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Illustration Nations unies

Ist die UNO bald hinfällig?

Genf feiert im Jahr 2020 das 75-jährige Bestehen der Vereinten Nationen und das 100-Jahr-Jubiläum des Völkerbunds. Doch ist die UNO in der Lage, die gewaltigen Veränderungen, die in den Staaten und Gesellschaften der Welt stattfinden, zu bewältigen und darauf zu reagieren? Vor diesen fünf wichtigsten Herausforderungen steht man im internationalen Genf.

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Mit dem europäischen Sitz der Vereinten Nationen (UNO) ist Genf mit New York eines der beiden wichtigsten Zentren der internationalen Diplomatie. In Genf werden die Herausforderungen, die den ganzen Planeten betreffen, geklärt und verhandelt, bevor die Staaten in New York entscheiden, welche Optionen sie wählen wollen.

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Der jahrzehntelange diplomatische Genfer Eiertanz

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Mit dem Hashtag #Multilateralism100Externer Link für die Feierlichkeiten will Genf betonen, dass diese Art und Weise, die Beziehungen zwischen den Staaten zu organisieren, wertvoller denn je ist. Ein ausdrücklicher Aufruf in einer Zeit, in welcher der Weltpolizist des 20. Jahrhunderts – die Vereinigten Staaten – in Richtung Unilateralismus rutscht. Das ist der Wunsch nach Macht ohne Rücksicht auf die Souveränität anderer Staaten und auf das internationale Recht, das deren Beziehungen regeln soll.

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Herausforderung Frieden: Die Beibehaltung des Friedens oder das Bestreben danach ist die Existenzberechtigung des Völkerbunds und der UNO. Zwei Organisationen, geboren in der Zeit nach den beiden Weltkriegen, die Europa und Asien im letzten Jahrhundert verwüstet haben.

In beiden Fällen wollten die Sieger, die aus diesen beiden internationalen Konflikten mit schwerwiegenden Folgen hervorgegangen waren, einen rechtlichen Rahmen schaffen, der auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker basiert.

Dies mit dem Ziel, dass der Frieden nicht nur auf einem Machtgleichgewicht zwischen den Grossmächten beruht, sondern auch die Interessen aller Mitgliedstaaten und deren Bevölkerungen besser berücksichtigt werden.

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Ein Ziel, das noch lange nicht erreicht ist, wie UNO-Generalsekretär Antonio Guterres am 4. Februar 2020 sagte: «Heute weht ein Wind des Wahnsinns über den Globus. Von Libyen über Jemen, Syrien und darüber hinaus – die Eskalation ist zurück. Die Waffen sprechen, die Offensiven vervielfachen sich. (…) Währenddessen werden die Resolutionen des Sicherheitsrats missachtet, bevor die Tinte überhaupt trocken ist.»

Ist die UNO im Bereich der kollektiven Sicherheit also bald hinfällig, wie es der Völkerbund Ende der 1930er-Jahre geworden war?

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Während der Sicherheitsrat – das Exekutivorgan der UNO – gelähmt ist, tragen andere internationale Instanzen zur Befriedung der Gesellschaften bei. Denn die Vereinten Nationen basieren auf drei Säulen: Frieden und Sicherheit, Entwicklung, Menschenrechte.

Es sind miteinander verflochtene Bereiche, wie Kofi Annan 2005 sagte, als er Generalsekretär der Vereinten Nationen war: «Es kann keine Sicherheit ohne Entwicklung und keine Entwicklung ohne Sicherheit geben. Und beide hängen von der Achtung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit ab.»

Doch seit mindestens einem Jahrzehnt nehmen die bürgerlichen Freiheiten in den liberalen Demokratien ab; in den Vereinigten Staaten, aber auch in Europa.

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Herausforderung Demokratie: Gleichzeitig profitieren autoritäre Regimes wie China von den Schwächen der westlichen Staaten und rühmen sich eines anderen Modells des wirtschaftlichen Erfolgs, das die volle Achtung der bürgerlichen und politischen Rechte ausschliesst.

Die Menschenrechte – Herzstück heutiger Demokratien – werden in Frage gestellt. Und das just in jenen internationalen Gremien, die sie eigentlich verteidigen sollten. In Genf ist dies der Menschenrechtsrat, der Schauplatz dieses Kampfs mit weltweiten Konsequenzen ist.

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Sollte sich der Niedergang der Demokratien bestätigen, könnte er die Art und Weise beeinflussen, wie die Welt auf die beiden grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts reagiert: auf die Klima- und Umweltkrise sowie den digitalen Übergang von Wirtschaft und Gesellschaft.

Herausforderung Gesundheit: Sie ist der schwarze Schwan – ein unvorhersehbares Ereignis – des Weltgeschehens. Die weltweite Coronavirus-Pandemie Sars-CoV-2 erschüttert die globalisierte Organisation des Planeten wie nie zuvor. Mit der Weltgesundheits-Organisation (WHO) an vorderster Front kann die UNO die Bedeutung ihrer Rolle als Plattform für die Zusammenarbeit und Koordinierung der nationalen Politiken unter Beweis stellen.

Dies umso mehr, als diese Pandemie, welche die Staaten auf dem falschen Fuss erwischte, eigentlich vorhersehbar war. Nach Epidemien wie Aids in den 1980er-Jahren und Sars 2002 hatten die WHO-Mitgliedstaaten 2015 die Internationalen Gesundheitsvorschriften überarbeitet, um solche Viren tierischen Ursprungs einzudämmen.

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Weil die damals angenommenen Empfehlungen nicht ausreichend umgesetzt wurden, konnte jetzt das Coronavirus überall auf der Welt derart wüten. Es bleibt abzuwarten, ob der Schock von Covid-19 und dessen vielfältige Folgen die Vereinten Nationen wieder legitimieren oder sie – wie den vor einem Jahrhundert gegründeten Völkerbund – seiner Substanz berauben werden.

Herausforderung Umwelt: Für das Klima gebe es nur gemeinsame Lösungen, die alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in die Pflicht nehmen würden, wiederholt Generalsekretär Antonio Guterres. Könnte diese existenzielle Bedrohung für die gesamte Menschheit der internationalen Gemeinschaft einen Schub verleihen, wie nach den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts geschehen?

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Gleichzeitig befindet sich die Welt mitten in der industriellen Revolution 4.0, die viel tiefgreifender und breiter ist als die vorherigen, die im 19. und 20. Jahrhundert stattfanden. Die Digitalisierung ist daran, die Wirtschafts- und Finanzwelt radikal umzuwandeln, wie auch das Funktionieren von Gesellschaften und die demokratischen Rechte. Die in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen individuellen und kollektiven Rechte sind ernsthaft bedroht.

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