Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Flugtickets – Klimaschutz inklusive

Hinter den Kondensstreifen der Flugzeuge verbergen sich gefährliche Treibhausgase. imagepoint

"Wollen Sie auch kompensieren?", werden Reisende demnächst am Reisebüroschalter gefragt, wo sie neuerdings beim Kauf eines Flugtickets eine freiwillige Klimagebühr bezahlen können.

Kompensiert werden dabei jene Tonnen Treibhausgas, die für den Flug pro Kopf freigesetzt werden. Die Stiftung myclimate investiert diesen Betrag in saubere Energieformen, um den CO2-Ausstoss weltweit zu vermindern.

Wer das Flugzeug benutzt, verursacht den Ausstoss von CO2. Dieses Treibhausgas trägt zum Klimawandel bei und verursacht damit hohe Kosten.

Flugreisende können diesen Umweltschaden mit einem freiwilligen Betrag von rund 43 Franken pro Tonne C02 kompensieren. Diese Klimagebühr stellt die Stiftung myclimate für die verursachten Umweltschäden in Rechnung: 43 Franken sind durchschnittlich notwendig, um eine Tonne CO2 anderswo einzusparen.

Demnach kostet ein Flug nach New York retour, bei dem fast 3 Tonnen CO2 freigesetzt werden, den umweltbewussten Reisenden rund 115 Franken Klimagebühr.

Outsourcing von CO2-Reduktionen

«In unserem Geschäftsmodell gestehen wir uns ein, dass der CO2-Ausstoss nicht von heute auf morgen reguliert werden kann», sagt René Estermann, Geschäftsführer von myclimate, gegenüber swissinfo.

Deshalb will myclimate die freiwilligen Gebühren dort einsetzen, wo sich der CO2-Ausstoss am effizientesten reduzieren lässt. Dies ist laut Estermann vorwiegend in den südlichen Ländern der Erde der Fall. Die Nachfrage nach innovativer, klimaverträglicher Technologie sei dort viel grösser als im Norden.

Damit dieses Outsourcing transparent bleibt, lässt sich die Stiftung ihre Projekte und Finanzierungen von Qualitätsagenturen zertifizieren. Diese überprüfen die myclimate-Projekte mit UNO-Standards, wie sie weltweit auch im Rahmen des Kyoto-Protokolls angewendet werden.

Solche CO2-Kompensationen können für Flugreisen zwar bereits seit fünf Jahren auf der myclimate-Website gekauft werden. Das Verfahren lief aber bisher separat vom eigentlichen Ticket-Kauf und war deshalb zeitraubend.

Neu kann jeder im Reisebüro gebuchte Flug auf Wunsch automatisch inklusive der myclimate-Gebühr für den CO2-Ausstoss berechnet und dem Reisenden ausgehändigt werden.

Möglich ist dies dank der Zusammenarbeit von myclimate mit Umbrella, einer Reisebüro-Softwarefirma. Am Reisebüro-Schalter lässt sich das myclimate-Ticket ausdrucken und dem Reisenden mitverrechnen, ähnlich wie zum Beispiel mit Flughafen-, Lande- oder Übergewichts-Gebühren.

Reisebranche im Zielkonflikt

«Die Reisebranche als starke Emissions-Verursacherin muss sich klimamässig engagieren», sagt Umbrella-Gründer Martin Bachmann. «Denn ohne eine intakte Natur wird es auch bald keinen Ferientourismus mehr geben.» Er verweist auf England, wo dank den Initiativen der Regierung Blair das «CO2-Offsetting»-Denken bereits viel weiter fortgeschritten sei.

Auf diesen Zielkonflikt der Reisebranche verweist auch der Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung. «Das klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen auf der Erde beträgt 3000 Kilogramm CO2,» sagt Christine Plüss gegenüber swissinfo.

Nur schon ein Flug nach Äypten verbrauche davon einen Drittel. Das im Alltag wieder einzusparen, sei kaum möglich. Zum Glück gebe es jetzt die Möglichkeit, mit einem Klimaticket von myclimate die CO2-Emissionen zu kompensieren.

Nicht nur Flugreisen, auch die WM oder das WEF

myclimate «neutralisiert» nicht nur Flugreisen, sondern auch Mega-Events wie die Fussball-WM 2006 in Deutschland oder das WEF in Davos. Die Fussball-WM zum Beispiel steht mit 100’000 Tonnen CO2 zu Buche.

Was während solchen Events an Treibhausgasen in die Atmosphäre geht, soll zum Beispiel in Form von Elektrizität aus Biomasse oder reparierten Kleinwasser-Kraftwerken an Emissionen wieder eingespart werden.

swissinfo, Alexander Künzle

Das Panel für Klimaveränderung der UNO, IPCC, schätzt, dass die Luftfahrt bis ins Jahr 2050 rund 3% des jährlichen CO2-Ausstosses verursacht.

Anfang Juni an der Konferenz der International Air Transport Association (IATA) standen die Emissionen von Treibhausgas der Luftfahrts-Branche und damit die Klimaveränderung im Vordergrund.

Der Branchenverband proklamierte dabei ein visionäres CO2-Emissionsziel von null bis 2050.

Dem effizienteren Einsatz von Treibstoff und dem Ankauf von Emissions-Zertifikaten (gemäss Kyoto-Protokoll) kommen dabei eine grosse Bedeutung zu.

myclimate ist eine internationale Initiative mit Schweizer Wurzeln.

2002 wurde das Projekt der ETH Zürich in Form einer Stiftung ausgelagert.

2006 schloss sich myclimate mit der privaten, ebenfalls schweizerischen Initiative CLiPP zusammen.

Die NGO gehört zu den führenden Anbietern von freiwilligen Massnahmen zur Kompensation von CO2-Emissionen.

Kunden sind Unternehmen, öffentliche Verwaltung, NGO, Events und Privatpersonen, wie Coca Cola, Helvetas, ETH, Bundesämter, Mobility, WWF UK.

myclimate fördert auch den öffentlichen Dialog über Klimaschutz. Ausstellungen, Schulprojekte, Podien sollen zur Sensibilisierung für das Thema Klimawandel beitragen.

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft