Kekse an der Ampel sind ein Erfolg
Die beiden Schweizer Daniel Joho und Max Trost leiten in Mexiko-Stadt eine private Hochschule für Gastronomie.
Die Schweizer Kochlehrer berieten einen jungen Mexikaner, der mittlerweile als Kekse-Produzent Karriere gemacht hat.
Am Anfang eines guten Geschäfts kann eine gute Idee viel wichtiger sein als viel Startkapital. Das zeigt das Beispiel des jungen Mexikaners Pablo Garibay, der aus finanzieller Not zum erfolgreichen Kleinunternehmer wurde.
Seine Ideen-Kombination: «Güetzi» (schweizerisch für Kekse) nach Schweizer Rezept sowie eine Kochmütze. Und: Er machte sich die immerwährenden Staus an den Ampeln zunutze.
Aus der Not eine Tugend gemacht
Vor vier Jahren stand Pablo Garibay zum ersten Mal als Koch verkleidet an einer Strassenkreuzung in Mexiko-Stadt. Dort versuchte er, seine Kekse an den Mann und die Frau zu bringen.
Er schämte sich in seiner Montur, doch in der Not blieb ihm nichts anderes übrig, als die Blamage zu ertragen. 60 Pesos (keine 10 Franken) hatte er damals noch. Gerade genug, um im Supermarkt Butter, Eier, Mehl und Zucker zu kaufen, damit ihm seine damalige Freundin ein paar Kekse backen konnte. Am nächsten Tag stellte er sich ans Rotlicht und verkaufte den wartenden Autofahrern innerhalb einer Stunde alle elf Säckchen zu je 10 Pesos.
Der überraschende Erfolg machte Mut, denn Pablo steckte in einer schweren Krise. Erst kurz zuvor war er aus einer Provinzstadt in die Metropole gezogen, um Gastronomie zu studieren. Doch bereits zu Beginn des zweiten Semesters wurde er von der Schule verwiesen.
Mehr Kekse
Seine Jobs als Tellerwäscher in einem Restaurant und später als Kellner reichten bei weitem nicht aus, um die Semester-Gebühren bezahlen zu können. Dabei arbeitete er täglich zehn Stunden, kam erst nach Mitternacht nach Hause und musste um sechs Uhr wieder aus den Federn, um zur Schule zu gehen.
Mehr Kekse wurden nötig, denn das Geschäft lief immer besser. Schon bald konnte Pablo in der Schule eine erste Anzahlung machen und das Studium wieder aufnehmen. Er stellte mehrere «Köche» als Verkäufer an und mietete ein kleines Lokal, das er nach und nach mit Maschinen bestückte und zur Backstube ausbaute.
Schweizer Hilfe
Das Rezept für seine Kekse hat Pablo über die Jahre verfeinert, auch mit Hilfe der beiden Schweizer Kochlehrer Daniel Joho und Max Trost. Sie haben ihm während des Gastronomie-Studiums an ihrer Schule mit Ratschlägen weitergeholfen.
Johos und Trosts private Hochschule für Gastronomie, die heute 800 Studenten zählt, wird nach schweizerischen Grundsätzen geführt. Die Ausbildung dauert vier Jahre und kann neuerdings mit einem Weiterbildungsjahr in der Schweiz abgeschlossen werden.
Ab April werden sich die ersten mexikanischen Studenten in Luzern an der Management-Schule DCT, einer Partnerschule, den letzten Schliff holen. Dann absolvieren sie in der Schweiz ein Praktikumsjahr, um schliesslich in Mexiko das Diplom zu machen.
Kein besonders guter Schüler
Joho und Trost können sich noch gut an Pablo Garibay erinnern, vor allem daran, dass er kein besonders guter Schüler gewesen sei. Pablos Kekse seien anfangs eher wie Paniermehl gewesen, weil sie fast auseinander fielen, erzählt Max Trost. Im Patisserie-Kurs habe er dann so lange mit Pablo an der Qualität gearbeitet, bis die Kekse gelangen.
Pablo habe etwas mehr Initiative als der Durschnitts-Mexikaner, meint Trost, während Daniel Joho bei ihm eine gewisse Bauernschläue festzustellen glaubt. Und eine Portion Aufmüpfigkeit, denn Pablo sei mit vielem an der Schule nicht einverstanden gewesen: Mit der Höhe des Schulgelds, dem strengen Unterrichtssystem und der geforderten Pünktlichkeit.
Heute leitet der 25-Jährige Mexikaner ein erfolgreiches Kleinunternehmen mit 15 Angestellten. Fünf Frauen backen Kekse und verpacken sie, zehn Verkäufer bringen pro Woche rund 2300 Säckchen unter die Leute.
Expansion in andere Städte
Etwa halb so viele sind es in Mexikos zweitgrösster Stadt Guadalajara. Vor vier Monaten wagte Pablo die Expansion und weil es sich so gut angelassen hat, liebäugelt er bereits mit Verkaufsstellen in Puebla, Monterrey oder Queretaro.
Auch Städte in Mittel- und Südamerika hat er im Blickwinkel. «Mein persönliches Ziel ist, eine konsolidierte, grosse Firma mit etwa 500 Angestellten zu haben», sagt Pablo. Ihm schwebt langfristig eine Fabrik vor, wo grosse Mengen Kekse gebacken werden.
swissinfo, Martin Jordan, Mexiko-Stadt
Daniel Joho ist Direktor, Max Trost Vizedirektor der privaten Hochschule für Gatsronomie in Mexiko-Stadt.
Sie arbeiten mit einer Partnerschule in Luzern zusammen, der Management-Schule DCT.
Der Berner Daniel Joho kam vor zwanzig Jahren nach Mexiko und arbeitete in verschiedenen Restaurants und Hotels als Küchenchef und Geschäftsführer. 1991 wechselte der 45-Jährige in die Ausbildung und beteiligte sich am Aufbau der Gastronomie-Schule in Mexiko-Stadt.
Vor vier Jahren stiess der in Andwil bei St. Gallen aufgewachsene Max Trost dazu. Der 47-Jährige war zuvor an diversen Orten der Welt als Bäcker und Konditor tätig.
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