
Trump contra Klima: Dunkle Wolken am Himmel der Meteorologie

In beispielloser Manier torpediert US-Präsident Donald Trump Umwelt- und Klimaprojekte. So soll wissenschaftlichen Institutionen in den USA teilweise der Geldhahn zugedreht werden. Wissenschaftler:innen und die in Genf ansässige Weltorganisation für Meteorologie (WMO) befürchten, dass genaue Wettervorhersagen so in vielen Ländern schwieriger werden.
Donald Trumps zweite Amtszeit hat mit einer Fülle von präsidialen Dekreten, Verfügungen, Entlassungen und politischen Kehrtwendungen begonnen, wovon viele auf die Umwelt abzielen.
Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat der US-Präsident den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen eingeleitet – zum zweiten Mal.
Nun hat Trump auch die wissenschaftliche Forschung ins Visier genommen. So wurden umfangreiche Stellenkürzungen bei Bundesbehörden wie der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) vorgenommen, einer der weltweit führenden Forschungsbehörden für Wettervorhersagen, Klimaanalysen und Meeresschutz.
Mehr als 1000 Wissenschaftler:innen und Expert:innen wurden entlassen oder haben gekündigt, weitere 1000 Entlassungen dürften folgen. Die Kürzungen würden fast 20% der rund 13’000 Angestellten der NOAA betreffen.

Buchstäblich turbulente Zeiten also für eine Forschungsinstitution, deren Analysen und Daten für die in Genf ansässige Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und für Wetterdienste auf der ganzen Welt von unschätzbarem Wert sind.
In den kommenden Haushaltsjahren drohen der NOAA, zu der auch der nationale Wetterdienst der USA gehört, weitere Kürzungen. In einer vom Weissen Haus am 2. Mai veröffentlichten EmpfehlungExterner Link wird der Kongress aufgefordert, das Budget der Behörde für 2026 um mindestens 25% auf USD 1,5 Mrd. zu kürzen.
Zudem will die aktuelle US-Regierung die Abteilung für Ozean- und Atmosphärenforschung der NOAA auflösen und die Mittel für Satelliten und andere Überwachungs- und Modellierungssysteme zurückfahren.
Mit solchen Kürzungen versucht die Regierung Trump, Ausgaben für Projekte des «Green New Deal» der ehemaligen Biden-Regierung zu unterbinden und bestimmte NOAA-Programme abzuschiessen, die ihrer Ansicht nach die «Radikalisierung» von Studierenden und den «Ökoalarmismus» befeuern.
Kürzungen werden globale Auswirkungen haben
Kritische Stimmen warnenExterner Link davor, dass die Budgetkürzungen für die NOAA tiefgreifende Auswirkungen auf die amerikanische Öffentlichkeit und die Wettervorhersage allgemein haben könnten, weil für die Beobachtung der Wetterentwicklung schlicht weniger Personen zur Verfügung stehen.
«Für die Angestellten des Nationalen Wetterdienstes wird es ein Ding der Unmöglichkeit sein, ihre Dienstleistungen in der aktuellen Form aufrechtzuerhalten», halten fünf ehemalige NOAA-Direktoren fest. «Im schlimmsten Fall werden die Wetterdienststellen so unterbesetzt sein, dass Menschen unnötig sterben.»
Die Budgetkürzungen für die NOAA hätten aber auch Folgen für die Wetterdienste weltweit. Für die WMO, die in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen feiert, ist die führende Position der USA in den Bereichen Meteorologie, Klima, Hydrologie, Ozeanographie und Atmosphärenforschung von zentraler Bedeutung.
Die NOAA ist ein wichtiges Mitglied der WMO und leistet einen massgeblichen Beitrag zu den globalen Datenaustausch- und Beobachtungsnetzen, die von 193 Ländern gemeinsam genutzt werden. Der Beitrag der USA beläuft sich üblicherweise auf rund 18 Mio. US-Dollar (15 Mio. Franken), was 22% des regulären WMO-Haushalts entspricht.
Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), eine Sonderorganisation der UNO, lässt verlauten, es sei noch zu früh, um abzuschätzen, ob bestimmte Programme von den US-Kürzungen betroffen seien. Aber es steht viel auf dem Spiel.
«Die USA liefern im Bereich Wetter, Klima und Wasser wichtige Daten und Analysen, die in unserer vernetzten Welt für unser aller Wohlergehen sehr wertvoll sind», hält WMO-Sprecherin Clare Nullis gegenüber Swissinfo fest.
So stellen die USA beispielsweise bis zu einem Viertel der weltweit abgegriffenen meteorologischen Satellitendaten zur Verfügung, ebenso 3% der weltweit gemeinsam genutzten meteorologischen Beobachtungen der Landoberfläche und 12% der so genannten Vertikalprofile der oberen Luftschichten, die in der globalen Wettervorhersage als Grundlage für die bodengestützten Beobachtungen dienen.
Die von der WMO anerkannten Zentren der NOAA sowie deren Satelliten, Studien und Nachrichten verfolgen auch die Unwetterentwicklungen in ganz Europa.
Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Notfallvorsorge und Soforthilfe bei tropischen Wirbelstürmen in der Karibik zu koordinieren und die Öffentlichkeit bei solchen Wetterereignissen zu schützen.
So konnten laut WMO dank der Prognosen des Nationalen Wirbelsturm-Zentrums der USA in Miami schon «Tausende von Menschenleben gerettet werden».
Die NOAA-Zentren beobachten auch die Abholzung und die Auswirkungen der Klimakrise im Amazonas-Regenwald und unterstützen wichtige Wirtschaftszweige wie die Luftfahrt und die Landwirtschaft auf nationaler und internationaler Ebene.

«Breitseite» gegen die Klimaforschung
SAuf der ganzen Welt warnen Wissenschaftler:innen vor den Auswirkungen der Budgetkürzungen. Rund 3300 Expert:innen aus 34 Ländern unterzeichneten einen offenen BriefExterner Link an führende Abgeordnete des US-Kongresses und Handelsminister Howard Lutnick mit der Aufforderung, den «Angriff» auf die NOAA zu stoppen.
Die Unterzeichner:innen kritisieren, die Aushöhlung des NOAA und anderer führender Forschungseinrichtungen der USA würden Jahrzehnte unschätzbarer wissenschaftlicher Forschung zunichtemachen.
Mit den Kürzungen gebe die USA zudem ihre Führungsrolle in der Klimaforschung preis und opfere ihre internationale Stellung als Gravitationszentrum der Wissenschaft.
Eine der Unterzeichner:innen des offenen Briefes ist Natalie Mahowald, Klimawissenschaftlerin an der Cornell University. Sie bezeichnet die Budgetkürzungen als «Breitseite» gegen die Klimaforschung.
«Die Regierung droht, die Datenerfassung von Wetterstationen und die Wettervorhersage einzuschränken. Das würde bedeuten, dass die Vorhersagen schlechter werden und wir keine langfristigen Datensätze mehr hätten, die wir für die Klimaforschung brauchen», bilanziert Mahowald.
«Bedroht ist aber die gesamte NOAA-Klimaforschung, nicht nur die Forschung in den NOAA-Einrichtungen, sondern auch die Finanzierung von Universitäten. Sämtliche Bereiche der WMO werden darunter zu leiden haben.»
Auch Jacopo Riboldi, Umweltwissenschaftler an der ETH Zürich, warnt vor den negativen Folgen für die Wettervorhersage, die WMO und die Klimaforschung insgesamt.
«Die Kürzungen der Trump-Regierung werden zu einem enormen Wissensverlust führen. Es besteht die Gefahr, dass hochwertige Daten, die weltweit wissenschaftlich genutzt werden, nicht mehr verfügbar sind und dass Software nicht mehr gewartet wird oder nicht mehr reibungslos funktioniert», befürchtet Riboldi.
«Das hat Folgen für die künftige Forschung, denn es müssen alternative Instrumente neu entwickelt und Daten neu zusammengetragen werden.»
Die WMO spiele bei der Förderung der Klimaforschung und bei der Koordination öffentlich-privater Partnerschaften im Bereich der Wetterforschung eine entscheidende Rolle.
Sollte sich die US-Regierung unkooperativ zeigen und sich grundsätzlich querlegen, hätte dies weltweit gravierende Konsequenzen und könnte die Grundwerte der WMO untergraben, glaubt Riboldi.
Wettervorhersage weniger zuverlässig
Wie in den MedienExterner Link verschiedentlich zu lesen war, könnten die Kürzungen bei der NOAA die Zuverlässigkeit der amerikanischen Wettervorhersagen beeinträchtigen – auch für Meteorolog:innen in anderen Ländern ein Grund zur Sorge.
Australische Wissenschaftler:innen weisen darauf hinExterner Link, dass Personalkürzungen in den USA und das Aussetzen der internationalen Zusammenarbeit zu einer «Abkühlung» der Klimawissenschaft und in Australien zu deutlich weniger genauen Wetterprognosen führen würden.
Die Meteorologische Gesellschaft Japans zeigt sich «tief besorgt»Externer Link über die Kürzungen und deren Folgen «nicht nur für die Vereinigten Staaten, sondern auch für die internationalen Wetterdienste».
Meteoschweiz, der nationale Wetterdienst der Schweiz, nutzt die amerikanischen Wettervorhersagen und -analysen indirekt über den globalen Datenaustausch.
«Schränkt man diesen Austausch ein, stehen weniger Daten für die Wettermodelle zur Verfügung, was sich theoretisch auf die Qualität der Prognosen auswirken würde», meint Marco Gaia, Leiter Prognose und Beratung bei Meteoschweiz.
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Joyce Kitumai, eine kenianische Forscherin am Grantham-Institute für Klimawandel am Imperial College London, bezeichnet die Massenentlassungen und Mittelkürzungen in den USA als hochproblematisch.
«Dank der NOAA konnten wir jahrzehntelang genauere Vorhersagen treffen, extreme Wetterentwicklungen besser erforschen und globale Klimaprognosen optimieren. Ihre Erdbeobachtungssysteme, Satellitenprogramme und Ozeanüberwachungsnetze bilden die Grundlage zahlreicher internationaler Kooperationen», so Kitumai gegenüber Swissinfo.
«Wird die NOAA durch Personalabbau, reduzierten Datenaustausch, Budgetkürzungen oder eingeschränkte Forschungsarbeit nun geschwächt, dürfte dies die Qualität, Konsistenz und Verfügbarkeit dieser zentralen Informationen zweifellos beeinträchtigen.»
Ernste Auswirkungen drohten auch für ihr Heimatland Kenia, wo Extremereignisse wie Überschwemmungen und Dürreperioden häufig sind, meint Kitumai, die auch für das kenianische Wetteramt tätig ist.
«Wenn die NOAA zusammengeschrumpft oder der Zugang zu ihren Daten und Modellierungsinstrumenten einschränkt wird, hat dies Folgen für unsere Region, besonders für die langfristigen und saisonalen Prognosen, die für die Planung und die Katastrophenvorsorge äusserst wichtig sind», sagt sie.
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Editiert von Gabe Bullard/vdv, Übertragung aus dem Englischen: Lorenz Mohler/raf

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