Auf dem Weg zum Studer Revox-Museum
Noch immer schlagen die (älteren) Herzen der Audiofans höher, wenn sie die Namen Studer und Revox hören. Zeit also für ein Museum.
Ein solches ist geplant. Ein Museumsverein wurde gegründet. Die Ausstellungsstücke wären auch da. Doch bis zur Eröffnung dauert es noch seine Zeit.
Als am 1. März 1996 der charismatische Firmengründer Willy Studer 85-jährig starb, kämpfte das von ihm gegründete Flaggschiff der Schweizer Audio-Industrie, Studer Revox, ums Überleben.
Studer, der seine Firma im zürcherischen Regensdorf wie ein Vater geführt haben soll, verkaufte sein Ein und Alles 1990 an die Schweizer Firma Motor Columbus. «Damit Revox schweizerisch bleibt», wie er selber in einem Interview sagte.
Von analog zu digital
Was dann folgte, bewegt die Gemüter noch heute. Die Branche erlebte einen Umbruch, wie 30 Jahre zuvor die Schweizer Uhrenindustrie: den Umbruch von analog zu digital.
Da sah Studers viel zu teure «Präzisionsmechanik der schweren Bandgeräte» urplötzlich alt aus. Der Patron hielt wohl zu lange an seiner bis dato erfolgreichen Maxime der analogen Präzisionsmaschinen fest.
Vor diesem Umbruch stand 1990 Motor Columbus und musste harte Sanierungsmassnahmen ergreifen, was dem Unternehmen viel Hohn und Spott, ja gar Feindseligkeit eintrug.
Mitarbeiter mussten gehen. Die Sparten Studer (professionelle Geräte und Studioeinrichtungen) und Revox (Consumer-Geräte) wurden getrennt. Revox ging seine eigenen Wege und stellt seither im deutschen Villingen Desinggeräte her.
Studer wurde an die amerikanische Harman Kardon Group verkauft und produziert heute – immer noch am einstigen Stammsitz Regensdorf – professionellles Audio Equipment. Heute sehen viele die damalige Handlungsweise von Motor-Columbus nicht mehr in einem derart negativen Licht.
Die «Beatles-Maschine»
«Im Rückblick betrachtet, hat Motor-Columbus wohl Studer vor dem Untergang gerettet», sagt Erhard Häberling gegenüber swissinfo.
Der heute 60-jährige Häberling träumte in seiner Jugend – wie viele damals – von einer Revox-Bandmaschine. Doch reichte das Geld nicht aus, um sich so ein teures Ding zu kaufen. Also kaufte er etwas Erschwingliches aus Japan, träumte jedoch weiterhin von Studer und seinem Revox.
Damals fuhr er zur See und wurde später Unternehmer. So konnte er sich spät zwar, dafür umso engagierter, seinen Traum verwirklichen. Er begann «Studer» zu sammeln.
Heute besitzt er eine umfassende Sammlung derjenigen Geräte, auf denen der Name von Firmengründer Willy Studer steht, und das sind die professionellen, in der Öffentlichkeit weniger bekannten Studiogeräte.
In Häberlings umfangreicher Sammlung steht das erste von Willy Studer gebaute Röhrenradio genauso wie die legendäre 4-Spur Bandmaschine Studer J-37, auf der in den Abbey-Road Studios in London das Beatles Album vom St. Pepper aufgenommen wurde. Die Maschine, das «Arbeitspferd der 60er», wurde noch vor wenigen Jahren benutzt, um die Beatles-Aufnahmen zu remastern.
Museumsverein
Erhard Häberling zu swissinfo: «Ich bin nicht der Sammler, der das Sammelgut im stillen Kämmerlein hortet und es niemandem zugänglich macht. Im Gegenteil.»
So war es nahe liegend, dass er eines Tages beim heutigen CEO von Studer in Regensdorf anrief, um Bruno Hochstrasser für die Idee eines Studer-Museums zu gewinnen.
Dieser fand die Idee nicht nur prüfenswert, sondern bat um Taten. Und da parallel zu Häberlings Studer-Sammlung der Chef der heutigen Revox, Christoph Frei, ein Revox-Sammler ist, wurde der «Museumsverein Studer Revox» gegründet.
«Zur Zeit haben wir die zum Teil gewichtigen – im wahrsten Sinn der Wortes – Ausstellungsstücke in einen provisorischen Austellungsraum im heutigen Studer-Betriebsgebäude gehievt», sagt Erhard Häberling.
Zu sehen bekamen das kostbare Gut als erste die Teilnehmer des 5. Studer Revox Treffens, die kürzlich aus ganz Europa anreisten. Das Treffen der hart gesottenen Fans der Schweizer Audiogeräte findet seit fünf Jahren statt.
Eröffnungstag steht noch in den Sternen
«Wann das Museum wirklich steht und wann es für die Öffentlichkeit zugänglich ist, das steht noch in den Sternen», sagt Häberling. «Im Moment suchen wir noch Räumlichkeiten, in denen die Studer- und Revox-Geräte zusammen ausgestellt werden können.» Dann müsse auch über die Infrastruktur des Museums und über die Kosten Klarheit herrschen.
Geplanter Standort sei das noch zu Zeiten von Willy Studer erbaute Betriebsgebäude, in dem noch heute die professionellen Studer-Geräte produziert werden.
«Aber wir wissen nicht, was die Amerikaner, denen ja Studer gehört, in Zukunft wollen», gibt Häberling zu bedenken. Im Moment scheine es, das Regendsdorf als Standort nicht gefährdet sei. «Denn Studer ist im Begriff, wieder Weltmarkführer zu werden. Das Produkt läuft gut.»
Und noch eines lässt Erhard Häberling durchblicken: «Zur Zeit sind bei Revox erneut Umstrukturierungen – auch auf Besitzerebene – im Gang. Möglich, dass auch Revox wieder in die Schweiz zurückkehrt.»
swissinfo, Urs Maurer, Regendsdorf
Unter der Marke Studer werden in Regendsdorf professionelle Audio-Studio Einrichtungen für Aufnahmestudios, Radio- und Fernsehstudios oder Opernhäuser etc. hergestellt. Studer gehört der amerikanischen Harman International Inc.
Bei Revox ist die Besitzerstruktur nicht klar. Das Unternehmen fabriziert in Villingen (De) Designeraudios.
Am 14. Juni 2005 wurde im ehemaligen Büro von Willy Studer in Regendsdorf der «Museumsverein Studer Revox» gegründet.
Ziel des Vereins: «Die Sicherung sowie die Aufarbeitung der gesamten noch auftreibbaren Hinterlassenschaft des Audiopioniers Dr. Willy Studer.»
Dem Verein gehören an: Bruno Hochstrasser, CEO Studer Professional Audio GmbH, Christoph Frei, CEO Revox AG, Erhard Häberling (Präsident), Hans Helmut Schoor und Urs Steiner (Internet-Auftritt).
Willy Studer wurde am 17. Dezember 1912 als Wilhelm Mosimann in Zürich geboren. Er wuchs bei den Pflegeltern Studer auf und nahm mit 14 Jahren deren Namen an.
1948 gründete Studer die Firma, die mit den Produkten Studer und Revox zu Weltruhm gelangte.
1978 wurde Willi Studer von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich der Doktor der Technischen Wissenschaften ehrenhalber verliehen.
Studer starb am 1. März 1996.
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