Die internationalen Gesichter einer Schweizer Legende
1920: Die erste Kinoproduktion von Johanna Spyris Buch war ein Stummfilm, mit dem New Yorker Kindermodel Madge Evans (1909-1981, rechts). Evans war in weiteren Filmen zu sehen, darunter im Musical "Pennies From Heaven" (1936) mit Bing Crosby. Sie verliess Hollywood nach ihrer Hochzeit 1939. (ne.jp)
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1937: Der Musicalfilm mit Shirley Temple (1928-2014) war ein kommerzieller Erfolg und verstärkte in den USA das Image der Schweiz als Bergparadies. Doch keine einzige Szene dieses Films wurde in der Schweiz gefilmt – die Alpenszenen wurden am Lake Arrowhead in Kalifornien gedreht. Temple zog sich mit 21 aus dem Filmgeschäft zurück, gründete eine Familie und wurde später in der Politik aktiv. Sie bekleidete verschiedene diplomatische Posten in republikanischen Regierungen. (Keystone / The Granger Collection, New York)
Keystone/ The Granger Collection, New York
1952: Die erste Produktion in deutscher Sprache war auf Schweizerdeutsch. Elsbeth Sigmund (geb. 1942) aus Winterthur spielte Heidi. Nach drei Heidi-Filmen stieg Sigmund aus und wurde Lehrerin. (akg images)
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1958: "A Gift For Heidi", in der Hauptrolle Sandy Descher (geb. 1945). Sie wandte sich im gleichen Jahr dem Fernsehen zu und gab die Schauspielerei 1966 auf. Sie wurde mehrmals vom FBI vernommen, nachdem eine besessene Stalkerin überzeugt war, dass Descher ihre vor langer Zeit vermisste Tochter sei. (Keystone/ Everett Collection / Everett Collection)
Keystone/ Everett Collection / Everett Collection
1965: Im österreichischen Film war Eva Maria Singhammer (geb. 1956) Heidi. Ihre Eltern betrieben einen Berggasthof in Bayern, nahe der Grenze zu Österreich. In einer Münchner Zeitung wurde sie einmal als "Deutschlands höchste Schülerin" beschrieben, weil sie jeden Tag die Gondelbahn ins Tal nehmen musste. Heute lebt Singhammer auf der Kanarischen Insel Fuerteventura, wo sie während fast 25 Jahren ein Restaurant führte. (picture alliance)
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1968: Im US-Fernsehfilm spielte Jennifer Edwards (geb. 1957), Tochter von Regisseur Blake Edwards ("Der rosarote Panther") und Stieftochter von Julie Andrews ("The Sound of Music") die Hauptrolle. Michael Redgrave war "Alpöhi" und Maximilian Schell Klaras Vater. Der Film wurde berühmt-berüchtigt, weil er über das Ende eines Football-Spiels ausgestrahlt wurde, das heute als "Heidi Game" bekannt ist. (Keystone / INTERFOTO/Alois)
Keystone/INTERFOTO/Alois
1974: Die japanische Anime-TV-Serie "Heidi" mit 52 Folgen des Oscar-prämierten Animationsfilmers Hayao Miyazaki ist ein Grosserfolg. Die Serie wurde später in zahlreiche Sprachen übersetzt. (RDB)
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1978: Die Österreicherin Katia Polletin (geb. 1967) war der Star der beliebten TV-Serie mit 26 Folgen. Die deutsch/schweizerisch/australische (ja, australische!) Serie bleibt vielen besonders wegen ihrer sehr eingängigen Titelmelodie im Gedächtnis. Polletin wurde in Beirut geboren (ihr Vater arbeitete für die UNO), zog aber 1975 nach Wien. Sie studierte später Architektur und führt heute mit ihrem Mann ein Hotel in den österreichischen Alpen. Diese Heidi-Version wurde unter anderem auch von der BBC gezeigt. (Keystone / Photopress-Archiv)
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1978: Katy Kurtzman (geb. 1965) spielte die Hauptrolle in "The New Adventure of Heidi", einem TV-Musical, dessen Stadtszenen nicht in Frankfurt, sondern in New York spielen. Die Alpenszenen wurden in Snowmass, Colorado gedreht. Kurtzman hatte Auftritte in "Unsere kleine Farm" und später auch in "Denver Clan". (Keystone / Everett Collection)
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1990: Im Film "Courage Mountain", einer frei interpretierten Fortsetzungsgeschichte, spielten Juliette Caton (geb. 1975) und Charlie Sheen (geb. 1965) ein junges Liebespaar im Ersten Weltkrieg. Jan Rubes spielte den Grossvater. Caton spielte seit 2000 in keinem Film mehr mit. (picture alliance)
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1993: Der TV-Zweiteiler von Walt Disney mit Noley Thornton (geb. 1983) wurde in Salzburg und Tirol gedreht. Thornton trat in zahlreichen TV-Serien auf, darunter "Quantum Leap" und "Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert" sowie "Raumschiff Enterprise – Deep Space Nine". Seit der Serie "Beverley Hills, 90210" hat sie keine Rollen mehr gespielt. (Keystone / United Archives / IFTN)
Keystone/United Archives/IFTN
2001: Im Schweizer Film von Markus Imboden wurde die Geschichte radikal modernisiert, sowohl was die Psychologie der Charaktere betrifft (der störrische Peter wurde cool), als auch die eingesetzten Gadgets (Heidi und Peter kommunizierten per Internet und SMS). Der Film war ein Flop. Die Hauptrolle spielte die deutsche Schauspielerin Cornelia Gröschel (geb. 1987, links), die weiterhin Filme dreht. (Vegafilms.com)
Vegafilms.com
2005: Staraufgebot im englischen Kinofilm: Die irische Schauspielerin Emma Bolger (geb. 1996) spielte mit Max von Sydow, Geraldine Chaplin und Diana Rigg. Bolger hatte bereits 2002 im Oscar-nominierten Film "In America" gemeinsam mit ihrer Schwester Sarah gespielt. Seit 2006 ist sie in keinem Film mehr aufgetreten. (AFP)
AFP
2015: Die einheimische Anuk Steffen (geb. 2005) spielt im ersten klassischen Schweizer Heidi-Film seit 1952. Regisseur Alain Gsponer sagte gegenüber swissinfo.ch, Steffen habe beim Casting 500 Mädchen ausgestochen, "weil sie diese lebhaften Augen hat und sich sehr intelligent benahm. Ich suchte nach einer Person mit Energie, die gleichzeitig zerbrechlich wirkt und in deren Augen man sehen kann, was sie durchgemacht hat". (Keystone / Zodiac Pictures / Matthias Fleischer)
Matthias Fleischer bvk
Das Leben als Kinderschauspielerin ist nicht einfach. Für einige kann der Druck, quasi auf der Leinwand aufzuwachsen, zu gross werden. Andere schaffen den Sprung in eine erfolgreiche Karriere in der Schauspielerei oder anderswo. Was geschah mit den Dutzenden junger Mädchen, die in die Rolle der Film-Heidi geschlüpft sind?
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Ich schreibe Artikel über und für die Auslandschweizer:innen, über «die ungewöhnliche Schweiz» sowie tägliche/wöchentliche Briefings. Ausserdem übersetze, editiere und redigiere ich Artikel für die englische Redaktion und spreche Voiceover-Kommentare für Videos ein.
Ich bin in London geboren, habe einen Abschluss in Deutsch/Linguistik und war Journalist bei der Zeitung The Independent, bevor ich 2005 nach Bern gezogen bin. Ich spreche alle drei offiziellen Amtssprachen des Bundes und geniesse es, die Schweiz zu bereisen und sie zu üben, vor allem in Pubs, Restaurants und Gelaterias.
Die Geschichte des aufgeschlossenen Waisenmädchens spricht die Massen – und deshalb auch die Produzenten – seit fast 100 Jahren an. Von der Schweiz über Japan bis nach Hollywood und Bollywood garantiert die Kombination von tollen Landschaften, einem niedlichen Mädchen und einem Happyend Erfolge an den Kinokassen (ausser bei einigen Fehlkalkulationen).
Wie sah Autorin Johanna Spyri ihre Heldin? Sie gibt zwar keine genaue Beschreibung, schreibt aber über «ein Kind (…), dessen Wangen so glühend waren, dass sie selbst die sonnverbrannte, völlig braune Haut des Kindes flammendroth durchleuchteten. (…) Das kleine Mädchen mochte kaum fünf Jahre zählen». Im Buch fragt ihre Freundin Klara: «Hast du immer nur so kurzes, krauses Haar gehabt?»
Aus praktischen Gründen machten Produzenten und Regisseure ihre Heidis ein paar Jahre älter. Die meisten Schauspielerinnen waren um die zehn Jahre alt. Viele der amerikanischen Heidi-Girls hatten blonde Zöpfe, mit der bemerkenswerten Ausnahme von Shirley Temple und ihrem Markenzeichen, den Korkenzieherlocken.
Spyris Beschreibung am nächsten kam vielleicht Katia Polletin, auch wenn Anuk Steffen in der aktuellen Filmversion ihr auch sehr ähnelt, ist erst einmal ihr Haar abgeschnitten. Wie haben Sie sich Heidi vorgestellt, als Sie das Buch gelesen haben?
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