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Trumps Druck auf die Wissenschaft erreicht die Schweiz

Menschen, die demonstrieren und Schilder in die Luft halten
Menschen protestieren gegen die von der Regierung von US-Präsident Donald Trump geplanten Kürzungen bei Bundesbehörden und in der medizinischen Forschung. EPA / Will Oliver

Die Trump-Administration hat der ETH Zürich einen Fragebogen zugestellt. Sie soll aufzeigen, wie ihre von den USA finanzierten Projekte mit den neuen "politischen Richtlinien" der USA übereinstimmen. Es wird vermutet, dass Projektkomponenten, die sich mit Klimafragen oder Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) befassen, im Visier der USA stehen. Was Sie darüber wissen sollten.

Was verlangt die Trump-Administration von der ETH Zürich?

Die ETH Zürich hat am 16. März gegenüber der NZZ am Sonntag bestätigt, dass sie von den US-Behörden einen Fragebogen erhalten hat, in dem Informationen über ihre von den USA finanzierte Forschung verlangt werden.

«Die ETH Zürich prüft derzeit in Absprache mit anderen Schweizer Hochschulen, wie sie den Fragebogen beantworten soll», sagt Sprecher Christoph Elhardt gegenüber SWI swissinfo.ch.

Um welche konkreten Projekte es sich handelt, will die Schweizer Universität zum Schutz der Betroffenen nicht sagen. Sie weist auch darauf hin, dass der Fragebogen von der amerikanischen Administration als «vertraulich» kategorisiert worden sei und sie deshalb keine weiteren Details nennen könne.

Einzig dies sagte sie gegenüber der NZZ am Sonntag zum Inhalt: «Es geht hauptsächlich um Fragen zur Einhaltung politischer Vorgaben der neuen US-Regierung.»

Basierend auf ähnlichen Erfahrungen in anderen Ländern werden einige der Fragen wahrscheinlich Gender-, Diversitäts- und Klimathemen betreffen. Diese hat der US-Präsident ins Visier genommen.

In den letzten Wochen kursierten in den sozialen Medien Auszüge ähnlicher Umfragen, die Fragen wie diese enthielten: «Können Sie bestätigen, dass es sich bei diesem Projekt nicht um ein Klimaprojekt oder ein Projekt zur ‹Umweltgerechtigkeit› handelt oder dass es solche Elemente enthält?»

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Sind andere Schweizer Universitäten betroffen?

Bisher hat keine andere Schweizer Hochschule gemeldet, dass sie einen Fragebogen erhalten hat.

Laut Luciana Vaccaro, Präsidentin von Swissuniversities, der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, ist es jedoch wahrscheinlich, dass auch andere Schweizer Universitäten, die US-Gelder erhalten, einen Fragebogen erhalten werden.

Vaccaro äusserte sich diese Woche gegenüber dem öffentlich-rechtlichen italienischsprachigen Schweizer Fernsehen RSIExterner Link besorgt über die US-Initiative. «Was mich beunruhigt, ist, dass die US-Regierung versucht, uns auf ein Niveau zu bringen, auf dem wir nicht sind», sagte sie und fügte hinzu, dass Wissenschaft «keine politische Partei» sei.

Einige Schweizer Politikerinnen und Politiker kritisierten das Vorgehen der USA. «In unserem Land herrschen Forschungsfreiheit und das Gebot der gleichen Rechte für alle. Wenn die USA diese hier beschneiden wollen, können und dürfen wir das nicht akzeptieren», sagte die freisinnige Nationalrätin Simone de Montmollin, Präsidentin der parlamentarischen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, der NZZ am Sonntag.

«Wenn diese Praxis grössere Dimensionen annimmt, dann muss die Politik einschreiten», so de Montmollin weiter.

Wie viel Geld erhalten Schweizer Hochschulen von der US-Regierung?

In den letzten zehn Jahren haben die Forschenden der ETH Zürich jährlich 2,8 Millionen Dollar (2,5 Millionen Franken) von der US-Regierung erhalten. Zurzeit laufen an der Hochschule 14 Forschungsprojekte, die von US-Regierungsinstitutionen finanziert werdenExterner Link. Sie decken laut ETH Zürich ein breites Themenspektrum ab, darunter auch spezielle Gesundheitsprojekte.

Ein Projekt wird beispielsweise von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in den USA finanziert. Diese ist im Rahmen der von der Trump-Administration eingeleiteten Entlassungswelle in den Bundesbehörden mit massiven Kürzungen konfrontiert.

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Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) hat im vergangenen Jahr fünf Finanzhilfevereinbarungen mit der US-Regierung über insgesamt 1,2 Millionen Franken abgeschlossen. Das Geld stammt von den Forschungsbehörden der Luftwaffe und der Armee sowie vom Energieministerium.

Die EPFL verfügt auch über laufende Subventionsverträge mit der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), den National Institutes of Health (NIH) und der Intelligence Advanced Research Projects Activity (IARPA).

Auch an anderen Schweizer Universitäten laufen von den USA finanzierte Projekte. In Basel sind es fünf Projekte in der medizinischen Grundlagenforschung, in Bern 15 Projekte im Umfang von 13 Millionen Dollar in den Bereichen Biomedizin und Weltraumforschung. Sie werden von den NIH, dem US-Verteidigungsministerium und dem Air Force Office of Scientific Research (AFOSR) finanziert.

Die Universität Zürich erhält nach eigenen Angaben jährlich rund eine Million Dollar von den NIH. Die Universität Genf hat nach eigenen Angaben sieben von den USA finanzierte biomedizinische Projekte im Wert von 2,5 Millionen Dollar laufen.

«Im Moment haben wir keine Anzeichen, dass ihre Finanzierung gekürzt werden könnte», sagt Antoine Guenot, Sprecher der Universität Genf, gegenüber SWI swissinfo.ch.

Welche anderen Länder sind von Trumps Initiative betroffen?

Führende australische Universitäten gaben am 13. März bekanntExterner Link, dass die Trump-Regierung einigen ihrer Forschenden die US-Finanzierung gestrichen und andere, die von der US-Regierung finanzielle Unterstützung erhalten, aufgefordert habe, in einer Umfrage nachzuweisen, dass ihre Arbeit mit den US-Interessen übereinstimme.

Die Group of Eight, ein Zusammenschluss der forschungsintensivsten australischen Universitäten, erklärte, dass diese Massnahme die wichtige medizinische und militärische Forschung des Landes gefährden könnte.

Die USA sind der grösste ausländische Geldgeber für die australische Forschung. Die Australian Academy of Science (AAS) schätzt, dass die US-Regierung bis 2024 insgesamt 386 Millionen Dollar für australische Forschungseinrichtungen bereitstellte.

Am 18. März gab die Canadian Association of University Teachers (CAUT), die 72’000 akademische und professionelle Mitarbeitende an mehr als 125 Universitäten und Colleges vertritt, bekannt: Forschende, die an Projekten arbeiten, die ganz oder teilweise von der US-Bundesregierung finanziert werden, hätten ebenfalls einen langen Fragebogen erhaltenExterner Link.

Damit wolle die US-Regierung feststellen, wie ihre Arbeit mit Trumps «America First»-Agenda übereinstimme. Der Fragebogen enthielt unter anderem Fragen zur Umweltgerechtigkeit, zu DEI-Elementen und zur «Stärkung des amerikanischen Einflusses in der Welt».

Auch Forschende der Universität Wageningen in den Niederlanden sollen Umfragen von Geldgebern der US-Regierung erhalten habenExterner Link. Den Forschenden wurde geraten, nicht zu antworten.

Warum geschieht das jetzt?

Die internationale Untersuchung der US-Regierung findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem Tausende von Forschenden und Unterstützenden der Wissenschaft in den USA und Europa am 7. März unter dem Motto «Stand Up for Science» gegen die Massnahmen der Regierung protestiertExterner Link haben. Diese zielen darauf ab, wissenschaftliches Personal in den USA abzubauen und die Forschungsausgaben weltweit zu kürzen.

Seit seinem Amtsantritt im Januar haben Trump und sein Team Tausende von Mitarbeitenden in den US-Wissenschaftsbehörden entlassen.

Die Entlassungen wurden als Teil einer grösseren Initiative präsentiert, um die Zahl der 2,3 Millionen zivilen Bundesbediensteten zu reduzieren, Geld zu sparen und die Behörden effizienter zu machen.

Aber die US-Regierung hat auch andere Ziele: Sie will die Forschung über DiversitätExterner Link, bestimmte ImpfstoffeExterner Link und die menschlichen Ursachen des Klimawandels einschränken.

Trump, der den Klimawandel als Schwindel bezeichnet, hat in seiner ersten Amtszeit mehr als 100 Umweltgesetze ausser Kraft gesetzt. Er machte Wahlkampf mit dem Versprechen «bohren, bohren, bohren» und gelobte, die Vorschriften für Unternehmen zu lockern, die fossile Brennstoffe fördern.

In seiner zweiten Amtszeit hat Trump im Rahmen eines Plans zum Rückbau von Umwelt- und KlimaschutzinitiativenExterner Link, welche unter dem ehemaligen Präsidenten Biden begonnen wurden, Mittel für Klimaprogramme und andere Umweltausgaben eingefroren, Forschende des Nationalen Wetterdiensts entlassen und die staatliche Förderung für erneuerbare Energien gekürzt.

Letzte Woche berichtete die New York Times über Pläne der US-Umweltschutzbehörde (EPA), ihr wissenschaftliches Forschungsbüro zu schliessen und mehr als 1000 Forschende und andere Mitarbeitende zu entlassen.

Die Trump-Regierung hat ausserdem Verweise auf den Klimawandel und die Erderwärmung von Regierungswebseiten entferntExterner Link und die Einstellung von DEI-Programmen angeordnet.

Editiert von Veronica De Vore/dos, Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub

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