Basquiats Farbexplosionen in der Fondation Beyeler
Basquiat, der seine Karriere im New Yorker Untergrund begann, wurde mit seinen expressiven Werken weltberühmt. Die Fondation Beyeler widmet dem Kunststar, der mit 27 Jahren an einer Überdosis Drogen starb, zum 50. Geburtstag eine grosse Retrospektive.
Jean-Michel Basquiats Karriere als Maler und Zeichner war kurz und sehr intensiv: Bis zu seinem tragischen Tod schuf er innerhalb von acht Jahren rund 3000 Werke.
Die Fondation Beyeler zeigt bis Anfang September über hundert von Basquiats bunten, kraftvollen Arbeiten mit den poetischen und provokativen Slogans.
Es ist die erste umfassende Retrospektive in Europa. «Basquiat ist einer der grössten zeitgenössischen Künstler. Es ist erstaunlich, dass es bisher in Europa keine grössere Basquiat-Ausstellung gab», sagt Kurator Dieter Buchhart.
«Vibrierende Zeit»
Der in Brooklyn geborene US-Künstler mit puertoricanischen und haitianischen Wurzeln begann seine Karriere im Untergrund als Graffiti-Sprayer, Schauspieler und Musiker und befreundete sich mit Musikern und Künstlern wie John Lurie, Debby Harry (Blondie) und Madonna, mit der er kurze Zeit liiert war.
«Es war eine vibrierende Zeit», sagt der amerikanische Hip-Hop-Pionier und Graffiti-Künstler Fab 5 Freddy, ein einstiger «Kumpel» und «Mitverschwörer» von Basquiat, wie er sagt. Sie seien die einzigen schwarzen Jungs gewesen in der modernen Kunst- und Popkultur-Szene von Downtown New York.
Fab 5 Freddy erinnert sich, wie Basquiat und er mit dem Zeichnungsheft unter dem Arm Museumstage besuchten und sich als Studenten ausgaben. «Wir haben viel zusammen gelacht.»
Voller Energie und Neugier
Der künstlerische Durchbruch gelang Basquiat, als seine Werke 1981 in der Ausstellung «New York/New Wave» in New York neben Künstlern wie Keith Haring und Robert Mapplethorpe gezeigt wurden.
Dabei wurde namentlich der Zürcher Galerist und Kunsthändler Bruno Bischofberger auf den US-Künstler aufmerksam. Bischofberger wurde 1982 Basquiats Galerist.
«Basquiat interessierte sich für alles, er war einer der wissbegierigsten Menschen, die ich je getroffen habe», sagt der 70-jährige Bischofberger. Basquiat sei ein äusserst lebhafter junger Mensch voller Energie gewesen, eine kraftvolle Erscheinung mit einem ausgesprochen schönen Gesicht.
Basquiats Werke sind von jener Intensität und Energie geprägt, die auch das kurze Leben des ersten schwarzen Kunststars bestimmten. In den Werken mit den comicartigen Figuren, skeletthaften Silhouetten und skurrilen Objekten vermischen sich Popkultur und Kulturgeschichte zu kritisch-ironischen Kommentaren über Konsumgesellschaft und Rassismus.
Dem Autodidakten gelang es, neben der vorherrschenden konzeptuellen Kunst und der Minimal Art neue figurative und expressive Elemente zu etablieren.
«Das Besondere an Basquiat war, dass er diesen primitiven Stil von Kindern adaptierte und in monumentaler Art darstellte. Das ist etwas, das die Leute sehr schnell anspricht», sagt Bruno Bischofberger. «Es geht um die Annäherung an Dinge, Basquiat zeigt das Wesentliche mit all seinen Einflüssen.»
Bruch mit Warhol
Der kürzlich verstorbene Kunstsammler und Gründer der Fondation Beyeler, Ernst Beyeler, holte 1983 den damals 22-jährigen Basquiat nach Basel und zeigte dessen Werke in seiner Galerie, darunter die Bilder «Philistines» (1982) und «Self-Portrait» (1982), die in der Ausstellung zu sehen sind.
Basquiat war wiederholt in der Schweiz, er besuchte das Land insgesamt 14 Mal. Mehrmals war er zu Gast bei Bruno Bischofberger. Während diesen Aufenthalten sind mehrere Werke mit Schweizer Motiven entstanden.
Bischofberger war es auch, der Basquiat mit Andy Warhol bekannt machte und 1984 zu einem Gemeinschaftsprojekt mit diesem und Francesco Clemente anregte.
Die Zusammenarbeit mit Warhol, aus der insgesamt über 100 Werke hervorgingen, fand 1985 ein abruptes Ende: Basquiat beendete diese, als die Gemeinschaftswerke auf negative Kritik stiessen.
Asche glüht weiter
Am Ende der Ausstellung in der Fondation Beyeler sind Basquiats letzte Arbeiten versammelt. Sie zeugen von einer inneren Zerrissenheit. Aus seinem Werk «Riding with Death», das der junge Künstler kurz vor seinem Tod an einer Überdosis Drogen schuf, spricht eine offensichtliche Todessehnsucht.
Die Legende des jung verstorbenen Künstlers lebt weiter: «Basquiats Leben war wie eine Flamme, sein Licht leuchtete hell. Auch wenn sein Feuer erlosch, glüht die Asche weiter», sagt Fab 5 Freddy.
Isobel Leybold, Riehen, swissinfo.ch
(Adaption aus dem Englischen: Corinne Buchser)
Die Retrospektive zu Basquiat in der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel dauert bis am 5. September 2010.
Die ausgestellten Arbeiten stammen aus öffentlichen und privaten Sammlungen, darunter «The Museum of Modern Art» und «The Estate of Jean-Michel Basquiat» in New York, das «Musée national d’art moderne» und das «Centre Georges Pompidou» in Paris sowie die Zürcher Galerie Bischofberger.
Die Ausstellung wurde von der Fondation Beyeler konzipiert, in Zusammenarbeit mit dem «Musée d’art moderne de la Ville de Paris», wo sie vom 15.10.2010 bis 30.1.2011 zu sehen sein wird.
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