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Neue US-Botschafterin bei der UNO setzt auf «America First»

Eine Frau vor einem Mikrofon
Getty Images / AFP / Kent Nishimura

Elise Stefanik wurde als Donald Trumps Kandidatin für das Amt der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen bestätigt. Sie erklärte, sie werde dafür sorgen, dass jeder Dollar der Steuerzahlenden, der in die UNO fliesst, «amerikanischen Interessen» diene.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass während Bestätigungsanhörungen Demonstrierende aus dem gesamten politischen Spektrum von ihren Sitzen aufspringen, um ihren Unmut kundzutun und dann von Sicherheitskräften mit fuchtelnden Armen und Beinen aus dem Raum gezerrt zu werden.

Doch Anfang dieser Woche, während der Bestätigungsanhörung von Elise Stefanik, war der einzige Störenfried, der aus dem Saal entfernt wurde, ihr zappeliger dreijähriger Sohn Sam, der einen schicken dunkelblauen Anzug und eine Krawatte trug.

«Er hat sein Debüt im Senat gegeben», sagte Stefanik und bezeichnete den kleinen Aufwiegler als ihren «Stolz und ihre Freude» und «grössten Segen».

Stefanik, die von Präsident Donald Trump als Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen nominiert wurde, erschien diese Woche vor dem Ausschuss für Auswärtige Beziehungen des US-Senats, um sich bestätigen zu lassen.

Trotz ihres soliden Lebenslaufs – sie wurde 2014 als jüngste Frau in den US-Kongress gewählt – und ihrer Ivy-League-Ausbildung, käme Stefanik ohne diplomatische Erfahrung und mit dürftigem Wissen über die Feinheiten des globalen Gremiums zur UNO – ein Manko.

Ihre Aufgabe wird es sein, US-Präsident Trumps Vision einer Neuverhandlung des Multilateralismus umsetzen. An seinem ersten Tag im Amt unterzeichnete dieser eine Exekutivanordnung zum Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – Schritte, welche die künftige Botschafterin nach eigenen Angaben unterstützt.

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«Sollte ich bestätigt werden, stehe ich bereit, Präsident Trumps Mandat des amerikanischen Volks umzusetzen und auf der globalen Bühne «Amerika first», Frieden durch Stärke und Führung im Bereich der nationalen Sicherheit zu liefern», sagte Stefanik in ihrer Eröffnungsrede.

«Wenn die USA in der UNO eine Führungsrolle übernehmen, geht es den Amerikanern und den Menschen auf der ganzen Welt besser.»

Trump, der kürzlich für seine zweite Amtszeit als US-Präsident vereidigt wurde, sagte, er habe Stefanik für diese Aufgabe ausgewählt, weil sie «unglaublich stark, zäh und eine kluge America-First-Kämpferin» sei.

Stefanik erregte die Aufmerksamkeit des Präsidenten während seiner ersten Anhörung zur Amtsenthebung im Jahr 2019. Nach einem dort ausgetragenen Streit mit ihren demokratischen Kollegen bezeichnete er sie auf X als «neuen republikanischen Star».

In den sozialen Medien bezeichnet sich Stefanik, eine überzeugte Trump-Anhängerin, als «Ultra-MAGA» und bezieht sich damit auf den bekannten Wahlkampfslogan des Präsidenten «Make America Great Again».

Stefaniks Bekanntheitsgrad schoss im Dezember 2023 in die Höhe, als sie während Kongress-Anhörungen zum Thema Antisemitismus an Universitäten kämpferisch auftrat. Diese führten zum Ausschluss der Vorsitzenden der US-Eliteuniversitäten Harvard, Pennsylvania und Columbia.

Ziel solcher Anhörungen ist es, die Bevölkerung über Vorkommnisse zu informieren, die sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb des Regierungsapparats stattfinden, und die Auswirkungen auf ihr Leben haben könnten.

«Meine Aufsichtsarbeit führte zu der meistgesehenen Aussage in der Geschichte des Kongresses», sagte Stefanik bei ihrer Senatsanhörung. Der «Wendepunkt» sei «milliardenfach angesehen» worden, weil er «die antisemitische Fäulnis in Colleges und Universitäten aufdeckte».

Stefanik, 40, eine Republikanerin aus dem ländlichen Upstate New York – das sie als «Wiege der amerikanischen Revolution» bezeichnete – war 2014 die jüngste Frau, die je in den US-Kongress gewählt wurde.

Sie war Mitglied mehrerer nationaler Sicherheitsausschüsse und gibt stolz an, dass sie als erste Person in ihrer unmittelbaren Familie eine Universität besuchte.

Stefanik räumte während ihrer Anhörung ihren Mangel an Erfahrung ein, sagte aber, sie sei bereit, die Herausforderung anzunehmen. Sie wolle «die Ärmel hochkrempeln» und «die Aufgabe erledigen.»

Eine Frau hält in einem Parlament einen kleinen Jungen auf dem Arm
Getty Images / AFP / Andrew Harnik

Für das amerikanische Volk liefern

Die Reform der Vereinten Nationen steht ganz oben auf Stefaniks To-Do-Liste. Sie will sicherstellen, dass jeder Dollar der Steuerzahlenden, der in die globale Organisation fliesst, «amerikanischen Interessen, dem amerikanischen Volk und Trumps Politik des Friedens durch Stärke» dient.

Nach Angaben des Council of Foreign RelationsExterner Link, einer amerikanischen Denkfabrik mit Sitz in New York, sind die USA seit ihrer Gründung der grösste Geldgeber der UNO und haben allein im Jahr 2022 mehr als 18 Milliarden Dollar bereitgestellt.

Die vorherige Trump-Administration hatte die Ausgaben für freiwillige Beiträge zu vielen UNO-Programmen gekürzt und sich dabei auf friedenserhaltende Massnahmen und mehrere Sonderorganisationen konzentriert.

Dazu gehörten die Aussetzung aller Mittel für den UNO-Bevölkerungsfonds (UNFPA) im Jahr 2017 und die Kürzung der Mittel für das UNO-Programm für HIV/AIDS (UNAIDS) im Jahr 2018. Die USA zogen sich auch aus dem in Genf ansässigen Menschenrechtsrat zurück.

Stefanik, die «uneingeschränkt» für die Streichung der Mittel für das UNO-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) gestimmt hat – das sie als «antisemitische Organisation» bezeichnete – sagte, sie wolle Mittel für jene Organisationen aufstocken, welche «die nationale Sicherheit stärken» und «die Unterstützung des amerikanischen Volks» besitzen. So etwa das Welternährungsprogramm (WFP), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) und das UNO-Flüchtlingswerk (UNHCR).

Stefanik sagte, dass sie bei der Entscheidung über UNO-Reforminitiativen fragen würde: «Macht es Amerika sicherer? Macht es Amerika stärker? Macht es Amerika wohlhabender?»

Zurückdrängen und ausmerzen

Aufgrund ihrer Anhörung ist klar, dass Stefanik die aus Sicht der USA wachsende Dominanz Chinas bei den Vereinten Nationen scharf im Auge behalten wird. «Zurückdrängen» war eine Formulierung, die sie wiederholt benutzte.

Dazu werde der Schwerpunkt ihrer Mission darin bestehen, «in den Räumen zu bleiben», in denen Chinas Einfluss zu wachsen scheint, darunter in den UNO-Gruppen «technische Organisationen, Telekommunikation, geistiges Eigentum und Zivilluftfahrt».

«China ist eine meiner obersten Prioritäten», sagte Stefanik. «Wir müssen sicherstellen, dass wir eine Strategie haben, um zu gewährleisten, dass die KPCh (Kommunistische Partei Chinas) nicht in der Lage ist, auf den höchsten Ebenen dieser technischen Organisationen und der UNO-Organisationen im Allgemeinen Fuss zu fassen.»

Das Eintreten für Israel und die Ausmerzung von «antisemitischer Fäulnis» und «israelfeindlicher Voreingenommenheit» bei den Vereinten Nationen sei einer der Hauptgründe für ihr Interesse, den Botschafterposten zu übernehmen.

«Es gibt mehr Resolutionen, die sich gegen Israel richten als gegen jedes andere Land oder jede andere Krise zusammen», sagte Stefanik. Sobald sie im Gremium sei, wolle sie «eine Stimme der moralischen Klarheit im UNO-Sicherheitsrat und bei den Vereinten Nationen insgesamt sein, damit die Welt hört, wie wichtig es ist, an der Seite Israels zu stehen…unserem wertvollsten Verbündeten.»

Während Stefaniks Interaktionen mit den anderen Mitgliedern im Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen meist ruhig und herzlich verliefen, kam es zu einem Moment der Spannung, ein demokratischer Senator sie fragte, ob sie glaube, dass die Palästinenser:innen ein Recht auf Selbstbestimmung hätten – und sie mit der Antwort zögerte. «Ich glaube an den Frieden in der Region», sagte Stefanik, «natürlich verdienen sie Menschenrechte».

Auf die Frage von Van Hollen, ob sie glaube, dass Israel ein biblisches Recht auf das gesamte Westjordanland besitze, antwortete sie hingegen mit einem schnellen «Ja». Das sorgte für Kopfschütteln.

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Diplomatie oder Abschreckung

Wie weit sich die Trump-Administration aus dem Multilateralismus und den Vereinten Nationen zurückziehen wird, bleibt unklar. Ein vollständiger Rückzug aus dem globalen Gremium scheint jedoch unwahrscheinlich.

Doch welche Reformen Trump auch immer anstrebt, es scheint, dass er in Stefanik eine loyale Vollstreckerin haben wird, die geschworen hat, Trumps Vision einer «UNO, die durch ein starkes Amerika reformiert wird, das Frieden durch Stärke schafft», zu unterstützen.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Stefanik bei der Verwirklichung der Ziele der Trump-Regierung vorrangig auf Diplomatie setzen wird. Auf die Frage eines republikanischen Kollegen, wie sie mit einem Gegner wie Russland, einem der fünf ständigen Mitglieder mit Vetorecht im Sicherheitsrat, umgehen würde, tendierte Stefanik zur Strategie der Stärke.

«Ich denke, Abschreckung ist der Schlüssel. Sie ist unser stärkstes Mittel, um den Frieden zu sichern», sagte Stefanik. «Ich glaube fest an die Abschreckung», und «auch die Diplomatie ist sehr wichtig».

Übertragung aus dem Englischen mit Hilfe von Deepl: Petra Krimphove / raf

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