es ist kein Etikettenschwindel. Wir setzen den Massstab nicht höher an als bei der Urnenabstimmung.»

Zweite Antwort: «Es ist ein Verbot für die Computertechnologie, die wir heute haben.»

Um das Moratorium dereinst zu beenden, bedürfte es also mehr, als ein paar neuer Sicherheitsmassnahmen. Nötig wären radikal andere Technologien, andere als das Internet. Das kommt auch im Schlachtruf der Initianten zum Ausdruck: «Wir wollen E-Voting den Stecker ziehen.» Abbruch, fertig, aus. Oder kann man das anders interpretieren?

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Signale der Parteien

Zuversichtlich zeigten sich die Initianten bezüglich dem zu erwartenden Support in der Schweizer Parteienlandschaft. Franz Grüter von der SVP erwartet eine Ja-Parole. Balthasar Glättli von den Grünen sprach von starken Signalen aus der Fraktion. Der Vertreter der SP meldete die Beobachtung, dass der Enthusiasmus für das E-Voting innerhalb der Sozialdemokratischen Partei am Schwinden ist. Bereits die volle Unterstützung für die Initiative haben die Jungparteien der Sozialdemokraten und der SVP beschlossen.

Nur die Vertreterin der freisinnigen FDP sagte, dass sie in ihrer Partei wohl eine Minderheit repräsentiere. Geschlossen hinter dem E-Voting steht nach wie vor die CVP.

Der Bundesrat will die elektronische Stimmabgabe indes weiter vorantreiben. Im Dezember eröffnete er die Vernehmlassung für den ordentlichen Betrieb des E-Voting. «Wir nehmen an der Vernehmlassung teil, glauben aber nicht daran, dass damit unser Ziel erreicht werden kann», sagte Grüter. Die Unterschriftensammlung Externer Link für sein Anliegen soll Ende Februar starten.

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