Ausländische Kulturschaffende in die Schweiz!

Ein Gruppe Schweizer Künstler und Kunstliebhaber hat eine einzigartige Online-Plattform eingerichtet, um ausländische Kulturschaffende anzuziehen. Es locken rund ein Dutzend Gäste-Ateliers in der ganzen Schweiz.
Bis anhin war es schwierig für ausländische Kulturschaffende, einen Ort für kreatives Arbeiten in der Schweiz zu finden, begründen die Initianten ihr neues Online-Angebot. Der Zugang zu den einzelnen Ateliers und Galerien sei kompliziert gewesen.
«Wir finden es traurig, wenn sich kultureller Austausch heute weitgehend darauf beschränkt, Bilder für Ausstellungen zu importieren», sagte Wenzel Haller, Kulturschaffender in Aarau und Mit-Initiant der Aktion, gegenüber swissinfo. «Wir würden uns freuen, wenn mehr Leute, mehr Kulturschaffende in die Schweiz kämen.» Davon könnten auch Schweizer Künstler und ein breites Publikum profitieren, ist Haller überzeugt.
Die neue Webseite «Artists in Residence» funktioniert als Online-Einstiegspforte zu Schweizer Galerien und Studios und liefert auch Hinweise, wie Künstlerinnen und Künstler vorgehen können, wenn sie einen Aufenthalt in der Schweiz planen.
Gleichzeitig hoffen die Initianten mit ihrem Angebot auch die verschiedenen Anbieter näher zusammen zu bringen – bis anhin haben diese ihre Austausch-Programme kaum koordiniert.
Wichtig auch für die Schweiz
In Aarau – einer Stadt mit einem lebhaften Kulturaustausch – hat Wenzel Haller bereits Dutzende Maler und Bildhauer aus Indien, Weissrussland, Vietnam und den Palästinenser Gebieten beherbergt.
«Kürzlich war eine Künstlerin aus Bangalore während sechs Monaten in unserem Studio. Zuerst fühlte sie sich hier sehr unsicher, doch schliesslich wurde der Aufenthalt ein wichtiger Teil ihrer künstlerischen Karriere», erzählt Haller. «Zudem konnten die Leute aus Aarau im Studio vorbeikommen und herausfinden, was eine junge indische Künstlerin heute macht.»
Kulturschock künstlerisch umsetzen
Die Bedeutung eines solchen Austausches betont auch der Zürcher Henry Levy: «Je mehr Erfahrungen ein Kulturschaffender hat, je mehr er umher reist, umso interessanter kann seine Arbeit werden.»
Ein möglicher Kulturschock, so Levy, sei Teil des künstlerischen Forschens. «Natürlich gibt es den Kulturschock. Doch dieser Schock kann für einen Künstler sehr positiv auswirken. Er kann dazu führen, die Art der Arbeit zu überdenken.»
Für Levy ist die interkulturelle Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und anderen Ländern so bedeutend wie diejenige Zusammenarbeit und Hilfe, welche die Schweiz traditionellerweise leistet.
Das Projekt wird denn auch vom Bundesamt für Kultur und der Kulturstiftung Pro Helvetia unterstützt.
Kunst für Verständnis
Die Wichtigkeit der Austausch-Programme betont auch Mark Bundi, ein Schweizer Maler, der in verschiedenen Ateliers im Ausland gearbeitet hat. So erinnert er sich an das herzliche Willkommen, das er während seines 6-monatigen Aufenthaltes in der bulgarischen Hauptstadt Sofia erfahren hat: «Die Kunstszene empfing mich sehr offen, was absolut anders ist als die Situation in der Schweiz. Hier sind wir alle immer sehr beschäftigt und haben keine Zeit, weil wir dem Geld nachrennen.»
Wenn Kunst ein Schlüssel sei, um eine Gesellschaft zu verstehen, argumentiert Bundi, so könnten Austausch-Programme einerseits den Künstlern eine neue Perspektive geben. Andererseits würden die Künstler ihre temporäre Umgebung verändern.
Seine Theorie ergänzt Bundi mit der aktuellen Situation nach den Terroranschlägen in Manhattan: «Wenn in diesen Tagen ein Künstler in ein islamisches Land geht, wird er sich wahrscheinlich mit der Kultur auseinandersetzen und zu Schlussfolgerungen kommen, die tiefer gehen, als die generellen Schlussfolgerungen der Zeitungen.»
Ramsey Zarifeh

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