Die Welt schaut immer wieder fasziniert auf die Schweiz, in der Bürger und Bürgerinnen ihre Anliegen mittels Volksinitiative auf die politische Agenda bringen können. Doch in diesem Jahr entscheidet das Stimmvolk über keine einzige Volksinitiative.
Die Volksinitiative ist das Instrument der Schweizer Bürger und Bürgerinnen, mit der sie eine Verfassungsänderung vorschlagen können. Kommen genügend Unterschriften zusammen, kommt das Anliegen vors Volk. In der jüngsten Vergangenheit stiessen manche dieser Entscheide international auf grosses Echo, beispielsweise das Bauverbot für Minarette oder die Beschränkung der Einwanderung aus der EU (was eigentlich gegen bilaterale Abkommen verstösst).
Volksinitiativen haben in der Schweiz einen grossen Einfluss, sie bestimmen regelmässig die Agenda von Regierung und Parteien. Viele Parteien nutzen das Instrument für PR im Wahlkampf. Mit Volksinitiativen wird zudem Druck auf die jeweilige Parlaments- und Regierungsmehrheit ausgeübt. Vor allem die Schweizerische Volkspartei (SVP) nutzte das Instrument während der Zeit ihrer Oppositionspolitik. Manche Beobachter sprachen schon von einer Initiativenflut sowie von «Missbrauch der Volksrechte».
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Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass dieses Jahr über keine einzige Volksinitiative abgestimmt wird – zum ersten Mal seit 1983. Politiker und Analysten fragen sich, warum vergangenes Jahr bloss sechs Volksinitiativen lanciert wurden. Manche sagen, die Volksinitiative sei nicht etwa unbeliebter geworden, sondern die Flaute sei auf veränderte Machtverhältnisse im Parlament zurückzuführen. Die Rechte (SVP und Teile der FDP) habe kein Interesse mehr, ihre Anliegen mittels Volksinitiativen einzubringen, seit sie im Nationalrat eine Mehrheit errungen habe.
Offen ist noch, ob die linke Minderheit im Parlament in Zukunft vermehrt zur Volksinitiative greifen wird, um ihre politischen Gegner herauszufordern.
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