1:2 gegen Türkei besiegelt EM-Aus für die Schweiz
Die Schweiz scheidet an der Fussball-EM nach der Gruppenphase aus: Die Mannschaft Köbi Kuhns hat am Mittwoch das Spiel der letzten Chance gegen die Türkei verloren.
Die Fussball-Schweiz kann es langsam nicht mehr hören: Gut gespielt, aber zum Schluss verloren. Unter der altbekannten Schweizer Fussball-Krankheit litt die Kuhn-Elf auch bei ihrem zweiten Auftritt an der Euro 08.
Zur Pause hatte alles noch gut ausgesehen: Die Schweiz führte erstmals in einem EM-Spiel 1:0. Doch in der zweiten Halbzeit kehrten die Türken den Match und warfen die Heimmannschaft mit dem 1:2 in der Nachspielzeit aus dem Turnier.
Zugegeben: Auch mit einem 1:1-Unentschieden wäre das Viertelfinale für die Schweiz praktisch unerreichbar gewesen. Denn sie hätten einerseits am Sonntag die Turnier-Mitfavoriten aus Portugal schlagen müssen, andererseits wäre ein Sieg der Türken über Tschechien für das Wunder nötig gewesen.
Den ersten Akzent des Spiels setzten weder Hakan Yakin oder Eren Derdiyok, die anstelle der verletzten Alex Frei und Marco Streller das neue Schweizer Sturmduo bildeten. Vielmehr war es Petrus, der nach der Startviertelstunde sintflutartige Regenfälle auf das Basler St. Jakobstadion herabstürzen liess.
Rasen unter Wasser
Mit den Verhältnissen an der Grenze der Regularität kamen die Spieler Köbi Kuhns besser zurecht als die Türken. Yakin, Derdiyok sowie Inler und Behrami entwickelten starken Druck, vor allem über die rechte Seite.
Eine erste grosse Chance bot sich dem Berner Hakan Yakin in der 23. Minute, als er seinen satten Schuss vom türkischen Schlussmann Volkan glänzend zur Ecke gelenkt sah. Der Hüter konnte sich gleich noch einmal auszeichnen, als er einen Freistoss Barnettas zum Corner abwehrte.
Kurz vor Ablauf der ersten halben Stunde wurde es erstmals heiss vor dem Schweizer Tor von Diego Benaglio: ein hart getretener Freistoss der Türken prallte von Benaglios Faust an den Kopf eines Gegners und von dort an den Pfosten.
«Türke» Yakin skort
In der 32. Minute dann die «Erlösung»: Derdiyok überlief rechts die türkische Verteidigung, bewies viel Übersicht und flankte vor das Tor, wo Stürmerkollege Yakin den Ball nur noch einzuschieben brauchte.
Aus Respekt vor den türkischen Fans verzichtete der türkischstämmige Yakin auf einen Torjubel, ähnlich wie der deutsche Lukas Podolksi. Der Stürmer mit polnischen Wurzeln hatte beide Treffer zum 2:0-Sieg Deutschlands über Polen geschossen.
Unmittelbar nach seinem Treffer hatte Yakin gar mit einer «100-Prozentigen» das 2:0 auf dem Fuss, aber sein Volleyschuss – erneut auf Flanke Derdiyoks – flog daneben.
Neues Spiel
Die zweite Halbzeit – der Regen hatte nachgelassen – zeigte eine besser eingestellte türkische Mannschaft, welche die Schweiz nun stärker unter Druck setzte.
In der 57. kam, was befürchtet werden musste: Der eingewechselte Sentürk glich per Kopf zum 1:1 aus. Goalie Benaglio war zwar mit den Fingern noch am Ball, doch da war er schon hinter der Linie.
Nach einer guten Stunde kam Johan Vonlanthen für den blassen Tranquillo Barnetta. Sofort brachte der starke Dribbler mehr Zug auf die linke Seite.
Der Tiefschlag
Die Stärkeverhältnisse kehrten 20 Minuten vor Spielende immer mehr zugunsten der in Weiss angetretenen Türken. Die Schweizer mussten nach mehreren heiklen Situationen vor Benaglio froh sein, dass sie nicht in Rückstand gerieten.
Das Aus für die Schweiz kam wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff: Mit einem satten Schuss bezwang Einwechselspieler Turan die Schweizer Verteidigung samt Hüter Benaglio.
Im letzten Spiel der Schweiz an der EM am Sonntag gegen Portugal geht es für die Heimmannschaft nur noch darum, sich in Würde von ihren Fans zu verabschieden.
swissinfo, Renat Künzi
Die Schweiz und die Türkei mussten für die WM 2006 in Deutschland in Bern und Istanbul zwei Barrage-Spiele gegeneinander austragen. Beide Spiele im November 2005 waren von Problemen begleitet.
In Bern wurde die türkische Nationalhymne ausgepfiffen, in Istanbul waren die Schweizer nach ihrem Einzug in die WM-Endrunde von türkischen Spielern und Funktionären attackiert und bis in die Garderoben verfolgt worden.
Spieler beider Mannschaften sowie Offizielle wurden von der FIFA bestraft. Die Türkei musste die Heimspiele zur Qualifikation für die Euro 2008 in «Geisterspielen» unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen.
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