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Licht aus, Büros zu: Geldprobleme behindern die UNO in Genf

Zäune vor dem UN-Gebäude in Genf.
Die Büros und Sitzungsräume im Palais schliessen schon um 19 Uhr. Keystone / Martial Trezzini

Angesichts einer noch nie dagewesenen Haushaltskrise haben die Vereinten Nationen in Genf drastische Sparmassnahmen ergriffen. Wesentliche Leistungen sind betroffen und es kommen Zweifel auf, ob die UNO ihre Aufgaben noch wirksam erfüllt.

«Wir arbeiten nicht wie gewohnt und sind uns bewusst, dass sowohl die Erbringung von Dienstleistungen als auch das Wohlergehen des Personals unmittelbaren Herausforderungen ausgesetzt sind», sagt Alessandra Vellucci, Direktorin des UN-Informationsdienstes in Genf.

Budgetkürzungen haben dazu geführt, dass der Standort der UNO in Genf, ein Zentrum der internationalen Diplomatie und des humanitären Engagements, mit neuen Zwängen konfrontiert ist.

Die finanzielle Krise hat zu einer Reihe von Massnahmen geführt, von der Verdunkelung des Palais des Nations bis hin zur möglichen Absage aller Nebenveranstaltungen und Treffen von Nichtregierungsorganisationen.

Die Büros und Sitzungsräume im Palais schliessen jetzt früher, nämlich um 19 Uhr, die Aussenbeleuchtung ist auf ein Minimum reduziert.

Die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen wurde auf Eis gelegt, mit Ausnahme des Nötigsten. Der Kauf von Dienstkleidung und Fahnen wurde gestoppt. Der Gebäudebetrieb wurde verkleinert, und die Schulungsprogramme wurden auf das absolute Minimum reduziert.

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Eine Kluft tut sich auf

Aufgrund von Haushaltsengpässen räumt die UNO in Genf nun offiziellen Sitzungen wie dem UN-Menschenrechtsrat und der Abrüstungskonferenz, die jedes Jahr regelmässig tagen müssen, Vorrang ein.

Das bedeutet umgekehrt, dass informelle Treffen, die oft das Herzstück des diplomatischen Engagements und der Beteiligung der Zivilgesellschaft sind, auf der Strecke zu bleiben drohen.

«Alle Ämter, Abteilungen und Bereiche, aus denen sich das UN-Sekretariat zusammensetzt, müssen ihr Arbeitsprogramm innerhalb eines reduzierten Haushaltsrahmens bewältigen», sagt Vellucci. «Soweit wir wissen, wurde jedoch bisher keines der offiziellen zwischenstaatlichen Treffen aufgrund der Sparmassnahmen abgesagt.»

«Abgesehen von der aktuellen Liquiditätskrise stellen wir fest, dass die Kluft zwischen dem, was wir von den internationalen Organisationen verlangen, und den verfügbaren Ressourcen immer grösser wird», sagt Jürg Lauber, Botschafter der Schweiz bei der Uno in Genf.

«Die Schweiz unterstützt einen fokussierten und effektiven Multilateralismus, bei dem sich die internationalen Organisationen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren und Doppelspurigkeiten vermeiden. Zu unseren Prioritäten gehören die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften, mehr Investitionen in kosteneffiziente Präventionsmassnahmen und die Nutzung neuer Technologien und der Wissenschaftsdiplomatie zur Krisenprävention und zum Wohle der Menschheit.»

Weitreichende Auswirkungen

Die finanziellen Herausforderungen wirken sich nicht nur auf die lokalen UN-Mitarbeiter:innen aus, sondern auch auf die gesamte internationale Gemeinschaft in Genf.

Es erfordert strategische Planung, um das gekürzte Budget zu bewältigen und gleichzeitig wichtige Funktionen und Dienstleistungen aufrechtzuerhalten.

Der Wechsel zu Online-Plattformen hätte Potenzial, wäre umweltfreundlich und integrativ, würde aber informelle Verhandlungen erschweren und die Beteiligung der Zivilgesellschaft beeinträchtigen.

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«Diese Krise könnte dazu führen, dass Mandate gekürzt werden, dass Aktivitäten, die weniger wichtig erscheinen, wie z.B. friedenserhaltende Massnahmen, reduziert werden oder dass eine Mission nicht verlängert oder gestartet wird, selbst wenn ein Konsens über ihre Notwendigkeit besteht», warnt Lucile Maertens, ausserordentliche Professorin für internationale Beziehungen am Genfer Hochschulinstitut (IHEID).

Grund für die Finanzkrise ist, dass einige UN-Mitgliedsstaaten ihre Beiträge nicht zahlen, d. h. den Betrag, den jedes Land für die Arbeit der UN und die Bezahlung ihrer Mitarbeiter:innen aufbringen muss.

Das zwingt die UNO in Genf, mehr als 15 Millionen Dollar (13,5 Millionen Franken) aus ihrem Budget einzusparen und gleichzeitig wesentliche Funktionen beizubehalten. Genf ist mit dieser Situation nicht allein: Auch andere UNO-Büros wie New York, Wien und Nairobi sehen sich mit Haushaltsengpässen konfrontiert.

Maertens sagt, die Liquiditätskrise der UNO widerspiegle die wirtschaftlichen Herausforderungen der Mitgliedstaaten, die noch immer unter den Auswirkungen der Covid-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und der Lage im Nahen Osten leiden.

Sie spiegelt aber auch eine Legitimationskrise der multilateralen Organisationen, die häufig von populistischen Regierungen kritisiert werden, die den Multilateralismus ablehnen.

Den Vereinten Nationen wird von den Mitgliedstaaten bisweilen auch Ineffizienz vorgeworfen, obwohl es die Staaten selbst sind, die über die Budgets und Aktivitäten der UNO entscheiden.

Der volle Saal in Genf
Nach dem tödlichen Erdbeben der Stärke 6,8 am 8. September 2023 in Zentralmarokko legen die Delegierten bei der Eröffnung der 54. Tagung des UN-Menschenrechtsrates drei Tage später in Genf eine Schweigeminute ein. Keystone, Rice Coffrini

Die Finanzierungskrise der UNO könnte ein Zeichen für eine tiefgreifende Veränderung der globalen Ordnung sein, eine Herausforderung für die Grundsätze des Multilateralismus und des Dialogs, welche die Arbeit der UNO begründen.

Die Auswirkungen des Haushaltsdefizits könnten vor allem in Genf zu spüren sein, wo die UNO eine Reihe von diplomatischen Aktivitäten und Menschenrechtsmechanismen fördert, die von einer verlässlichen Finanzierung abhängen: von Podiumsdiskussionen über die Rechte indigener Völker bis hin zu Kampagnen zur Waffenkontrolle.

«Ohne ausreichende Mittel könnten multilaterale Treffen und Verhandlungen abgesagt oder verschoben werden», warnt Maertens. Sie schlägt vor, dass alle Entscheidungen zur Förderung der finanziellen Stabilität innerhalb der UNO im Konsens zwischen den Mitgliedstaaten getroffen werden sollten, da diese die Vorteile einer solchen Stabilität anerkennen müssen.

Sie ist jedoch der Meinung, dass es in Krisenzeiten wie der aktuellen besonders schwierig ist, langfristige Verpflichtungen einzugehen.

Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten zwar der Schlüssel zur Finanzstabilität sind, der Weg dorthin aber durch komplexe internationale Politik und den unmittelbaren Druck globaler Krisen gekennzeichnet ist.

Maertens sagt, die UNO könnte durch die Sparmassnahmen gezwungen sein, einige ihrer integrativen globalen Plattformen aufzugeben, die für die Zusammenführung eines breiten Spektrums von Akteur:innen für den multilateralen Dialog unerlässlich sind.

«Das grösste Risiko bestünde darin, integrative Foren aufzugeben, die darauf abzielen, so viele Akteure wie möglich an einen Tisch zu bringen.»

Editiert von Imogen Foulkes/ts

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