Keine Verjährung für sexuelle Straftaten an Kindern
Das Stimmvolk hat die Initiative für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten überraschend angenommen. Ja sagten die Stimmenden auch zum Betäubungsmittel-Gesetz. Abgelehnt wurden die Initiativen zu den Themen Hanf, AHV und Verbandsbeschwerde.
Kinderschänder werden künftig in der Schweiz bis zum Lebensende nicht vor Strafverfolgung sicher sein. Gegen den Willen von Bundesrat und Parlament haben Volk und Stände am Wochenende die Volksinitiative «für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern» gutgeheissen.
Der Ja-Stimmenanteil beträgt 51,9%. Lediglich die Kantone Bern, Nidwalden, Appenzell Innerrhoden, Waadt, Neuenburg und Genf lehnten die Initiative ab.
Mit über 57% war die Zustimmung in den Kantonen St. Gallen, Schaffhausen, Schwyz und Tessin am höchsten.
Nach dem Entscheid des Souveräns werden Sexualdelikte an Kindern niemals verjähren – wie dies heute einzig bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Terrorakten der Fall ist.
Eine vom Parlament gutgeheissene Gesetzesrevision kann nun nicht in Kraft treten. Nach ihr sollte die 15-jährige Verjährungsfrist neu erst mit der Volljährigkeit des Opfers zu laufen beginnen.
Nein zur AHV-Initiative
Der vorzeitige Altersrücktritt bleibt ein Privileg der Gutsituierten. Volk und Stände haben am Wochenende die Volksinitiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes «für ein flexibles AHV-Alter» deutlich verworfen.
Die Initiative verlangte eine ungekürzte AHV-Rente ab 62 Jahren für jene, die zwischen 62 und 65 Jahren ihre Erwerbsarbeit aufgeben und zuvor weniger als knapp 120’000 Franken im Jahr verdient haben.
Dieses Regime, von dem 90% der Erwerbstätigen hätten profitieren können, wies der Souverän nun zurück. Gegen die Initiative stimmten 58,6%.
Nur in der Hälfte der Westschweizer Kantone und im Tessin konnten die Initianten jubeln. Von den vier zustimmenden Ständen votierte der Jura mit 59,9% Ja am deutlichsten dafür.
Bestätigung für Drogenpolitik
Die Schweizerinnen und Schweizer wollen den bisherigen Kurs in der Drogenpolitik beibehalten. Eine deutliche Mehrheit von 68% und sämtliche Kantone haben der Revision des Betäubungsmittelgesetzes zugestimmt. Nur 32% sagten Nein.
Mit der Vorlage wird die seit Jahren praktizierte Vier-Säulen-Strategie mit Prävention, Repression, Therapie und Schadensminderung im Gesetz verankert. Dazu gehört auch die ärztliche Abgabe von Heroin an Suchtkranke.
Dieser drogenpolitische Kurs war schon zuvor in drei Volks-Abstimmungen bestätigt worden. Das Referendum ergriffen hatten rechtsbürgerliche Kreise unter Führung der SVP.
Der bisherige Kurs in der Drogenpolitik ist auch mit dem deutlichen Nein zur Hanf-Initiative bestätigt worden. Kein einziger Stand hat die Volksinitiative «Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz» angenommen. Sie erreichte nur 36,8% Ja-Stimmen.
Besonders in der Romandie fand das Anliegen keine Gnade. In Neuenburg stimmten nur gerade 28,5% zu, in der Waadt 28,75%. Etwas besser erging es der Initiative in der Deutschschweiz, besonders in städtischen Kantonen. In Basel-Stadt sagten immerhin 44,7% Ja, in Bern 39%.
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Volksinitiative
Verbandsbeschwerde: wuchtiges Nein
Organisationen und Verbände sollen weiterhin über die Einhaltung von Umwelt- und Heimatschutzrecht wachen können. Volk und Stände haben die Initiative zur Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts wuchtig verworfen.
Das auch von der Wirtschaft unterstützte Volksbegehren mit dem Titel «Verbandsbeschwerderecht: Schluss mit der Verhinderungspolitik – Mehr Wachstum für die Schweiz!» fand in keinem einzigen Kanton eine Mehrheit.
Insgesamt liessen sich bloss 34% der Stimmenden von dem Anliegen überzeugen.
swissinfo und Agenturen
Pädophilie-Initiative 51,9% Ja, 48,1% Nein
AHV-Initiative 41,4% Ja, 58,6% Nein
Verbandsbeschwerde 34,0% Ja, 66,0% Nein
Hanf-Initiative 36,8% Ja, 63,2% Nein
Betäubungsmittel 68,0% Ja, 32,0% Nein
Stimmbeteiligung 46,1%
Das Schweizer Stimmvolk im In- und Ausland wird im Normalfall viermal jährlich für eidgenössische Vorlagen an die Urne gerufen.
Meistens stehen dabei drei bis vier Themen an (Initiativen oder Referenden).
Wahl- und stimmberechtigt sind rund 4,9 Millionen mündige Schweizerinnen und Schweizer.
Darunter sind rund 120’000 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die sich in Stimm- und Wahlregistern eingetragen haben.
Abstimmungen und Wahlen können auch brieflich vorgenommen werden.
Seit 1992 ist dies auch für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland möglich.
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