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Konvention soll Recht auf Wasser sicherstellen

Eine gesunde, saubere Umwelt ist eine unerlässliche Grundlage für die menschliche Entwicklung Keystone

Schweizer Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) fordern eine internationale Konvention, um Wasser als weltweites öffentliches Gut zu schützen.

Alliance Sud, ein Zusammenschluss von sechs Schweizer Entwicklungs-Organisationen, erhob diese Forderung an einer Tagung unter dem Motto «Zugang zu Wasser – ein Menschenrecht» vor dem diesjährigen UNO-Wassertag.

An der Veranstaltung in Bern nahmen Fachleute für Entwicklungshilfe und Menschenrechte sowie Vertreter aus Politik und Wirtschaft teil.

«Wir sind überzeugt, dass Wasser – ähnlich wie das Klima oder die Artenvielfalt – durch internationales Recht geschützt werden muss», erklärt Rosmarie Bär gegenüber swissinfo. Die Entwicklungsexpertin ist bei Alliance Sud zuständig für den Arbeitskreis Wasser.

Konvention als Instrument der Bürger

«Mit einer internationalen Wasser-Konvention hätten die Menschen in den einzelnen Ländern ein Instrument in der Hand, um auf nationaler und lokaler Ebene ihr Recht auf Wasser einzufordern und demokratische Mitsprache bei Entscheidungen in der Wasserpolitik zu erlangen», fügt Bär hinzu.

Eine UNO-Konvention zum Wasser könnte bis Herbst 2008 verabschiedet werden; den Weg dazu ebnete eine Resolution des UNO-Menschenrechts-Rats von Ende 2006. Bis zur Ratifizierung der Konvention dürften allerdings noch etliche Jahre vergehen.

Wolfgang Amadeus Brülhart, Chef der Sektion Menschenrechtspolitik im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), wies an der Tagung darauf hin, das Recht auf Wasser werde bereits implizit als Menschenrecht anerkannt, daher gehe es hauptsächlich darum, wie dies in der Praxis umgesetzt werde.

Umstritten: Einbezug der Privatwirtschaft

«Auf multilateraler Ebene setzt die Schweiz in erster Linie darauf, die relevanten Resolutionen und Erklärungen zu unterstützen», so Brülhart.

Um den Zugang der Menschen zu sauberem Trinkwasser und zu sicheren sanitären Einrichtungen zu verbessern, unterstützt das EDA in seinen Leitlinien eine verstärkte Kooperation mit der Privatwirtschaft und lokalen Behörden.

Ein verstärkter Einbezug der Privatwirtschaft wird jedoch von NGO-Seite stark kritisiert.

«Der Privatsektor kann eine Rolle spielen, Wasser darf aber nicht in Privatbesitz übergehen. Wasser ist ein öffentliches Gut, es sollte nicht einem privaten Monopol gehören dürfen», sagt Bär. «Der Zugang zu sauberem Wasser ist ein Menschenrecht, und die Staaten sind für die Respektierung der Menschenrechte verantwortlich.»

Maude Barlow, Mitbegründerin des Projektes «Blue Planet», das für einen gerechten Zugang zum Wasser kämpft, nutzte noch deutlichere Worte: «Nicht nur die Mineralwasser-Lobby profitiert von der Wasserkrise, es droht ein globales Wasser-Kartell.»

Gewässerschutz in der Schweiz

Der diesjährige UNO-Wassertag steht unter dem Motto «Wasserknappheit bewältigen».

Worte wie Wassermangel oder Wasser-Knappheit können zwar Bilder von Dürren auslösen, erklärten die Organisatoren der Tagung in Bern. Es geht jedoch darum, dass Landwirtschaft, Verstädterung, Industrialisierung, aber auch der Klimawandel weltweit enormen Druck auf die Wasserversorgung ausüben. Die Wasserverknappung geht zu einem grossen Teil zurück auf Verschmutzung und Verschwendung.

In der Schweiz ist die Qualität des Wassers grundsätzlich gut bis sehr gut. Sie wurde im Verlauf der letzten 50 Jahre deutlich verbessert, vor allem dank dem Bau von Abwasser-Reinigungsanlagen.

Dennoch steht auch die Schweiz beim Gewässerschutz noch vor einigen Herausforderungen. Dabei geht es nach Angaben des Bundesamts für Umwelt unter anderem um die Mikro-Verunreinigungen, Verunreinigungen mit Rückständen aus zahlreichen Anwendungen des täglichen Lebens.

«Solche chemischen Stoffe finden sich fast überall, in Waschmitteln, Zahnpasten, Medikamenten, Anstrichen oder Pestiziden – und sie landen alle im Wasser. Sie stammen aus den Haushalten, der Industrie und der Landwirtschaft», erklärt Stephan Müller, Chef der BAFU-Abteilung Wasser. «Auch wenn diese Stoffe meist nur in geringen Konzentrationen auftreten, haben sie dennoch schädliche Auswirkungen.»

Besonders problematisch seien hormonaktive Substanzen, erklärt Müller, denn diese könnten sich unter anderem auf die Fortpflanzung der Fische auswirken. Ein nationales Forschungsprogramm befasst sich zur Zeit mit diesem Problem.

Mikro-Verunreinigung – langsame Prozesse

Es gibt neue Technologien, um die Abwässer von solchen Chemikalien zu reinigen. Das Umweltamt hat daher ein Pilotprojekt gestartet, um die neuen Technologien zur Ausrüstung der Kläranlagen zu testen.

«Die genauen Auswirkungen der Mikro-Verunreinigung zu erkennen, ist nicht einfach, denn es geht hier um langsame Prozesse. Solche Produkte können zuerst nur ein paar einzelne Tiere betreffen, dann auf ganze Populationen und schliesslich auch auf ganze Ökosysteme übergreifen,» erklärt Müller weiter.

«Auf lange Sicht könnten sich diese Substanzen als sehr gefährlich und toxisch erweisen – mit Folgen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.»

swissinfo, Simon Bradley
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Die UNO-Generalversammlung erklärte 1992 in einer Resolution den 22. März zum Weltwassertag.

Die Staaten wurden dazu aufgerufen, an diesem Tag durch gezielte Aktionen jeweils das öffentliche Bewusstsein für die Wasserprobleme zu stärken.

Der diesjährige Tag steht unter dem Motto «Wasserknappheit bewältigen». Zuständig für den Wassertag ist im UNO-System die Welt-Ernährungs-Organisation (FAO).

Drei Viertel des Planeten sind von Wasser bedeckt, aber nur ein kleiner Teil davon ist Süsswasser.

Von diesem werden rund 70% zur Produktion von Nahrungsmitteln genutzt – bis zu 95% in gewissen Entwicklungsländern.

Kurz bevor er sein Amt als UNO-Generalsekretär aufgab, bezeichnete Kofi Annan Ende 2006 die globale Wasserkrise als «grösste Herausforderung für die internationale Gemeinschaft».

Nach UNO-Angaben hat mehr als einer von sechs Menschen – 1,1 Milliarden weltweit – nicht jeden Tag Zugang zu 20-50 Liter sauberem Wasser, was als Minimum dessen gilt, was ein Mensch zum Trinken, Kochen und Waschen braucht.

Zwei von fünf Personen haben keinen Zugang zu sicheren sanitären Einrichtungen. Jedes Jahr sterben 1,8 Millionen Kinder an den Folgen einer Krankheit, die auf verschmutztes Trinkwasser zurückgeht.

Nach Angaben des UNO-Entwicklungsprogramms würde es pro Jahr nur 10 Mrd. Dollar kosten, um das UNO-Millenniumsziel zu erreichen: Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser bis ins Jahr 2015 zu halbieren. Die 10 Mrd. sind weniger, als weltweit in 5 Tagen für militärische Zwecke ausgegeben wird.

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