Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

40. Prix de Lausanne als Magnet für Tanz-Stars

Der Prix de Lausanne - ein Sprungbrett für viele Ballett-Hoffnungen. prixdelausanne.org

Der Prix de Lausanne, einer der international wichtigsten Nachwuchs-Wettbewerbe im Ballett-Tanz, feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Höhepunkt der Jubiläumsausgabe ist die Gala vom 5. Februar. Tanzbegeisterte kommen online auf ihre Rechnung.

Jedes Jahr Anfang Februar wird Lausanne für eine Woche Ballett-Hauptstadt der Welt. Dann tanzen 15- bis 18-jährige Nachwuchshoffnungen aus den besten Akademien der Welt um den Prix de Lausanne.

Dabei können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Unterstützung durch Tanzkoryphäen zählen, die mit den Grössten der Ballettwelt zusammen gearbeitet haben.

Der Jubiläums-Wettbewerb dauert bis am 4. Februar. Darauf bestreiten 25 Stars der internationalen Ballettszene, die meisten von ihnen frühere Gewinnerinnen und Gewinner des Prix de Lausanne, einen Gala-Abend. Darunter sind Laëtitia Pujol, Primaballerina des Balletts der Pariser Oper, Friedemann Vogel, Solotänzer des Stuttgarter Balletts, Federico Bonelli vom Royal Ballet London oder Mizuka Ueno vom Ballett Tokio.

Zukunftsweisend

«Es wird absolut atemberaubend», verspricht Beth Krasna, Präsidentin des Kuratoriums und des Organisationkomitees der Veranstaltung. Von den 75 Teilnehmenden, die sich dem diesjährigen Wettbewerb stellen, werden es 20 in den Final schaffen. Die besten Acht erhalten zum Prix de Lausanne ein Stipendium für eine Ausbildung an einer Akademie ihrer Wahl.

Der Bewerb war 1972 von Philippe Braunschweig, einem Erben und Manager eines Schweizer Uhrenhersteller-Unternehmens, und seiner Frau Elvire, einer russischen Primaballerina, gegründet worden. Beteiligt waren auch die legendäre amerikanische Tänzerin Rosella Hightower und als Partner unter anderen Maurice Béjart aus Brüssel sowie das Royal Ballet in London.

«Die Gründer hatten eine sehr starke Vision», sagt Krasna, schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin, die aus der Privatwirtschaft kommt. Das Ziel, junge Talente für die Tanzwelt von morgen zu finden, sei bis heute dasselbe geblieben. «Darüber hinaus dient der Preis als Sprungbrett für hoffnungsvolle Talente, die sonst vielleicht nie in Kontakt zu berühmten Truppen gekommen wären.» Krasna weist zudem darauf hin, dass der Preis inzwischen auch für die Sparte zeitgenössischen Tanz offen sei.

Im Verlauf der vier Jahrzehnte hat die Zahl der internationalen Partnerschulen und -truppen des Wettbewerbs auf 21 (Ballett) respektive 29 (zeitgenössischer Tanz) zugenommen. Das zeugt vom hohen Prestige des Events.

Ganzheitlicher Ansatz

In Lausanne steht aber nicht nur der Wettbewerb im Vordergrund, es geht auch stark um Aspekte, die das Leben der Teilnehmenden nach ihren Jahren als Tänzerinnen und Tänzer betreffen. «Unsere Philosophie ist ganzheitlich», sagt Krasna und streicht die Bereiche Bildung und Gesundheit hervor.

Die Teilnehmenden müssten wissen, dass Tanz nicht alles sei. «Wir wollen, dass die jungen Menschen ihre Schulen beenden, selbst wenn sie einen Platz an einer Akademie im Ausland ergattern.» Im Falle von Sprachproblemen, die öfters der Fall seien, empfiehlt Krasna den jungen Tanzenden begleitete Kurse.

Um dem Aspekt der Gesundheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rechnung zu tragen, gibt es in Lausanne eine medizinische Untersuchung.

Spezielles Augenmerk gilt dabei den Phänomenen der Ess-, Brech- und Magersucht, denn auch auf den Ballettbühnen der Welt wirbeln junge Tanzende, die durch eine extrem dünne Figur auffallen. Damit zusammen hängt die Gefahr von Osteoporose, einem Defizit in der Dichte der Knochen. Ein solches macht sich insbesondere dann bemerkbar, wenn sich Menschen, die grosse physische Leistungen erbringen, ungenügend ernähren.

Tanz digital

Der Wettbewerb geniesst eine riesige Beachtung nicht nur in den internationalen Medien, sondern auch bei Ballettfreundinnen und -freunden in aller Welt. Sie alle können quasi live in Lausanne dabei sein.

Möglich macht dies die digitale Strategie. Erarbeitet und umgesetzt hat sie Jean-Paul Dinh, der den Ruf eines «Web-Gurus» geniesst. Im Vorfeld waren Videos und gar ein Adventskalender auf Youtube hochgeladen worden. Letzterer wurde in der Weihnachtszeit nicht weniger als sechs Millionen Mal angeklickt.

«Wir versuchen über die neuen sozialen Medien nicht nur unsere Botschaft zu verbreiten, sondern auch die Emotionen des Balletts und den besonderen Geist des Wettbewerbs», sagt Jean-Paul Dinh. Selbstredend wird der Wettbewerb via Live Streaming auf allen aktuellen Kanälen zu sehen sein.

Direktorin Beth Krasna ist über den Sprung des Festivals ins digitale Zeitalter begeistert. «Es ist unglaublich, während des Wettbewerbs rangiert unsere Webseite unter den Top 100 der Welt, noch vor denjenigen des WEF in Davos und des Vatikans!»

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts die russischen Ballett-Koryphäen Serge Diaghilev und Vaslav Nijinski nach Lausanne gekommen waren und sich ebenfalls der französisch-russische Tänzer Serge Lifar an den Gestaden des Genfersees niederliess, war der Ruf Lausannes als Metropole des Tanzes besiegelt.

Zur Geschichte Lausannes als Stadt des Tanzes ist soeben ein Buch erschienen, das mit den zahlreichen Jubiläumsfeierlichkeiten in diesem Jahr endet. Zu diesen gehört auch das 25. Jubiläum der Ankunft des «Ballets du XXième Siècle» von Maurice Béjart, welches die Wettbewerbsgründer Philippe und Elvire Braunschweig nach Lausanne geholt hatten.

Welche Bedeutung der Wettbewerb für die Nachwuchshoffnungen haben kann, wird aus den Aussagen zweier ehemaliger Preisträger klar. «Der Prix de Lausanne war ein enormer Karrieresprung, der mir viele Türen geöffnet hat», sagt Steven MacRae. Der Gewinner von 2003 ist heute Solotänzer des Royal Ballet in London.

«Folge deinen Träumen und tanze mit deinem Herzen», fasst Emanuel Amuchástegui, der Sieger von 2010, seine Erfahrungen aus Lausanne zusammen.

Der Wettbewerb ist Hauptzweck der Fondation d’art chorégraphique, der Beth Krasna vorsteht.

Bisher haben drei Auflagen im Ausland stattgefunden: 1985 in New York, 1989 in Tokio und 1995 in Moskau.

Der Wettbewerb geniesst grosse internationale Beachtung. In Japan ist die Begeisterung besonders gross.

Die Organisation des Anlasses obliegt einem kleinen Team, das nur etwas mehr als vier Vollstellen umfasst. Ermöglicht wird der Preis durch eine Vielzahl von Freiwilligen, zu denen auch die Jury selber gehört.

Das Budget beträgt 1,3 Mio. Franken, das je zu einem Drittel von der Stadt Lausanne, vom Kanton Waadt und von der Loterie Romande stammen. Auch private Sponsoren sind beteiligt.

Der Wettbewerb kann auf Youtube, Facebook, Myspace und Twitter verfolgt werden. iPhone und iPad ermöglichen zudem Live Streaming.

Seit 1972 haben rund 4200 junge Tänzerinnen und Tänzer aus 77 Ländern am Prix Lausanne teilgenommen.

236 Nachwuchstalente wurden ausgezeichnet, darunter Ethan Stiefel, Darcey Bussell, Christopher Wheeldon, Alessandra Ferri, Diana Vishneva, Carlos Acosta, Marcelo Gomes und Julie Kent.

Dieses Jahr sind 47 Mädchen und 32 Jungen aus 19 Ländern dabei.

(Übertragung aus dem Englischen: Renat Kuenzi)

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft