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Wasser für alle

Wasser soll von den Gemeinden verwaltet und nicht von Unternehmen gemanagt werden.

Entwicklungsorganisationen fordern anlässlich des internationalen Weltwassertages vom 22. März, dass Wasser ein für alle zugängliches Gut bleiben soll.

Um dies auf lange Frist nachhaltig sicherzustellen, brauche es globale Anstrengungen, und zwar im Norden wie im Süden.

Dass auf dem Planet Mars Eis, resp. Wasser entdeckt wurde, zählte wohl zu den sensationellsten Weltraum-News der letzten Jahre. Diese Erkenntnis hat völlig neue Perspektiven eröffnet, denn laut Wissenschaftern ist «Wasser gleichbedeutend mit Leben».

Doch einige Dutzend Millionen Kilometer von Mars entfernt, auf dem Planet Erde, scheint diese Erkenntnis irgendwie unterzugehen: Hier ist das Wasser jährlich am Tod vieler Tausend Menschen schuld. Vor allem, weil es verschmutzt oder zu teuer ist, oder einfach weil es zu wenig davon gibt.

Einer von sechs Bewohnern der Erde hat keinen Zugang zu Trinkwasser, und ein Drittel der Weltbevölkerung hat keine sanitären Basisanlagen zur Verfügung. Deshalb fordert die Schweizer Entwicklungsorganisation Helvetas zum Anlass des Weltwassertags «Wasser und sanitäre Anlagen für alle».

«Ohne sanitäre Grundversorgung und sauberes Trinkwasser ist nachhaltige Entwicklung nicht möglich. Eine gesicherte Wasserversorgung ist die Grundlage für alle übrigen Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut in der Welt», sagt der Geschäftsleiter von Helvetas, Melchior Lengsfeld.

Helvetas ist die älteste und grösste private Entwicklungsorganisation der Schweiz. Sie unterhält derzeit in elf Ländern Wasser- und Gesundheits-Programme. Dabei geht es um Planung, Bau und Unterhalt von Brunnen und Latrinen, aber auch um die Verbesserung der persönlichen Hygiene und die Entsorgung von Abwasser und Abfällen.

Gegen eine Privatisierung

Im letzten Jahrhundert nahm der Verbrauch von Wasser zwei Mal schneller zu als die Bevölkerung. Es ist deshalb absehbar, dass Wassermangel zu einem der grossen Probleme dieses Jahrhunderts wird.

Und von diesem Mangel werden in erster Linie Privatunternehmen profitieren wollen, schätzt Alliance Sud, die Dachorganisation der sechs grossen Schweizer Hilfswerke Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks.

«Wir wenden uns klar gegen das Prinzip der Wasser-Privatisierung», sagt die Alliance Sud-Chefin für das Tessin, Lavinia Sommaruga. «Denn Wasser sollte ein allen zugängliches Allgemeingut bleiben und von den lokalen Gemeinden verwaltet werden.»

Diese politische Position von Alliance Sud steht im Kontrast zu den Visionen grosser globaler Entwicklungs-Organisationen wie der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds. Diese tendieren eher dazu, die Wassermärkte zu liberalisieren.

Zumindest partiell ist dies auch die Meinung des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco) und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza).

Erfahrungen in verschiedenen Ländern des Südens wie Argentinien, Bolivien, Indonesien oder Tansania zeigen jedoch, dass die Wasserprobleme nicht einfach durch das Übertragen der Verteilung an Private gelöst werden können.

Im Norden nicht vergeuden

Nötig sei ein anderer Ansatz, zum Beispiel «eine internationale Konvention, die den Zugang zu Trinkwasser als grundsätzliches Recht anerkennt», so Sommaruga.

Tatsächlich ist das Recht des Wasser-Zugangs in den Deklarationen der UNO nirgends explizit erwähnt.

Zum Weltwassertag lädt Alliance Sud deshalb alle entscheidungstragenden Instanzen in diesem Bereich zur vermehrten und konkreten Anstrengungen ein. Angefangen bei der Schweizer Regierung, die sich zwar für eine solche internationale Konvention interessiert, die Angelegenheit jedoch nicht weiter verfolgt hat.

Doch es gehe nicht nur um Behörden. «Es geht um eine globale Verantwortung», so Sommaruga. «Die Länder des Nordens sollten vor allem die Wasserverschwendung eindämmen, besonders in der Industrieproduktion und im Agrarbereich.»

Dem Süden helfen

Den Ländern im Süden andererseits solle man helfen, die eigenen Wasserressourcen besser zu verwalten. Dazu brauche es eigentlich keine teuren Investitionen, so Sommaruga.

In den Dörfern Grundwasserbrunnen zu bohren, genüge heute nicht mehr, doppelt Claire Fischer von Helvetas nach. «Es braucht die Integration der Bevölkerung beim Projektieren, beim Verwirklichen und beim Instandhalten.»

swissinfo, Luigi Jorio
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander P. Künzle)

Die UNO-Generalversammlung erklärte 1992 in einer Resolution den 22. März zum Weltwassertag.

Die Staaten wurden dazu aufgerufen, an diesem Tag durch gezielte Aktionen jeweils das öffentliche Bewusstsein für die Wasserprobleme zu stärken.

Zuständig für den Wassertag ist im UNO-System die Welt-Ernährungs-Organisation (FAO).

Drei Viertel des Planeten sind von Wasser bedeckt, aber nur ein kleiner Teil davon ist Süsswasser.

Von diesem werden rund 70% zur Produktion von Nahrungsmitteln genutzt – bis zu 95% in gewissen Entwicklungsländern.

Kurz bevor er sein Amt als UNO-Generalsekretär aufgab, bezeichnete Kofi Annan Ende 2006 die globale Wasserkrise als «grösste Herausforderung für die internationale Gemeinschaft».

Nach UNO-Angaben hat mehr als einer von sechs Menschen – 1,1 Milliarden weltweit – nicht jeden Tag Zugang zu 20-50 Liter sauberem Wasser. Soviel braucht ein Mensch zum Trinken, Kochen und Waschen.

2,4 Mrd. haben keinen Zugang zu sicheren sanitären Einrichtungen. Jedes Jahr sterben 7 Millionen, davon 1,8 Millionen Kinder, an den Folgen einer Krankheit, die auf verschmutztes Trinkwasser zurückgeht.

Nach Angaben des UNO-Entwicklungsprogramms würde es pro Jahr nur 10 Mrd. Dollar kosten, um das UNO-Millenniumsziel zu erreichen: Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser bis ins Jahr 2015 zu halbieren. Die 10 Milliarden sind weniger, als weltweit in 5 Tagen für militärische Zwecke ausgegeben wird.

Der Bundesrat hat kürzlich den Vierjahreskredit für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) in der Höhe von 4,5 Mrd. Franken gutgeheissen, ebenso die 800 Mio. Franken für das Staatssekretarita für Wirtschaft (seco).

Die Regierung hält sich somit an einen Anteil von 0,4% Entwicklungshilfe am Bruttoinlandprodukt (BIP).

Um die globalen Millenniumsziele der Armutsbekämpfung (Hunger, Wasserzugang, Sanitärzugang) einzuhalten, bräuchte es 0,7% des BIP.

Entsprechende Parlamentsdebatten sind für den Sommer und den Herbst angesagt. Alliance Sud zielt auf eine Erhöhung dieses BIP-Anteils.

Innerhalb nur weniger Monate haben in der Schweiz 140’000 Personen die Petition «0,7% – zusammen gegen die Armut» unterschrieben.

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