Alberto Giacometti: Maler, Bildhauer, Poet
"Wie soll man heutzutage über die Malerei sprechen? Nur das Leben interessiert mich." Diesen Satz schrieb einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts: der Maler, Bildhauer und Schriftsteller Alberto Giacometti. Vor 100 Jahren wurde er im Val Bregaglia im Kanton Graubünden geboren.
Alberto Giacometti kam am 10. Oktober 1901 in Borgonovo, im Val Bregaglia, als Sohn des Malers Giovanni und dessen Ehefrau Annetta, geborene Stampa, zur Welt. Schon in jungen Jahren zeigte sich sein grosses Talent: Er zeichnete und bastelte, gefördert von seiner Familie.
Nachdem er einige Jahre im evangelischen Gymnasium im Bündner Ort Schiers verbracht hatte, beschloss er, in Genf und später in Paris Kunst zu studieren. Paris wurde seine Wahlheimat, obwohl die Beziehungen zur Familie, vor allem zur Mutter, und zu seiner eigentlichen Heimat sehr eng waren und stets blieben. Regelmässig kehrte er nach Stampa zurück, wohin seine Familie kurz nach Giacomettis Geburt gezogen war.
Pariser Einfluss
In Paris lernte Giacometti schon bald die bekanntesten Künstler und Intellektuelle jener Zeit kennen. Er experimentierte mit dem Kubismus, wandte sich einige Jahre dem Surrealismus zu, bevor er in den 30er Jahren die Figur, vor allem die menschliche Figur, entdeckte. Es folgten Jahre intensiver künstlerischer Tätigkeit.
Zwischen 1937 und 1947 entwarf er Skulpturen, die stets kleiner und feiner wurden, bis sie beinahe in eine Streichholzschachtel passten. Dann wieder wuchsen die Figuren, immer jedoch blieben sie zart, fleischlos. Es sind wohl diese Skulpturen, welche zu den berühmtesten Werken Giacomettis gehören.
Kampf mit der Materie
Mitte der 50er Jahre wird Giacometi von seinem Ruhm eingeholt. Seine Werke werden immer öfters in Europa und in den Vereinigten Staaten ausgestellt. Doch der Ruhm interessierte Giacometti kaum. Er lebte und arbeitete weiterhin in seinem bescheidenem Atelier in der Rue Hyppolite Maindron in Paris.
Zu Beginn der 60er Jahre erkrankte Giacometti. Ein Spitalaufenthalt im Jahre 1965 brachte keine Genesung. Giacometti starb am 11. Juni 1966 in seinem Heimatkanton Graubünden. Sein Grab befindet sich in Borgonovo, seinem Geburtsort.
Giacometti versuchte stets, die Dinge derart wiederzugeben, wie er sie sah, erklärt der Kunsthistoriker Jean Soldini. Giacometti, so der Experte, beziehe sich damit auf den französischen Impressionisten Cézanne. Er zeige, was er sehe, nicht wie die Dinge uns erscheinen würden.
Diesem künstlerischem Credo blieb Giacometti stets treu. Vor allem in jenen Jahren, als Giacometti mit dem Surrealismus liebäugelte, zeigte sich seine Vorliebe für die Figur, für die sichtbare Realität. Das Leben, für das Giacometti eine bewundernswerte Passion empfand, war der Motor seines ewigen Kampfes mit der Materie.
Andrea Tognina
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