Vor 30 Jahren: Schweizer Militärbeobachter erstmals für UNO im Einsatz
1990 entsandte die Schweiz erstmals Militärbeobachter für eine UNO-Friedensmission. Solche Einsätze sorgten in dem kleinen neutralen Land immer wieder für heftige Diskussionen und eine Volksabstimmung. Ein paar Eckdaten.
Vor 30 Jahren beteiligte sich die Schweiz erstmals mit Militärbeobachtern an einer UNO-Friedensmission. Heute stehen 27 Militärbeobachter und Verbindungs- sowie Stabsoffiziere in folgenden Regionen im Einsatz: Naher Osten (13), Demokratische Republik Kongo (2), Südsudan (1), Mali (6), Kaschmir (3) und Westsahara (2).
Der 29. Mai ist der internationale Tag der UNO-Friedenstruppen. Seit 2002 widmet die UNO diesen Tag all jenen, die in Konfliktzonen im Dienste des Friedens im Einsatz stehen und gestanden sind.
Die an UNO-Missionen beteiligten Schweizer Armeeangehörigen sind unbewaffnet. Zu den Aufgaben der so genannten Blaumützen und der Verbindungsoffiziere gehören die Überwachung von Waffenstillstands-Abkommen und die Vermittlung zwischen den involvierten Parteien. Stabsoffiziere kommen auch als militärische Fachpersonen zum Einsatz, so zum Beispiel in den Hauptquartieren der Missionen.
Die Friedensförderung im internationalen Rahmen ist eine der drei Hauptaufgaben der Schweizer Armee, die im MilitärgesetzExterner Link verankert sind. Der Einsatz von bewaffneten Blauhelmen ist untersagt.
Patrouillieren, beobachten, reden, rapportieren: Mark Styblo steht seit gut 20 Jahren immer wieder für die UNO im Einsatz. Voraussichtlich Ende Juni reist er für ein Jahr als Militärbeobachter in die Region Kaschmir.
Chronologie
Bereits seit 1953 sind Schweizer Armeeangehörige an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea stationiert. Allerdings nicht im Rahmen einer UNO-FriedensmissionExterner Link.
Bis in die 1980er-Jahre unterstützte die Schweiz, die 2002 Mitglied der Vereinten Nationen wurde, einzelne Missionen der UNO finanziell. 1988 beschloss der Bundesrat, auch das personelle Engagement der Schweiz an friedensfördernden Operationen der UNO auszubauen.
Ein Jahr später fasste der Bundesrat den Beschluss, UNO-Missionen mit Militärbeobachtern zu unterstützen, und 1990 kam es zum ersten Einsatz für die älteste Militärbeobachter Mission der UNO, die UNTSOExterner Link im Nahen Osten.
Wegen der zunehmenden Komplexität der Konflikte und somit auch der UNO-Missionen, entsandte die Schweiz später auch Verbindungs- und Stabsoffiziere, zum ersten Mal 2007 nach Burundi.
Angehörige der Schweizer Armee standen bisher für insgesamt 19 UNO-Friedensmissionen im Einsatz (ohne UNO-Hauptsitz in New York, 2011- ). Sechs Mandate laufen noch, wie weiter oben bereits erwähnt (siehe auch Grafik unten).
Seit 2004 ist das Kompetenzzentrum SWISSINTExterner Link Dreh- und Angelpunkt für friedensfördernde Missionen der Schweizer Armee im Ausland. Dazu gehört ein Ausbildungszentrum, in dem sich auch künftige Militärbeobachter und Verbindungsoffiziere aus der ganzen Welt während eines fünfwöchigen Kurses nach UNO-Standards auf ihre Aufgabe vorbereiten.
Neutralität
Sämtliche Einsätze der Schweizer Armee im Rahmen der Friedensförderung für die UNO basieren auf einem entsprechenden UNO-Mandat. Auch ein Konsens der Konfliktparteien ist Bedingung, damit eine friedensfördernde Operation der UNO überhaupt zustande kommt. Die Rekrutierung für einen Einsatz erfolgt in der Schweiz unter Freiwilligen.
Die Geister schieden sich vor allem an der Frage, ob die Schweizer Kontingente im Rahmen einer UNO-Mission auch bewaffnet sein dürfen oder nicht. 1994 erlitt das sogenannte «BlauhelmgesetzExterner Link«, das den Einsatz von Schweizer Truppen sowohl im Dienst der UNO als auch der OSZE (damals KSZE) hätte erlauben wollen, Schiffbruch an der Urne.
Heute leisten die Schweizer Armeeangehörige ihren Einsatz bei der UNO als sogenannte Blaumützen. Diese sind per se unbewaffnet. Bei den Blauhelmen, dem bewaffneten Teil der UNO-Missionen, beteiligt sich die Schweiz nicht. Somit ist die Frage der Bewaffnung für UNO-Missionen vom Tisch.
Für eine Bewaffnung von Schweizer Friedenstruppen unter der Leitung der NATO beispielsweise, muss das Parlament seinen Segen geben. So sieht es das revidierte Militärgesetz vor, das seit 2001 in Kraft ist (Artikel 66Externer Link). Die Teilnahme an Kampfhandlungen zur Friedenserzwingung bleibt verboten, die Bewaffnung dient lediglich dem Selbstschutz.
Milizarmee
Die Schweizer Armee ist nach dem Milizprinzip organisiert. Diese Mischung von zivilem und militärischem Wissen sei mit Blick auf den Einsatz für eine UNO-Friedensmission ein Vorteil, «insbesondere im Kontakt mit der Zivilbevölkerung», sagt Mirco Baumann, Chef Kommunikation bei SWISSINT, gegenüber SWI swissinfo.ch.
Einen Nachteil des Milizprinzips sieht er lediglich in einem Punkt: So gibt es in der Schweizer Armee unter den Offizieren kaum Frauen. Dies habe auch damit zu tun, dass für Frauen keine Dienstpflicht gilt. Frauen seien aber mit Blick auf die Friedensförderung ebenso wichtig wie Männer, sagt Baumann. Denn in vielen Gebieten der Welt sei es beispielsweise immer noch so, «dass Frauen nur mit Frauen sprechen».
Karte
Die UNO hat die Möglichkeit, die Führung von Einsätzen an eine regionale Organisation wie die NATO (KFOR im Kosovo) oder die EU (EUFOR in Bosnien-Herzegowina) zu übergeben.
Und wie im Haupttext erwähnt, entsendet die Schweiz für die Friedensförderung im internationalen Rahmen auch Militärbeobachter für Einsätze der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE).
Insgesamt stehen rund 300 Armeeangehörige und Zivilpersonen in über zwölf friedenssichernden Operationen in Europa, Afrika und Asien im Einsatz.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch