Kleinwaffen: Fehlende Transparenz in der Schweiz
Wie ein Bericht des Genfer Instituts für Internationale Studien (HEI) zeigt, gehören drei Viertel aller Kleinwaffen auf der Welt Zivilpersonen. Die Schweiz wird wegen mangelnder Transparenz kritisiert.
Für Jean-Daniel Ruch vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ist der Bericht eine zuverlässige Grundlage für entsprechende Massnahmen.
Zivilpersonen besitzen gemäss der Studie, die am Dienstag veröffentlicht wurde, 650 Millionen von insgesamt 875 Millionen Kleinwaffen.
Am meisten Waffen gibt es – anders als bei der Erhebung von 2002 – nicht mehr in den Entwicklungsländern, sondern in den reichsten Ländern der Welt.
70% aller Waffen in Zivilbesitz befinden sich demnach in zehn Ländern. Allein die US-Bürger verfügen über 270 Millionen Kleinwaffen.
Schweiz vor Irak
Die Schweizer befinden sich auf Platz 22 der Weltrangliste, mit 3,4 Millionen Kleinwaffen im Besitz von Privaten. Geht es jedoch nach Waffen pro Kopf, liegt die Schweiz mit 46 gar auf dem vierten Rang – sogar noch vor dem Irak (39).
Laut Jean-Daniel Ruch, Chef der Sektion Friedenspolitik im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), gibt es jedoch keinen klaren Zusammenhang zwischen der Zahl der Waffen in den Händen von Zivilpersonen sowie der Gewalt und Kriminalität. Doch sei die Zahl der Selbstmorde mit einer Feuerwaffe in der Schweiz höher als in anderen europäischen Ländern, räumt er ein.
Bei den Zahlen zu den Kleinwaffen in der Schweiz fehlt es allerdings an Transparenz. Die Zahl der Feuerwaffen, welche die Schweiz angibt, variiert offenbar stark, wie das Institut kritisiert. So würden sich die publizierten Zahlen zwischen 1,2 und 12 Millionen Waffen bewegen.
Der Bericht geht schliesslich von einer Bandbreite zwischen 2,3 und 4,5 Millionen Feuerwaffen aus.
Fehlende Transparenz
Es ist nicht die einzige Kritik, welche das Institut an der Schweiz übt. Das HEI attestiert ihr auch bei den Waffenexporten mangelnde Transparenz. Die Eidgenossenschaft landet diesbezüglich nur auf Rang 14, weit hinter den USA und anderen europäischen Ländern.
Die Schweiz liefere Waffen in Länder, welche die Menschenrechte verletzten, heisst es in der Studie. Zwischen 2002 und 2004 habe sie Waffen für 600’000 Dollar an China geliefert, für 340’000 an Russland, für 200’000 an Indonesien, Israel und die Türkei sowie für kleinere Beträge an Guinea, Pakistan und Serbien.
Zuverlässige Daten
«Diese Studie stellt eine zuverlässige Grundlage dar», sagt Jean-Daniel Ruch. «Wir werden Massnahmen zur Verbesserung der Transparenz ergreifen.»
Das EDA habe mit den Autoren des Berichts sowie dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Kontakt aufgenommen und hoffe, nächstes Jahr genauere Daten zum Handel mit Kleinwaffen vorlegen zu können.
Ein Verbot der Kleinwaffen komme in der Schweiz jedoch nicht in Frage, so Ruch. Es gehe in erster Linie um eine bessere Kontrolle.
So wird etwa mit dem revidierten Waffengesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt, der Handel mit Kleinwaffen eingeschränkt.
Internationales Engagement
Auf internationaler Ebene engagiert sich die Schweiz bereits seit Jahren für eine strengere Kontrolle des Waffenhandels. So wurde etwa im Jahr 2005 mit Frankreich ein internationales Abkommen zur Rückverfolgbarkeit von Kleinwaffen unterschrieben.
Die Schweiz unterstützt zudem die Initiative Englands für einen universellen Vertrag über die Kontrolle des Waffenhandels. Ein Projekt, das bei der nächsten UNO-Generalversammlung behandelt wird.
swissinfo, Frédéric Burnand und Agenturen
Die USA belegen mit 270 Millionen Kleinwaffen den Spitzenplatz der Weltrangliste.
An zweiter Stelle steht Indien (46 Mio.), gefolgt von China (40 Mio.), Deutschland (25 Mio.) und Frankreich (19 Mio.).
Die Schweiz befindet sich auf Platz 22 der Weltrangliste, mit 3,4 Millionen Kleinwaffen im Besitz von Privaten.
Die Angehörigen der Schweizer Armee bewahren ihre Waffen während ihrer Dienstzeit zuhause auf.
Die Aufbewahrung von persönlichen Armeewaffen zuhause stösst auf immer stärkere Kritik, weil diese immer wieder für Selbstmorde oder bei Familiendramen verwendet werden.
Eine Volksinitiative «für den Schutz vor Waffengewalt» will das Sturmgewehr aus dem Kleiderschrank ins Zeughaus verbannen, den privaten Waffenbesitz einschränken und ein zentrales Waffenregister einführen.
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