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300 Jahre New Bern in North Carolina

Christoph von Graffenried. Bill Hand

2010 feiert die Kleinstadt New Bern ihr 300-Jahr-Jubiläum. Im Jahre 1710 reiste der Berner Christoph von Graffenried mit einer Gruppe von Auswanderern aus Deutschland und der Schweiz an die Ostküste von North Carolina und gründete dort die Siedlung New Bern.

Seit mehreren Jahren laufen die Vorbereitungen für die Festivitäten, unter anderem war New Bern daher in den letzten Jahren auch von vielen Baustellen geprägt. Strassen werden neu geteert, eine Brücke neu verlegt, ein neues Museum gebaut.

«Ich bin froh, wenn diese Bauerei vorbei ist, die Strassen wieder normal befahrbar sind, die Brücke offen ist», erklärt eine Bewohnerin der Stadt gegenüber swissinfo.ch.

Gleichzeitig freut sie sich auf das Jubiläumsjahr – und hofft wie viele andere, dass 2010 der Stadt auch wirtschaftlich einiges bringen wird, nicht zuletzt einen Aufschwung an Touristen.

Wie in einem Bienenstock

Im Rathaus herrscht in den letzten Wochen vor dem Auftakt zum Jubiläumsjahr – mit einem Fest am Sylvesterabend – emsiger Betrieb. Der Bürgermeister und seine mit der Organisation der Aktivitäten betreuten Helfer und Helferinnen rennen von einem Termin zum andern.

Bürgermeister Tom Bayliss ist nur noch wenige Wochen im Amt. Nach 16 Jahren als Mayor hat er jüngst die Wiederwahl in einer Stichwahl verloren.

Doch bevor er am 9. Dezember sein Amt an den Anwalt Lee Bettis übergibt, steht noch ein wichtiger Ausland-Termin auf seiner Agenda: Mit einer Delegation von gut 30 Personen reist Bayliss in die Schweiz und nach Deutschland, von wo die andere Hälfte der ersten Siedler New Berns ursprünglich stammt.

Ausstellung in Bern

In Bern wird Bayliss zur Eröffnung einer Gastausstellung im Historischen Museum erwartet, mit welcher der Verein «300 Jahre New Bern» das Jubiläum der ältesten Schweizer Siedlung in den USA würdigt.

«Diese Ausstellung ist eine grosse Ehre für uns», erklärt Bayliss im Vorfeld im Gespräch mit swissinfo.ch. «Seit 1896 gelten wir offiziell als Tochterstadt von Bern. Von der damaligen Stadtregierung erhielten wir eine Berner Flagge, und die Dokumente von damals sind hier bei uns im Rathaus ausgestellt.»

Hundert Jahre später sei die Freundschaft mit einem Besuch des damaligen Stadtpräsidenten (Klaus Baumgartner, NdR) aufgefrischt worden.

Bayliss unterstreicht auch die Verbindungen, die New Bern seit längerer Zeit mit der Familie von Graffenried im «alten» Bern hat, verweist darauf, dass Helmuth von Graffenried und seine Ehefrau Ehrenbürger von New Bern wurden. Ein Foto des Paares hängt im Rathaus.

«Auf jeden Fall freue ich mich auf meinen ersten Besuch in Bern.» Auch wenn er dafür etwas tun müsse, das ihm grosse Sorgen bereiten würde: «Ich habe nämlich Angst vor dem Fliegen.» Seit mehr als 20 Jahren hat er kein Flugzeug mehr bestiegen.

Wert der Traditionen

Die 300-Jahr-Feier sei wichtig, unterstreicht Bayliss. Nicht nur wirtschaftlich und wegen dem damit verbundenen Werbeeffekt.

«Es ist wichtig, unsere Geschichte, unsere Traditionen zu kennen, uns miteinander und unseren Unterschieden auseinanderzusetzen. Und zu lernen, dass wir letztlich trotz aller Individualitäten alle einfach Menschen sind.»

Viel habe sich verändert, seit sich die ersten europäischen Siedler vor 300 Jahren hier an der Ostküste North Carolinas niedergelassen hätten. Die Herausforderungen der heutigen Zeit seien ganz andere als damals, doch auch diesen gelte es sich zu stellen.

Historiker mit Flair für Europa

Auch der Historiker Nelson McDaniel, der Vorsitzende des 300-Jahr-Komitees, gehört zur Delegation, die nach Bern reist. Er kennt die Stadt von etlichen früheren Besuchen. Erstmals war er 1966 nach Bern gekommen.

«Ich studierte damals in Paris, und mein Vater liess mir keine Ruhe. Immer wieder drängte er, wenn ich schon in Europa sei, gehöre es sich, dass ich nach Bern reisen und dem Stadtpräsidenten Grüsse aus New Bern überbringen müsse.» Das tat er schliesslich auch und wurde von Reynold Tschäppät empfangen.

Etliche Jahre später lernte er per Zufall, bei einem Besuch im Restaurant Zähringer an der Aare, den heutigen Stadtpräsidenten kennen, der an einem Nebentisch sass und sich bei der Englisch sprechenden Gruppe erkundigte, woher sie denn käme.

Ein Wort ergab das andere. Schliesslich stellte sich heraus, dass der Mann der Sohn von Reynold Tschäppat war, Alexander, seines Zeichens auch wieder Stadtpräsident von Bern.

«Mit Bern fühle ich mich emotional verbunden», erklärt McDaniel. Bern habe der Stadt New Bern nicht nur ihr Wappen geschenkt, sondern auch all die Bären, auf die man in der Stadt treffe. «Bern hat unserer Stadt einen wichtigen Teil ihrer Identität gegeben.»

Auch wenn man in New Bern heute kaum mehr auf Familiennamen stösst, die an die Schweiz erinnern.

swissinfo.ch, Rita Emch, New Bern

Vor 300 Jahren gründet der Berner Christophe de Graffenried an der Ostküste der USA in North Carolina die Siedlung New Bern. Die harten Anfänge, geprägt von Kriegen mit den dort bereits lange ansässigen Indianern, überlebte kaum jemand aus der Gruppe der Siedler, zu der neben Auswanderern aus Bern zahlreiche Deutsche aus der Pfalz gehörten, die zuvor nach England geflohen waren.

1766 wird New Bern Sitz des britischen Gouverneurs in North Carolina. Es folgt die amerikanische Revolution. 1776 unterzeichnet North Carolina die Unabhängigkeits-Erklärung, New Bern wird zur ersten Hauptstadt des unabhängigen Staates North Carolina.

Im Sezessionskrieg 1861-1865 steht North Carolina auf Seite der Konföderierten. 1862 nehmen Nordstaaten-Truppen das strategisch wichtige New Bern ein.

2010 feiert die Stadt New Bern, in der etwa 28’000 Menschen leben, ihr 300-Jahr-Jubiläum mit zahlreichen Aktivitäten. Der Startschuss fällt in der Sylvesternacht mit einer grossen Feier.

Vom 16. bis 19. September findet das offizielle 300-Jahr-Jubiläums-Wochenende statt, zu dem auch eine Delegation aus Stadt und Kanton Bern erwartet wird.

Der Verein «300 Jahre New Bern» würdigt das Jubiläum der ältesten Schweizer Siedlung in den USA mit einer Ausstellung im Historischen Museum Bern.

Elf Szenen zeigen die Geschichte New Berns. Themen sind unter anderem die bernische Auswanderung im frühen 18. Jahrhundert und das Leben des Stadtgründers Christophe de Graffenried.

Ergänzt wird die Ausstellung durch eine multimediale Schau über das New Bern von heute.

Die Ausstellung dauert vom 4. Dezember 2009 bis 16. Mai 2010. Danach soll die Ausstellung auch in New Bern gezeigt werden.

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