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«Am Sonntag kommen die Schnäppchen-Jäger»

Iwan Wirth, Galerist: "Die Art Basel lohnt sich auf jeden Fall." swissinfo.ch

Die Art Basel bietet Kunst für jedes Budget. Bei der Berner Galerie Annex14 an der Nebenmesse Scope kostet das kleinste Werk 1000 Franken. Bei Hauser & Wirth in der Halle 2 liegt der Preis des grössten im Millionenbereich.

Am Sonntag geht die weltweit wichtigste Kunstmesse zu Ende. Doch bis dahin herrscht Hochbetrieb. Bei der renommierten Galerie Hauser & Wirth wird neben zwei Kunststoff-Kisten gerade ein Schild angebracht: «Christoph Büchel: Election Kit». Die «Wahlurnen für 1000 Stimmberechtigte» sind für 45’000 Franken zu haben.

Der Schweizer Künstler ist berühmt-berüchtigt für seine gigantischen Installationen – eine davon war an der letztjährigen Art Unlimited zu sehen – aber auch dafür, den Kunstmarkt ad absurdum zu führen.

«Die Art Basel ist die teuerste Kunstmesse, aber zugleich die Gebärmutter aller Messen, deshalb zahle ich die Miete hier gerne, es lohnt sich auf jeden Fall», sagt Iwan Wirth gegenüber swissinfo.

Hauser & Wirth gehört zu den grössten, international ausgerichteten Schweizer Galerien mit Zweigstellen in London und New York. Sie vertritt auch Pipilotti Rist, von der an der Art Unlimited für Grenzen sprengende Werke die Videoinstallation «A Liberty Statue for Löndön» zu erleben ist – in einem Zelt auf einer roten Polsterlandschaft liegend.

Das teuerste Objekt am Stand

Iwan Wirth bestätigt, dass die ersten Stunden an der Messe für das Geschäft «matchentscheidend» seien. Die den Raum dominierende braune Skulptur «Captain Bullsack» des US-Künstlers Paul McCarthy sei am Eröffnungstag verkauft worden. Über den Preis des teuersten Objekts an seinem Stand sagt er nur: «Er liegt im Millionenbereich.»

Inzwischen wurden verkaufte Bilder ins Lager gebracht und neue aufgehängt. «Das Preisniveau bei uns ist seit gestern gesunken. Damit wollen wir dem Publikum gerecht werden. Heute können Sie bei uns Kunst ab 20’000 Franken kaufen», erklärt Wirth.

Käufer gebe es die ganze Woche durch, manche Sammler kämen jedes Jahr an ihren fixen Tagen, weiss der Galerist. «Am Sonntag kommen dann die Schnäppchen-Jäger und schauen, was übrig ist und günstig erstanden werden kann, weil der Galerist froh ist, dass er es nicht wieder nach Hause nehmen muss.»

150’000 für einen Penny

Hauser & Wirth vertritt 35 Künstlerinnen und Künstler. «Die Zusammenarbeit mit einem Künstler ist eine Art Heirat – im Idealfall fürs Leben», sagt Wirth, der die Galerie zusammen mit seiner Frau Manuela und dem Partner Marc Payot führt. «Für neue Künstler liegt daher die Latte sehr hoch.»

Nicht zu hoch für den indischen Künstler Subodh Gupta, dessen Werk «A Penny for Belief», ein Metalltablett mit Münzen aus aller Welt, bedeckt mit Olivenöl, für 150’000 Franken verkauft wurde.

«Der indische Markt ist ein interessantes Phänomen. Mit der Mittelschicht und der Elite wächst auch die Nachfrage nach einheimischer Kunst. Bei Subodh Gupta, dem bekanntesten Künstler des Subkontinents, spüren wir ein riesiges Interesse aus Indien selber», sagt Wirth.

Innovation auf der Scope

Kunst aus Indien boomt dieses Jahr auf der Art Basel. Ebenfalls von Subodh Gupta stammt die dreiteilige Metall-Skulptur, die als Kunstprojekt im öffentlichen Raum vor den Messehallen steht: «Gandhi’s Three Monkeys».

In einer der Nebenmessen, der innovativen Scope, ist eine Gruppenausstellung mit indischen Künstlern zu sehen. Unter ihnen fällt der Comic-Zeichner Sarnath Banerjee mit seinem melancholisch-humorvollen Werk «Tyranny of Cataloguing» auf.

Scope ist die jüngste der Entdeckermessen, die neben der Hauptmesse ein neugieriges Publikum anziehen. Hier präsentieren die beiden Kunsthistorikerinnen Susanne Friedli und Elisabeth Gerber von der kleinen Berner Galerie Annex14 junge Künstler und hoffen, internationale Sammler kennenzulernen.

«Better than Bruce» heisst eine Fotoserie des 29-jährigen Berners Omar Alessandro, die sich ironisch auf den amerikanischen Performer und Fotografen Bruce Nauman bezieht. Und raffiniert macht die deutsche Künstlerin Martina Sauter mit ihren intimen Innenansichten von Räumen die Betrachter zu Voyeuren.

Kundenstamm aufbauen

«Für die Koje hier bezahlen wir 10’000 Franken. Damit gehen wir schon ein finanzielles Risiko ein, denn unsere jungen Künstler haben noch nicht so hohe Preise wie die etablierten an der Hauptmesse», sagt Susanne Friedli.

1000 Franken kostet das billigste und 15’000 das teuerste Werk am Stand von Annex14. «Verkauft haben wir bisher eine kleine Arbeit.» Natürlich hoffen die Galeristinnen, dass sich die Investition von soviel Zeit, Energie und Geld auszahlt. Die Galerie ist erst drei Jahre alt und das erste Mal in Basel präsent.

«Unser Ziel ist, einmal an der Art selbst ausstellen zu können. Vielleicht können wir uns aber auch mit anderen Messen einen guten Kundenstamm aufbauen. Das Wichtigste ist im Moment, Kontakte zu knüpfen und unser Netzwerk zu erweitern», sagt Friedli.

swissinfo, Susanne Schanda, Basel

300 Galerien aus allen Kontinenten wurden von der Art-Jury für die Messe ausgewählt. Insgesamt präsent sind Galerien aus 33 Ländern.

Am stärksten vertreten sind mit 72 Galerien die USA, gefolgt von Deutschland (49 Galerien), der Schweiz (35), Grossbritannien (29), Frankreich (22), Italien (20) und Österreich (10).

Die Preisspanne erstreckt sich von tausend Franken für Werke noch unentdeckter Künstler bis zu einigen Millionen Franken für Meisterwerke etablierter Künstler.

Rund um die Art Basel haben sich in den letzten Jahren mehrere Nebenschauplätze etabliert.

Als wichtigste Entdeckermesse und Sprungbrett an die Art gilt die Liste, die im ehemaligen Brauereigebäude von Warteck untergebracht ist.

Am Ufer des Rheins präsentiert die internationale Messe Scope zum zweiten Mal innovative Kunst in Basel.

Weitere Nebenmessen sind die Volta, die BaleLatina und die Hot Art Fair.

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