Auszeichnung für Schweizer US-Botschafts-Bau
Die neuartige Architektur der Residenz der Schweizer Botschaft in Washington ist mit zwei gewichtigen Branchen-Auszeichnungen prämiert worden.
Der Erfolg geht auf eine Zusammenarbeit des US-Architekten Steven Holl mit einem Schweizer zurück: Justin Rüssli war für das Interieur zuständig.
Die neue Botschafter-Residenz der Schweiz in Washington wurde im September 2006 eröffnet.
Diesen Juni erhielt das Gebäude den Architekturpreis der prestigeträchtigen Royal Institute of British Architects (RIBA).
«Ein faszinierender Plan, ein gut durchdachtes Raumkonzept und eine Ausführung bis ins Detail machen aus diesem Gebäude einen exemplarischen Bau», begründet das RIBA den Entscheid. Die Residenz spiegle «wortwörtlich das Schweizer Kreuz, weil die Liegenschaft die Form eines Kreuzes hat».
«Wenn die Rolle des Botschafters darin besteht, ins Ausland geschickt zu werden, um für sein Land zu lügen», zitiert das RIBA ein altes Diplomaten-Bonmot, dann könne dies nirgends besser erfolgen als im komfortablen Umfeld dieses Gebäudes.
Ein Ort des Austauschs
Das Gebäude dient zu weit mehr als zum Sitz des höchsten helvetischen Diplomaten in den USA. Es ist vor allem «ein Ort des Austauschs zwischen Schweizern und Amerikanern». Und die gegen aussen offene Architektur bezeuge dies, meint Botschafter Urs Ziswiler gegenüber swissinfo.
Das Äussere des Neubaus war dem amerikanischen Architekten Steven Holl anvertraut worden, um das Interieur kümmerte sich der Schweizer Justin Rüssli.
Überwacht wurde das Gesamtprojekt vom Bundesamt für Bauten und Logistik. Über dieses Objekt ist das Amt auch erstmals zu einer solchen RIBA-Auszeichnung gekommen.
Doch das Royal Institute ist nicht das einzige, das auf die neue Residenz der Schweizer in der US-Hauptstadt aufmerksam geworden ist. In den USA selbst erhielt das Gebäude auch den Preis der Jury des New Yorker American Institute of Architects (AIA).
Der Erfolg von Steven Holl
Der neue Schweizer US-Sitz profitiert zweifelsohne von der neuen Welle um Steven Holl. Dieser Architekt heimst zur Zeit Auszeichnungen ein. Ausser dem Preis für die Resistenz, den er sich mit Justin Rüssli teilt, ist der Amerikaner für zwei weitere seiner Arbeiten von RIBA und AIA prämiert worden.
«Steven Holl ist ein Meister der Manipulation von Licht und Raum», sagt Tony Chapman, Direktor des RIBA-Preises. Laut Chapman schaue das Royal Institute jedoch immer mehr auch auf die Gebäude-Ökologie.
Diesbezüglich unterstreicht er, dass die Residenz in Washington «eher nach schweizerischen als nach amerikanischen Normen konzipiert» sei.
«Mit einer Wärme speichernden Südfassade und einer weiteren, fünften Fassade in Form eines mit fotovoltaischen Platten bestückten Daches, gilt dieses Gebäude als sehr grün, verglichen mit den geltenden Normen in den USA.»
Beweis für gute Arbeit
Justin Rüssli seinerseits ist der Letzte einer ganzen Reihe von Schweizer Architekten und Gebäuden, die dem Royal Institute aufgefallen sind. Es war auch das RIBA, das im letzten Februar Jacques Herzog und Pierre de Meuron für ihr gemeinsames Werk ausgezeichnet hat.
Für Rüssli ist es wichtig, dass Architekten Preise gewinnen. «Das belohnt gute Architektur und gibt ihr einen Sinn als etwas, auf das Architekten hinarbeiten sollten», sagt der Luzerner.
«Eine Auszeichnung gilt als Beweis, dass wir unseren Kunden gute Arbeit liefern. Das wiederum motiviert neue Kundschaft zur Zusammenarbeit mit uns.»
Ein Preis unterstreiche auch den Umstand, dass der Architekt aus der Vorgabe etwas Aussergewöhnliches zustande brachte, trotz unumgänglichen Einschränkungen des Auftraggebers.
Laut dem Luzerner lag im Fall der Residenz die hauptsächliche Herausforderung im «sehr restriktiven Budget des Bundesamts für Bauten und Logistik, gegenüber den hohen Qualitätsansprüchen und Wünschen».
Öko-Baumaterial oft nur Importware
Steven Holl seinerseits hatte die Koordination des Projekts dem Partner Olaf Schmidt anvertraut. Der junge deutsche ETH-Abgänger war von den beiden erhaltenen Auszeichnungen ebenfalls hell begeistert.
Als Projektverantwortlicher hob er in Washington hervor, dass «die wichtigste Herausforderung im ökologischen Charakter des Gebäudes lag».
«Es war nicht leicht, die zahlreichen Materialien, die wir für die Öko-Standards benötigten, in den USA zu finden», so Schmidt. «Vieles musste aus der Schweiz und Deutschland eingeführt werden.»
swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragung aus dem Französischen: Alexander P. Künzle)
Das Projekt, das der New Yorker Steven Hall und der Luzerner Justin Rüssli für die Schweizer Botschaftsresidenz in Washington einreichten, ist unter 50 weiteren von einer Jury ausgewählt worden.
Die Jury war zusammengesetzt aus Architekten und Mitarbeitern des Bundesamts für Bau und Logistik (BBL).
Die internationale Ausschreibung war anonym und fand 2001 statt.
Das Eidgenössische Parlament segnete das Holl/Rüessli-Projekt 2003 ab.
Die Schweizer Botschafts-Residenz in Washington bedeckt 2250 Quadratmeter Boden. Die Kosten beliefen sich auf 14 Mio. Dollar (16,8 Mio. Franken).
Die Residenz dient als Sitz des Botschafters und zur Beherbergung offizieller Gäste. Doch dient das Gebäude eigentlich der öffentlichen Diplomatie. Jedes Jahr finden dort 400 Anlässe statt, mit rund 3000 Personen.
Der Bau muss deshalb transparent sein – gegenüber aussen mit grossen Fensterflächen, innen mit einem geräumigen Parterre, das diplomatischen Funktionen und Einladungen dient.
Das Parterre umfasst eine grosse Halle, drei Salons, zwei Essräume und eine supermoderne Küche.
In den Obergeschossen befinden sich Arbeitsräume für Mitarbeitende, zwei private Wohnungen für Besucher und die Wohnung des Botschafter-Ehepaars.
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