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Palais des Nations: Eine persönliche Reise durch die grösste Genfer Baustelle

Der Fotograf Mark Henley zeigt die 836 Millionen Franken teure Renovierung des Büros der Vereinten Nationen in Genf (UNOG) durch seine Augen. Henley arbeitet seit mehreren Jahren im historischen Palais des Nations, das im Zentrum des massiven Umbauprojekts steht. Seine Bilder wurden in die engere Wahl für den Sony World Photo PrizeExterner Link aufgenommen.

Der Palais war in vielerlei Hinsicht dringend modernisierungsbedürftig. Die Hitze in meinem kleinen Büro im obersten Stockwerk war im Sommer manchmal unerträglich, und auf meinen Fotos habe ich oft die verrosteten Fenster des Gebäudes gezeigt.

Ich habe mich auch über die Unvollkommenheit der Büros gefreut, die eindeutig nicht als solche gedacht waren, und über all die anderen Gefahren, die sich aus der veränderten Nutzung in den letzten 85 Jahren seit der Fertigstellung des Hauptgebäudes ergeben haben – das für eine ganz andere Organisation erbaut worden war, den längst verschwundenen Völkerbund.

Das Wasser aus den Wasserhähnen trinkt man auf eigene Gefahr, und gehen wir besser nicht näher auf die Brandgefahr der veralteten Verkabelung ein (1700 km davon müssen ersetzt werden). Oder darauf, dass der Palais in Bezug auf Energieeffizienz oder behindertengerechten Zugang weit von heutigen Ansprüchen entfernt ist. Selbst die neusten Gebäude haben das Pech, zu einer Zeit erbaut worden zu sein, als Asbest noch in Mode war.

Ich muss gestehen, dass der Palais wie viele alte Gebäude mit ihren abgewandelten Nutzungen und angepassten Funktionen einen enormen Charme hatte. Etwa die Presseräume – einer mit gläsernen Kabinen, jede mit einem Licht an der Oberseite –, die Gegenstand von Revierkämpfen gewesen zu sein scheinen.

Mich erinnerten sie an Mönchzellen mit dazugehörigen Reliquienschreinen – die Aktenschränke enthalten noch immer sakral gehütete Zeitungsausschnitte, die bis weit ins letzte Jahrhundert zurückreichen. Jetzt ist all das verschwunden, die Kabinen und alles andere auch.

Ich glaube, ich werde die beiden riesigen belgischen Wandteppiche vermissen, auf denen halbnackte Frauen aus aller Welt zu sehen waren, die sich auf dem Weg zum UNO-Presse-Briefing-Raum befanden: Ein künstlerisches Monument der sich wandelnden Sitten, das wir stets kurz vor Pressekonferenzen betrachten konnten, während die Spürhunde unsere Ausrüstung nach Sprengstoff durchsuchten.

Dieser Raum war der Schauplatz zahlreicher schön choreografierter Szenen zwischen den Sicherheitsleuten und den Stars, den VVIPs und meinen internationalen Pressebrüdern und -schwestern.

Vorne blieb ein Platz frei, ein Quadrat aus abgewetztem Teppich – unser Reich: Die Grube für Fotografinnen und Fotografen unter der Schusslinie der Fernsehkameras, die bei grossen Anlässen die Rückseite und die Seiten des Raums säumen. Dazwischen sassen die Korrespondentinnen und Korrespondenten, von Mexiko bis zum Senegal, über China, Indien, Japan und ganz Europa, die obskure Zeitschriften und grosse Agenturen vertraten.

Wir wissen, dass dieser Raum nach Abschluss der Renovationsarbeiten nicht mehr für die Pressegespräche zur Verfügung stehen wird. Die Planer haben anders entschieden. Aber wir haben keine Ahnung, wo ein solcher Raum künftig sein wird. Ein Gerücht besagt, dass er im ehemaligen unterirdischen Kino eingerichtet werden soll.

Ein ehemaliges Kino? Offenbar war dieses jahrelang unter einer Marmor-Lobby versteckt. Die Zugangstreppe wurde von einem Fotoautomaten blockiert, und im Kinosaal werden jetzt Stühle verschiedener Farben und Epochen gelagert.

All das wird verschwinden, zusammen mit den Filmdosen, die noch in einem Hinterzimmer lagern. Das alles ist irgendwie traurig. Wir wissen auch, dass das UNO-Postamt nicht wiederkommen wird. Es wurde von der Schweizerischen Post betrieben und verkaufte nur UNO-Briefmarken, die nur in den einen Briefkasten eingeworfen werden konnten (der natürlich keine Schweizer Briefmarken akzeptierte). Das vermisse ich jetzt schon.

Es besteht kein Zweifel, dass eine Renovierung dringend nötig ist, aber natürlich stellt sich die Frage, wie sie durchgeführt wird und auf welche Zukunft sie ausgerichtet sein soll. Ich gebe zu: Das alles liegt ein bisschen über meiner Gehaltsklasse.

Was ich aber weiss, ist, dass ich mein kleines Büro fast ein Jahr länger behalten habe, als ursprünglich geplant war. Auch wenn ich in den letzten Tagen nicht ohne viel Verwirrung und Überklettern von Barrieren dorthin gelangen konnte. Es gab einen Tag, an dem ich sogar zusammen mit einem verirrten UNO-Sicherheitsbeamten 20 Minuten brauchte, um einen Weg zu finden, um dorthin zu gelangen.

Vielleicht ist das eine Metapher für die geplanten Umzüge, mit denen alle Mitarbeitenden des Gebäudes konfrontiert sein werden. Denn alles geht in Richtung Hot-Desking und Grossraumbüros, um 700 zusätzliche Mitarbeitende unterzubringen, die aus anderen Gebäuden in der Stadt umziehen.

Die Gewerkschaft des Personals, die zufälligerweise meine unmittelbare Nachbarin war, zeigte sich alles andere als erfreut über diese Entwicklung. Aber ich bin sicher, mit der Zeit wird die Menschlichkeit die Oberhand gewinnen.

Sicher ist, dass wir aufgrund einer kürzlich durchgeführten UNO-Überprüfung mit Kostenüberschreitungen in Höhe von 35 Millionen Franken und einem verzögerten Fertigstellungstermin rechnen müssen. Und wir sind erst in der Hälfte des Projekts, was die ganze Sache meiner Meinung nach am Ende ziemlich menschlich macht.

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