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Warum ältere Frauen am stärksten von tödlichen Hitzewellen betroffen sind

Zwei alte Frauen, von denen eine einen Regenschirm über die andere Hält, zum Sonnenschutz.
Credit: Lynchpics / Alamy Stock Photo

Brutale Hitzewellen haben die Vereinigten Staaten, Indien und andere Teile der Welt heimgesucht. Ältere Menschen, insbesondere Frauen, sind am stärksten von den Auswirkungen betroffen ‒ wie auch die europäische Justiz bestätigt hat.

Das Jahr 2023 war das wärmste Jahr aller Zeiten und vielleicht sogar der wärmste Sommer seit 2000 Jahren, wie neue UntersuchungenExterner Link zeigen.

Hitzewellen kommen überall auf der Welt vor. Auch der Schweiz sind sie nicht fremd: 2003, 2015, 2018 und 2019 gab es glühende Sommer, 2022 und 2023 Rekordhitzewellen.

Hitzediagramm
Seit den frühen 1980er-Jahren steigt die durchschnittliche Temperatur in der Schweiz stetig und deutlich an. Meteo Schweiz

Da der vom Menschen verursachte Klimawandel die Temperaturen in die Höhe treibt, werden gefährliche Hitzewellen immer häufiger und heftiger, wie der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) festgestellt hatExterner Link. Das bleibt nicht ohne Folgen.

Ältere Menschen, vor allem solche über 75 Jahre, Frauen und Menschen mit chronischen Krankheiten gehören zu den am meisten gefährdeten PersonenExterner Link, wenn die Temperaturen über 30 °C steigen.

Hitzewellen und ältere Frauen standen auch im Mittelpunkt des bahnbrechenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Sachen Klima gegen die Schweiz im April 2024.

Die Strassburger Richter urteilten, dass Bern die Menschenrechte einer Gruppe älterer Schweizerinnen, den «Klimaseniorinnen», verletzt hat, weil es nicht genug gegen den Klimawandel unternommen hat.

In den dem Gericht vorgelegten Dokumenten klagten die älteren Klägerinnen über gesundheitliche ProblemeExterner Link, die sich bei Hitzewellen verschlimmern, und über die Auswirkungen auf ihr Leben.

In seiner Entscheidung räumte das Gericht ein, dass ältere Frauen häufiger an Hitzewellen sterben und ältere Schweizerinnen unverhältnismässig stark von der schwachen Klimapolitik der Schweiz betroffen sind.

Doch was sind die Ursachen für das höhere hitzebedingte Sterberisiko bei älteren Frauen?

Mehr Hitze- als Verkehrstote

In der Schweiz wurden im Jahr 2022 rund 500 hitzebedingte Todesfälle registriert, mehr als VerkehrstoteExterner Link. Alle waren über 75 Jahre alt, und in 60% der Fälle waren es Frauen.

Die Gruppe Klimaseniorinnen beruft sich auf ForschungsergebnisseExterner Link, die auf die grösseren Gesundheitsrisiken für ältere Frauen hinweisen.

Eine Studie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts aus dem Jahr 2022 zeigte beispielsweise, dass Schweizer Frauen über 75 Jahren das höchste hitzebedingte Sterberisiko haben: nämlich ein um 27% erhöhtes Risiko bei einem Temperaturanstieg von 22 °C auf 33 °C. Bei Frauen über 85 Jahren waren es sogar 31%.

Bei Männern im Alter von 75-84 Jahren war das Risiko dagegen um 21% erhöht, bei Männern über 85 Jahren um 16%.

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Forschungsergebnisse deuten auf verschiedene Faktoren, welche für höhere Sterblichkeit von Frauen bei heissem Wetter verantworlich sein können.

Frauen schwitzen weniger und sind aktiver

In einer der umfassendsten StudienExterner Link zu diesem Thema, die im Jahr 2021 veröffentlicht wurde, haben Forschende der Vrije Universiteit Amsterdam mögliche Ursachen ermittelt.

Dazu gehören Unterschiede beim Schwitzen ‒ Frauen schwitzen weniger und verlieren weniger Wärme ‒ sowie eine zusätzliche Belastung des Herz-Kreislauf-Systems von Frauen durch Hitze sowie Unterschiede bei Grösse und Gewicht, die sich auf die Fähigkeit von Frauen auswirken, Wärme im Körper zu verteilen.

Hitzestress kann zu verschiedenen Symptomen führen, die von kleinen, rötlichen Blasen an den Händen bis zur Ohnmacht reichen.

In extremen Fällen, wenn die Körpertemperatur über 39 °C (103 °F) steigt, kann dies zu einem Hitzschlag führen, der das Gehirn und andere innere Organe anschwellen lässt oder Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen verschlimmert und tödlich sein kann. Trotzdem scheinen viele Menschen nicht zu wissen, wie gefährlich extreme Hitze sein kannExterner Link.

Martina Ragettli, die am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze erforschtExterner Link, glaubt, dass es mehrere Erklärungen für das höhere hitzebedingte Sterberisiko bei Frauen gibt.

«Einige physiologische Mechanismen zur Regulierung der Körpertemperatur sind bei Männern und Frauen unterschiedlich. Zum Beispiel haben Frauen oft eine geringere Fähigkeit zu schwitzen oder eine schlechtere Akklimatisierungsfähigkeit», sagt sie gegenüber SWI swissinfo.ch.

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Hinzu kommt, dass Frauen mit zunehmendem Alter häufiger allein leben und niemanden haben, der sie daran erinnert, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen.

Ausserdem haben sie in der Regel ein geringeres Einkommen und verbringen mehr Zeit im Freien als Männer.

«Offene Fragen»

Ana Vicedo-CabreraExterner Link leitet die Gruppe Klimawandel und Gesundheit am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern. Sie glaubt, dass die Ursachen für das höhere Sterberisiko «noch eine offene Frage» sind.

«Einige Studien zeigen, dass Frauen aufgrund physiologischer Prozesse anfälliger für Hitze sind», sagt sie gegenüber SWI swissinfo.ch.

Sie weist darauf hin, dass einige ForschendeExterner Link auch die Schwankungen der Körpertemperatur von Frauen während des Menstruationszyklus und der Menopause angeführt haben, die ihre Fähigkeit zur Wärmeregulierung beeinflussen könnten.

Ein weiterer Risikofaktor ist jedoch, dass ältere Frauen einen aktiveren Lebensstil als Männer führen und daher im Sommer stärker hohen Temperaturen ausgesetzt sind, so Vicedo-Cabrera.

Gleichzeitig ist die Lebenserwartung von Frauen höher als die von Männern (85 Jahre bei Schweizerinnen, 81 Jahre bei Schweizern), «so dass wir davon ausgehen, dass es mehr Frauen gibt, die gefährdet sind», fügt sie hinzu.

Klicken Sie unten auf die gelben Schaltflächen, um die Daten zur hitzebedingten Sterblichkeit für verschiedene Altersgruppen zu vergleichen.

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Was auch immer die Gründe sind, die Auswirkungen von Hitzewellen können verheerend sein. Eine vergleichende epidemiologische Analyse, die letztes Jahr in Nature MedicineExterner Link veröffentlicht wurde, schätzt, dass während der Hitzewelle in Europa im Jahr 2022 63% mehr Frauen als Männer an den Folgen der Hitze starben.

Die Zahl der hitzebedingten Todesfälle und die Sterblichkeitsrate stiegen mit dem Alter stark an.

Die Mittelmeerländer ‒ Italien, Griechenland, Spanien und Portugal ‒ verzeichneten gemessen an der Bevölkerungszahl die höchsten Sterberaten. In absoluten Zahlen verzeichneten Italien, Spanien und Deutschland die meisten hitzebedingten Todesfälle: 18’010, 11’324 bzw. 8173.

Die Zahlen für die Schweiz waren niedriger und mit denen der Niederlande, Belgiens und Österreichs vergleichbar. Die hitzebedingte Sterblichkeitsrate der Schweizer Männer und Frauen lag etwa bei einem Drittel des europäischen Durchschnitts.

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Insgesamt stellten die Forschenden in allen Ländern eine grössere Anfälligkeit von Frauen für Hitze fest, insbesondere in den Altersgruppen 65-79 und 80+, wo die hitzebedingten Todesfälle um 6% bzw. 27% höher waren.

Im Gegensatz dazu gab es mehr hitzebedingte Todesfälle bei Männern im Alter von 0 bis 64 Jahren (+43 %). Die oben genannten Mittelmeerländer verzeichneten alle die höchsten Sterberaten bei Frauen.

Auswirkungen des Klimawandels

Eine weitere Studie Externer Linküber hitzebedingte Todesfälle in der Schweiz im Sommer 2022, die letztes Jahr von der Universität Bern veröffentlicht wurde, kam zu ähnlichen Ergebnissen.

Demnach war die vom Menschen verursachte globale Erwärmung für rund 60% der 623 Hitzetoten in der Schweiz verantwortlich.

Die Forschenden stellten fest, dass hitzebedingte Todesfälle in fast 90% der Fälle Menschen über 65 Jahren betrafen. Die Zahl der Todesfälle war bei Frauen generell höher als bei Männern, und ältere Frauen hatten die höchste Sterblichkeitsrate.

«Ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel wären im Sommer 2022 in der Schweiz nicht mehr als 370 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben», sagte Ana Vicedo-Cabrera.

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Debatte
Gastgeber/Gastgeberin Patricia Islas

Welche Massnahmen gibt es an Ihrem Wohnort, um die Bevölkerung vor Hitzewellen zu schützen?

Vielerorts leiden Menschen zunehmend unter starker Hitze, mehrere Länder müssen sich auf vermehrte gesundheitliche Auswirkungen einstellen.

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Editiert von Veronica De Vore/ts, aus dem Englischen übertragen von Marc Leutenegger

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