Klares Konsumenten-Votum
Die Konsumenten haben zusammen mit den Bauern dem Gentechnik-Moratorium zum Erfolg verholfen.
Während das Stimmvolk die Gentechnologie im medizinischen Bereich begrüsst, will es im Lebensmittelbereich nichts davon wissen.
Die aus zahlreichen Umfragen bekannte Skepsis der Konsumentinnen und Konsumenten gegenüber gentechnisch veränderten Organismen in Lebensmitteln ist bekannt. Das recht deutliche Ja zur Gentechfrei-Initiative kommt daher wenig überraschend.
Trotzdem ist es für eine Initiative eher unüblich, die Hürde bei Volk und Ständen (Kantone) zu nehmen. Die Gentechfrei-Initiative ist erst das 15. Volksbegehren, das seit der Einführung des Initiativrechts 1891 angenommen wurde.
Moderate Initiaive
Das Erfolgsrezept scheint der eher moderate Charakter der Initiative gewesen zu sein, verlangte sie doch keine Einschränkung der Forschung in diesem Gebiet. 1998 war die Genschutz-Initiative deutlich abgelehnt worden, weil sie klar zu viel wollte.
Die Befürworter sehen im Ja nun die Chance für eine neue Auslegeordnung betreffend Gentechnologie. Mit dem fünfjährigen Moratorium für gentechnisch veränderte Pflanzen oder Tiere, das sofort in Kraft tritt, habe man nun klare Verhältnisse, was den Anbau betreffe.
Das Votum für eine natürliche Landwirtschaft markiert den Beginn einer neuen starken Allianz zwischen Bauern und Konsumenten. Ausserdem könnte die gentechfreie Schweizer Landwirtschaft zum Marketing-Vorteil gegenüber andern Ländern werden.
Ängste gegenüber Gentechnologie
Ein weiterer Grund für das klare Ja zur Initiative dürften die Ängste sein, die auf vielen Seiten herrschen. Die Gentechnologie ist ein emotionales Thema. Denn ob diese Technologie sicher ist oder ob von ihr Gefahren ausgehen, ist bisher wissenschaftlich nicht schlüssig erwiesen.
Dabei ist ein Trend zu beobachten: Während die Gentechnologie im Lebensmittelbereich klar abgelehnt wird, scheint sie im medizinischen Bereich eher begrüsst zu werden.
Forscher befürchten Einbruch
Zwar will die Initiative die Forschung nicht einschränken, doch das Ja wird trotzdem einen Einfluss auf sie haben. Freilandversuche sind ab sofort verboten. Die Gegner schätzen, dass der Gentechnologie-Bereich nun wenig Zukunftschancen in der Schweiz hat. Es würden sich keine jungen Forscher mehr ausbilden lassen.
Die Bauern seien nun in der Pflicht zu beweisen, dass ihr Einsatz für das Moratorium nicht eine grundsätzliche Absage an die Forschung sei, sondern ein Zeitgewinn zugunsten besserer Aufklärung über mögliche Risiken, hiess es.
Die Schweizer Stimmberechtigten haben sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass ein solches zeitlich begrenztes Verbot in der Europäischen Union nicht möglich wäre, weil es dort gegen die Wettbewerbsregeln verstossen würde.
Bauern gegen eigene Partei
Die Abstimmung wurde zum grössten Teil auf dem Land entschieden. Konsumenten und Bauern haben viel Unterstützung aus dem eher wertkonservativen Umfeld erhalten.
Die Trennlinie zwischen den beiden Lagern zeiht sich quer durch alle Parteien. Auffällig ist dabei, dass die Bauern dabei gegen ihre eigene Partei gewonnen haben – die Schweizerische Volkspartei (SVP), die ein Nein zur Initiative empfohlen hatte.
Das Ja wird im Alltag jedoch nicht viel ändern. Ein Bewilligungs-Verfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen oder Tiere würde heute länger als fünf Jahre dauern.
swissinfo, Christian Raaflaub
In der Schweizer Landwirtschaft dürfen während fünf Jahren keine Pflanzen angebaut und keine Tiere gehalten werden, die gentechnisch verändert worden sind.
Dies fordert die Volksinitiative «für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft», die vom Stimmvolk mit 55% angenommen worden ist.
Bundesrat und Parlament hatten die Initiative zur Ablehnung empfohlen, der Nationalrat allerdings nur mit Stichentscheid.
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