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Iris von Roten im Strauhof: Wut und Mut einer Feministin

Das Zentrum der Ausstellung "Iris von Roten - Frauen im Laufgitter" im Strauhof in Zürich: eine stilisierte dreibeinige Spinne beherrscht den Raum, der der "Dreifaltigkeit" des weiblichen Alltags gewidmet ist: Liebe, Mutterschaft und Haushalt. Keystone/ENNIO LEANZA sda-ats

(Keystone-SDA) Der Zürcher Strauhof setzt ein wichtiges Werk der schweizerischen feministischen Bewegung szenisch um: Das Museum macht «Frauen im Laufgitter» von Iris von Roten dem Publikum in einer Ausstellung neu zugänglich.

Die Juristin und Feministin Iris von Roten (1917-1990) hat Ende der 1950er Jahre mit ihrem Buch «Frauen im Laufgitter – Offene Worte zur Stellung der Frau» in der Schweiz für Furore gesorgt. Jetzt hat sich die Theaterformation Mass & Fieber den rund 600 Seiten starken Text vorgenommen. Videoinstallationen und Textcollagen gewähren einen neuen Blick auf das keinesfalls veraltete Werk. Die Ausstellung im Zürcher Strauhof ist bis Ende Mai für das Publikum offen.

Wer den Strauhof an der Zürcher Augustinergasse betritt, steht ziemlich als erstes vor einer Wand, auf der die Kapitel von «Frauen im Laufgitter» aufgeschrieben sind; im Buch macht das Inhaltsverzeichnis mehrere Seiten aus: «ein regelrechtes Inventar, eine Landkarte der condition féminine, gegliedert in Kontinente: Beruf, Liebe, Mutterschaft, Hausarbeit, politische Rechte», heisst es im Begleitbuch.

Vermeintlich vergangene Zeit

Das Zentrum der Ausstellung ist ein Raum ganz in rosa – «wie ein Uterus», sagt Philip Sippel, einer der Ausstellungsleiter, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Im Zentrum wiederum dieses Raumes, das Manuskript von «Frauen im Laufgitter», ein Papier-Stapel, die Blätter von Hand beschrieben. «Bewacht» wird dieses Manuskript von einer dreibeinigen Spinne, die Beine wie Blitze.

Der Raum ist der «Dreifaltigkeit» des weiblichen Alltags gewidmet, Liebe, Mutterschaft und Haushalt. An den Wänden, immer unter dem Eindruck der zentralen Spinne, Zitate aus dem Buch, in Bezug gesetzt zu Zeichnungen oder Fotos, feministische Kunst der letzten Jahrzehnte. Besucherinnen und Besuchern, die bis dahin die Frauenfeindlichkeit vermeintlich vergangener Tage belächelt haben mögen, gefriert in diesem Raum das mitleidige Lächeln.

Zehn Jahre hat Iris von Roten an dem Buch gearbeitet, bevor es im Oktober 1958 erschienen ist – fünf Monate vor der ersten Abstimmung zum Frauenstimmrecht. Das gesellschaftliche wie das Medienecho damals war gewaltig; die Reaktionen reichten von «Bravo, dreimal Bravo für Ihr tapferes und gescheites Buch» bis «Sie verdienen nicht mehr und nicht weniger als übers Knie genommen zu werden um Ihrem entblössten Hinterteil ein paar heftige Schläge zu versetzen…» – auch das ist in der Ausstellung nachzulesen.

Der Bund Schweizerischer Frauenvereine (BFS) warf von Roten damals vor, mitverantwortlich zu sein für den negativen Ausgang der Abstimmung; zwei Drittel der Männer, die zur Urne gegangen waren, hatten am 1. Februar 1959 das Frauenstimmrecht abgelehnt. Der BFS hatte seine Strategie auf Kompromiss ausgelegt und warf nun von Roten deren Konfrontation vor. Tatsächlich spricht aus «Frauen im Laufgitter» eine wütende Autorin, die akribisch die verschiedenen Aspekte der Männerherrschaft anprangert, aber auch Witz aufblitzen lässt.

Nach dem Hype um ihr Buch beendete Iris von Roten 1960 ihr öffentliches Engagement für das Frauenstimmrecht. Fortan arbeitete sie als Reiseschriftstellerin, sowie ab 1962 in der Basler Anwaltskanzlei, die sie und ihr Mann Peter von Roten gemeinsam führten. Noch später widmete sie sich der Blumenmalerei. Auch eines ihrer Gemälde ist ausgestellt. Insgesamt 56 Ölgemälde entstanden, bis sie, zusehends mit gesundheitlichen Problemen kämpfend, 1990 freiwillig aus dem Leben schied.

Gescheitert und erfolgreich

Beim Besuch der Ausstellung schwingt immer die Ambivalenz mit, ob hier die Geschichte eines Erfolgs oder eines Scheiterns nachgezeichnet ist. Besonders deutlich wird das in einem Raum im Obergeschoss des Strauhofs der von einem grossen Holztisch mit 14 Plätzen beherrscht wird; betitelt ist diese letzte Station der Ausstellung mit Komplizinnen.

Am Tisch sitzen gemeinsam mit Iris von Roten symbolisch 13 Frauen aus unterschiedlichen Zeiten, Ländern und Kulturen, etwa Emilie Kempin-Spyri, Virgina Woolf, Annemarie Schwarzenbach, Ursula Koch oder Coco Loretan. Auch bei diesen Frauen stellt sich die Frage nach Erfolg oder Scheitern. Gemein ist ihnen, dass sie mit Mut und Wut für ihre Forderungen nach Gleichberechtigung eingetreten sind. Die Auswahl der Mitstreiterinnen ist eine subjektive der Theaterleute von Mass & Fieber, doch das Motto dahinter ist eindeutig: «Kein Wunder, dass der Feminismus Ängste hervorruft: Gemeinsam sind wir gefährlich» (übersetzt nach Sara Ahmed).

An der Wand dieses Raumes übrigens hängt ein Porträt von Peter von Roten – der Mann, den Iris Meyer 1946 heimlich geheiratet und mit dem sie eine Tochter hat. Im Ehevertrag hatte sie sich von der Hausarbeit entbinden lassen und: beide Partner gestanden einander zu, unabhängig voneinander zu sein, beruflich, politisch, wirtschaftlich und sexuell.

www.strauhof.ch

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