Bedrohtes Edelweiss Village wird Schweizer Denkmal in Kanada
Lange war das Schicksal von sechs historischen Schweizer Chalets in Kanada ungewiss. Jetzt ist das einstige Zuhause der legendären Schweizer Bergführer in den Rocky Mountains gerettet.
Eine Gruppe einfacher Holzchalets etwas ausserhalb des Dorfes Golden, umgeben von Fichten und Hügeln, teils halb verfallen, seit Jahrzehnten kaum mehr bewohnt. Das ist ein Teil der Schweizer Geschichte im Ausland: Die einstigen Häuser der Schweizer Bergführer im kanadischen British Columbia, bekannt als «The Swiss Guides Village Edelweiss».
Chalets, damit die Schweizer blieben
Die kanadische Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Railway heuerte um 1900 zahlreiche Schweizer Bergführer als Fremdenführer an. Sie sollten Tourist:innen auf die vielen anspruchsvollen Berggipfel in der Region führen.
Die Chalets, erstellt im Jahr 1912, waren ihr Zuhause. Sie waren auch eine Art Lockvogel. Die Kanadier verfolgten damit das Ziel, dass sich die Schweizer Bergführer mit ihren Familien in den Rocky Mountains definitiv ansiedeln würden. Zuvor waren sie oft als Saisonniers gekommen.
Schweizer Bergführer hatten damals weltweit einen ausserordentlich guten Ruf. Sie waren die Experten auf ihrem Gebiet und haben unzählige Erstbesteigungen von 3000-Meter-Gipfeln in den Rockies vollbracht.
Dann, über 100 Jahre später, kam die spezielle Siedlung, die in all den Jahren nie mehr wirklich verändert oder gepflegt wurde, auf den Immobilien-Markt. Doch nicht nur das örtliche Museum befürchtete durch den Verkauf den Verlust der historischen Häuser – von denen es in Kanada nicht viele gibt.
Geburtsort der kanadischen Bergkultur
Die Zukunft des Edelweiss Village berührte viele Menschen vor Ort. Und auch international sorgte der Verkauf für Aufsehen, nicht zuletzt durch einen DokumentarfilmExterner Link.
Tatsächlich gilt Edelweiss Village in Golden als einer der wichtigsten Geburtsorte der kanadischen Bergkultur. «Es muss für heutige und zukünftige Generationen erhalten bleiben», forderte Ilona Spaar schon anfang 2023 gegenüber swissinfo.ch. Spaar ist Autorin des Buches «Swiss GuidesExterner Link«. Sie kämpfte Seite an Seite mit dem Auslandschweizer Johann Roduit um den Erhalt der Häuser.
Die beiden haben es sogar geschafft, dass die historische Stätte in die Liste der zehn meistgefährdeten Orte KanadasExterner Link aufgenommen wurde, was dem Edelweiss Village vor allem in Kanada viel Aufmerksamkeit eingebracht hat.
Aus dem Schlaf geholt
Im letzten Sommer ging es mit der Siedlung dann Schlag auf Schlag: Im Juli kaufte die kanadische Immobilienfirma Montayne die Siedlung. Laut einer aktuellen Mitteilung ergriff sie unmittelbar danach erste Massnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der historischen Strukturen. Sie stabilisierte die Böden und installierte Brandschutz-Vorrichtungen.
Erste Gebäude wurden auch einer kompletten Aussen-Erneuerung unterzogen. Dächer und Terrassen sind jetzt renoviert, einige Häuser frisch gestrichen. «Dabei wurde sensibel darauf geachtet, so viel wie möglich von der ursprünglichen Bauweise zu bewahren und wiederherzustellen», heisst es in der Mitteilung.
Montayne teilt weiter mit: «Wir respektieren die historische Bedeutung des Schweizer Dorfes und der Schweizer Bergführer, die dort lebten.» Man sei sich der Wichtigkeit des Dorfes für die lokale Gemeinschaft und die in Kanada lebenden Auslandschweizer:innen bewusst. «Unsere Leidenschaft gilt der Erhaltung und Restaurierung dieses einzigartigen Ortes und seines Vermächtnisses», schreibt die Immobilienfirma.
Inspiration vom Schweizer Heimatschutz
Ziel sei es nun, die Struktur des Schweizer Dorfes wieder zum Leben zu erwecken und die Chalets weiter zu restaurieren, um einen weiteren Verfall zu verhindern.
Inspiration kommt dabei von einer Idee des Schweizer Heimatschutzes und dessen Stiftung «Ferien im Baudenkmal». Die Chalets in Kanada sollen als Ferienhäuser vermietet werden, um die Kosten für die kostspieligen Restaurierungs- und Umgebungsarbeiten zu decken.
Ilona Spaar, die mit Johann Roduit die «Swiss Edelweiss Village Foundation» ins Leben gerufen hat, freut sich, dass das historische Dorf nun erhalten bleibt.
«Wir sind froh um die rasch erfolgten, umfangreichen Arbeiten», sagt sie. Diese seien in bester denkmalpflegerischer Weise durchgeführt wurden, um die Chalets möglichst in ihrem ursprünglichen Charakter zu belassen.
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