Trumps Amtsantritt erschüttert das internationale Genf
Die Auswirkungen der Entscheide von Donald Trump sind in Genf bereits spürbar. Nach seinem Einzug ins Weisse Haus schlug er die Tür zur WHO und zum Klimaabkommen zu und untergrub damit den Multilateralismus. Washington ist der grösste Beitragszahler der Vereinten Nationen und spielt eine Schlüsselrolle im internationalen Genf, das von den Beschlüssen des neuen US-Präsidenten abhängt.
«Das ist ein grosses Dossier», sagte Trump ironisch, bevor er wenige Stunden nach seiner Rückkehr ins Weisse Haus ein Dekret unterzeichnete und damit den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation offiziell besiegelte.
Kaum ins Amt eingeführt, schlug der neue US-Präsident kräftig zu und unterzeichnete eine Flut von Dekreten, darunter auch den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen – wie er es bereits in seiner ersten Amtszeit getan hat.
«Es gibt einen Willen zum Umbruch, der ziemlich offensichtlich ist», sagt Gaspard Kühn, ehemaliger USA-Korrespondent von RTS, in der Sendung GéopolitisExterner Link des Westschweizer Fernsehens.
Es sei jedoch üblich, dass ein neuer Präsident bei seiner Ankunft im Weissen Haus eine Reihe von Dekreten unterzeichnen würde, schränkt er ein.
«Dieser Wunsch nach einer Zäsur ist normal. Einen Unterschied gibt es vielleicht, dass Donald Trump wirklich von Anfang an zeigen will, wer der Boss ist. Mit dem Willen, das System zu zähmen oder sogar zu zerschlagen.»
Die WHO, die zu 18 Prozent von Washington finanziert wird, fürchtet bereits die Folgen des Rückzugs, der mitten in die Verhandlungen über ein globales Abkommen zur Verhinderung künftiger PandemienExterner Link fällt.
«Wir hoffen, dass die USA ihren Entscheid noch einmal überdenken», reagierte Tarik Jašarević, Sprecher der Organisation.
«Die WHO spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Menschen auf der ganzen Welt, einschliesslich der Amerikanerinnen und Amerikaner, indem sie die Krankheitsursachen bekämpft, die Gesundheitssysteme stärkt und gesundheitliche Notlagen erkennt, verhindert und darauf reagiert.»
Seit der Covid-19-Pandemie wirft Trump der WHO vor, von China beeinflusst zu sein, und kritisiert die unterschiedlichen finanziellen Beiträge der USA und Chinas.
Er ist der Ansicht, dass das Gesundheitsmanagement trotz des wachsenden Risikos einer globalen Pandemie in nationaler Verantwortung liegen sollte, was durch die Ausbreitung des Vogelgrippevirus in den USAExterner Link noch verstärkt wird.
Ein Gefühl von Déjà-vu
In Genf, dem zweiten Sitz der Vereinten Nationen, sind diese Ankündigungen keine Überraschung. Während seiner letzten Amtszeit hatte Trump immer wieder den Multilateralismus angegriffen.
Neben dem Rückzug aus der WHO und dem Pariser Abkommen hatte er die Tür des Menschenrechtsrats zugeschlagen und die Welthandelsorganisation lahmgelegt, indem er die Ernennung neuer Richterinnen und Richter für das Berufungsgremium blockierte. Dieses Gremium schlichtet Handelsstreitigkeiten zwischen Staaten.
Er beschrieb die Institutionen damals als «voreingenommen», ineffizient und gegen die Interessen der USA gerichtet.
«Es gibt den Wunsch der USA, sich zurückzuziehen», sagt Kühn. «Seit den Kriegen in Afghanistan und im Irak hat sich ein Überdruss am internationalen Engagement breit gemacht, das als zu kostspielig empfunden wird. Ausserdem gibt es weiche Ziele wie das Pariser Abkommen, denn die Umwelt ist in den USA heute kein Thema mehr.»
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Grösster Beitragszahler der UNO
Die ohnehin in einer Liquiditätskrise steckenden Vereinten Nationen befürchten nun, dass ihr grösster Beitragszahler seine Finanzierung kürzen oder gar einstellen könnte.
Die USA finanzieren fast ein Drittel des gesamten UNO-Budgets (28%), weit vor China (5%) und Deutschland (12%).
Au-delà de l’ONU, des organisations internationales indépendantes sont également concernées, comme le Comité international de la Croix-Rouge (CICR), dont près d’un quart des financements proviennent des Etats-Unis (24%).
Neben den Vereinten Nationen sind auch unabhängige internationale Organisationen wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) betroffen, das zu fast einem Viertel (24%) von den USA mitfinanziert wird.
Auch die Ernennung von Elise Stefanik zur US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen bereitet Sorgen. Die Republikanerin, die der UNO seit deren Verurteilung des Gaza-Kriegs unter anderem Antisemitismus vorwirft, plädierte kürzlich für eine «komplette Neubewertung» der US-Finanzierung.
«Ich teile Präsident Trumps Vision einer reformierten UNO mit einer starken ‹America First›-Politik, Frieden durch Stärke und einer Rückkehr zu ihrem Gründungsauftrag, Frieden und Sicherheit in der Welt zu fördern», sagte sie bei ihrer Anhörung im Senat.
Eine Vision, die sicherlich die Debatten in Genf, einem der grossen Zentren des Multilateralismus, anregen wird.
Dieser Artikel ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen SWI swissinfo.ch und Géopolitis RTS. Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub
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