Schweizer Projekte in der «Mazedonisierung»
Die Schweiz zählt mit ihrer Osthilfe in Mazedonien zu den kleineren Gebern. Mit ihren Projekten setzt sie aber wichtige Akzente, die Land und Bewohnern eine Perspektive bieten.
Wichtig ist den Verantwortlichen nicht nur die Realisierung, sondern die Weiterführung der Projekte durch gestärkte, lokale Behörden und Organisationen..
Labile politische Balance, Politiker, die nicht nur das Wohl des Landes im Sinn haben, wirtschaftliche Krise, Abfallberge, verdrecktes Wasser: Die Lage in Mazedonien ist desolat.
Es gibt aber auch Anlass zu Hoffnung. Häufig dort, wo andere Länder und Organisationen dem Land an der Schwelle zum Aufbruch unter die Arme greifen.
Wie die Schweiz: Rund zehn Mio. Franken fliessen aus dem Budget der Schweizer Osthilfe pro Jahr nach Mazedonien.
Mut für Zukunft
Jüngstes Kind der Schweizer «Geburtshilfe» ist die moderne Kläranlage von Kumanovo, die seit zwei Wochen die Abwasser der über 60’000 Bewohner reinigt. Als besonders erfreuliche Projekte nennt der Schweizer Botschafter Thomas Füglister spontan das «sehr rasch realisierte» Wiederaufbau-Programm für Schulhäuser, den Bau eines Wasserkraftwerkes in Tetovo oder das Schutzkonzept für den Ohridsee, «dem einzigen Ursee des Alpenraumes».
Damit trage die Schweiz nicht nur zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen in Mazedonien bei, sondern sie «macht ihnen Mut in einem sehr schwierigen Umfeld», fügt er an. Denn hätten sie eine Perspektive im eigenen Land, bräuchten sie ihr Glück nicht anderswo zu suchen.
Als Botschafter ist Füglister auch Chef des Schweizer Kooperationsbüros in Skopje, das die Programme durchführt und überwacht.
Kooperation im Kleinen
Operationeller Leiter des Kooperationsbüros ist Romain Darbellay von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).
Der Walliser zieht eine positive Zwischenbilanz: «Obwohl wir in der Vergangenheit sehr stark auf wechselnde politischen Situationen reagieren mussten, haben wir es in den letzten vier Jahren geschafft, ein kohärentes Programm anzubieten. » Und es sei gelungen, dies auch der Schweizer Öffentlichkeit zu zeigen», so Darbellay.
Kohärenz und Vernetzung bezeichnet er als Grundpfeiler des Schweizer Engagements. «Die Projekte sind nicht nur untereinander, sondern auch mit den politischen Instanzen Mazedoniens und den Programmen der anderen Geber wie der EU vernetzt», erklärt Darbellay.
Modellbeispiel Wasser
Das dies nicht bloss Theorie ist, illustriert das sogenannte RIMSYS-Projekt. Der Aufbau von Messstationen ermöglicht es dem staatlichen Institut für Wasserwirtschaft, Daten zu Menge und Qualität des Wassers zu erheben.
Mit diesen Instrumenten kann das Institut die Bewirtschaftung der Wasserressourcen und den Hochwasserschutz im ganzen Land planen. Gleichzeitig wird die Behörde in ihrer als Handlungsfähigkeit gestärkt, etwa für den Fall, dass sie die strengen EU-Richtlinien durchsetzen muss.
Der Grundsatz der Kohärenz schliesst nicht aus, dass der Schweizer Beitrag in einzelnen Bereichen eine einsame Speerspitze bildet. So bei der Wasseraufbereitung, mit den Kläranlagen in Kumanovo und Berovo, die jüngst eröffnet respektive in Angriff genommen wurden. Landesweit gibt es erst vier solcher Anlagen.
«Wir hoffen, dass jetzt andere ausländische Partner mitziehen, wie sie es auch beim Wiederaufbau-Programm für die Schulhäuser getan hatten», sagt Thomas Füglister.
Keine Einbahn
Früher sei die Entwicklungshilfe sehr schweizerisch ausgerichtet gewesen, sagt der Botschafter. Heute stehe die «Mazedonisierung» im Vordergrund, also die Weiterführung der Projekte nach Abzug der Schweiz.
Konkret bedeutet das in erster Linie die Stärkung lokaler Institutionen. «Ich bin überzeugt, dass wir bei unseren Projekten gerade den lokalen Instanzen gute Instrumente zur Verfügung stellen, um die extrem heiklen Probleme Mazedoniens lokal lösen zu können», sagt Darbellay.
Dennoch blickt er nicht durch eine rosa Brille. «Es gibt überall Schwierigkeiten, die Prioritäten richtig zu setzen. Das liegt aber nicht an den Menschen, sondern an der grossen Zahl der Probleme. » Die Schweizer Osthilfe wird deshalb noch während einiger Zeit sehr gefragt sein. «Weil die Transition in Mazedonien noch nicht abgeschlossen ist, ist unsere Arbeit immer noch nötig», sagt Romain Darbellay.
swissinfo, Renat Künzi, Skopje
Mazedonien ist seit Ende 2005 offiziell EU-Beitrittskandidat.
Die Umweltverschmutzung ist die grösste Hürde auf dem Weg in die EU.
Das Land mit seinen 2 Mio. Einwohnern verfügt nur über 4 Kläranlagen, es hat keine Kehrichtverbrennung.
Die Schweiz ist die grösste Geldgeberin bei der Verbesserung der Wasserqualität.
Sie finanziert auch wichtige Projekte in den Bereichen Abfallentsorgung, Naturschutz und Umweltmanagement.
Die Stärkung lokaler Institutionen ist Teil der Projekte.
Die lokalen Institutionen sollen die Projekte nach Abzug der Schweizer Partner selber weitergeführen können.
Am 26. November stimmt die Schweiz über die Weiterführung der Osthilfe ab. Mazedonien ist eines der Schwerpunktländer.
Die Schweiz finanziert Projekte von rund 10 Mio. Franken pro Jahr.
Sie verfolgt die drei Ziele demokratische Regierungsweise, Aufbau/Erneuerung der Basisinfrastruktur sowie eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
Damit soll die mazedonische Bevölkerung eine Perspektive erhalten und Abwanderunngen ins Ausland verhindert werden.
Bei allen Projekten stehen Bedürfnisse und Initiativen der lokalen Bevölkerung im Vordergrund.
Die Schweiz wählt die Partner für ihre Projekte sehr sorgfältig aus und kontrolliert den Projektverlauf sehr genau. Deshalb ist die Erfolgsquote der Schweizer Projekte sehr hoch.
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