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Biografie und Werkverzeichnis

1968 verhüllte Christo die Kunsthalle Bern - ein ausserordentliches Ereignis. (Bild: Balthasar Burkhard) Baltasar Burkhard

Christo und Jeanne-Claudes Lebenswege haben trotz der räumlichen Distanz gemeinsam begonnen: Sie sind am selben Tag geboren.

Von ihren gemeinsamen Projekten konnten sie in den letzten vier Dekaden 40 erfolgreich zu Ende bringen, 37 konnten nicht realisiert werden.

Christo wurde am 13. Juni 1935 in Bulgarien als Christo Yavachev geboren. In seiner Jugend inszenierte er Shakespeare-Stücke. 1953 wurde er an der Akademie der schönen Künste aufgenommen. Der Betrieb dort passte ihm jedoch nicht, da der sozialistische Lehrplan der Kommunisten seine freie Entfaltung hinderte. 1957 floh er nach Wien. Dort besuchte er die Wiener Akademie der schönen Künste, ging nach einem halben Jahr nach Genf und dann nach Paris.

Jeanne-Claude kam am selben Tag wie Christo in Casablanca zur Welt. Jeanne-Claude wuchs in gestörten Familienverhältnissen auf, ihre Mutter heiratete insgesamt fünf Mal. Das Mädchen wuchs die ersten Jahre vor allem bei der Familie ihres Vaters auf. Diese behandelte sie schlecht.

1958 trafen sich die beiden zum ersten Mal. Christo machte ein Porträt von Jeanne-Claudes Mutter. Bald darauf erteilte er Jeanne-Claude Unterricht in Kunstgeschichte, und sie lehrte ihn besser Französisch zu sprechen.

1958 entstand auch Christos erste Verhüllung, eine leere Farbdose, verhüllt mit einer harzgetränkten Leinwand.

Bevor die beiden aber zusammen fanden, verliebte sich Christo in Jeanne-Claudes Halbschwester Joyce. Sie verlobten sich sogar, trennten sich dann jedoch wieder. Erst da begann zwischen Jeanne-Claude und dem jungen Künstler ein Verhältnis. Sie heiratete jedoch einen anderen Mann, obwohl sie von Christo schwanger war. Nach den Flitterwochen trennte sie sich von ihrem Mann.

Die beiden hielten ihr Verhältnis eine geraume Zeit geheim. 1960 wurde ihr Sohn Cyril geboren. Als Jeanne-Claudes Eltern von der Liebesaffäre erfuhren waren sie entrüstet. Christo stammte aus einfachen Verhältnissen. Sie entzogen dem Paar jegliche finanzielle Unterstützung, so dass sie in Armut leben mussten.

Christo schloss in dieser Zeit immer mehr Bekanntschaften mit Künstlern. So besuchten ihn Niki de Saint Phalle und Juan Tinguely in seinem Atelier.

1961 verhüllte Christo mit Tonnen am Kölner Hafen erstmals grössere Gegenstände.

Das Künstler-Paar nahm 1962 das erste monumentale Projekt, «Rideau de Fer», in Angriff. Eine Seitenstrasse an der Seine, die Rue Visconti, wurde durch hoch aufgestapelte Ölfässer versperrt. Die beiden liessen sich vom Bau der Berliner Mauer inspirieren. Trotz einiger Probleme mit den Behörden stapelte das Paar ohne eine Genehmigung am 27. Juni die Ölfässer aufeinander. Die Installation durfte nur für einige Stunden stehen bleiben.

Am 28.November 1962 heirateten Christo und Jeanne-Claude. Sie lebten weiterhin in Armut, sparten aber für eine Reise nach New York, das damals die bekannteste Metropole für Gegenwartskunst war.

Im Februar 1964 reisten Christo und Jeanne-Claude nach New York. Nach einer kurzen Rückkehr nach Europa verlagerten sie ihren Wohnsitz endgültig nach Amerika. Christo konnte seine Werke in einigen bekannten Galerien ausstellen.

Nach langer Suche fanden sie eine heruntergekommene Wohnung, die sie zwei Monate lang renovierten. Sie leben heute noch darin.

Eine Werks-Auswahl

1958: «Regale»
1959: «Verhüllte Ölfässer»
1961: «Dockside Packages», Köln, Hafen
1961: «Paket auf einem Tisch»
1962: «Mauer aus Ölfässern – Eiserner Vorhang», Rue Visconti, Paris
1963: «Paket auf einer Schubkarre»
1963: «Verhüllte Zeitschrift Der Spiegel»
1964: «Lilafarbene Ladenfront»
1968: «5600-Kubikmeter-Paket», Documenta IV, Kassel
1968: «Verhüllter Brunnen, Spoleto»
1968: «Verhüllte Kunsthalle Bern», das erste ganze Gebäude
1969: «Verhüllte Küste», Little Bay, Australien
1969: «Verhülltes Museum of Contemporary Art, Chicago»
1972: «Valley Curtain, Rifle, Colorado»
1970: «Verhülltes Denkmal für Vittorio Emanuelle, Piazza del Duomo, Mailand»
1970: «Verhülltes Denkmal für Leonardo, Piazza della Scala, Mailand»
1974: «Ocean Front, Newport, Rhode Island»
1974: «Die Mauer – Verhüllte römische Stadtmauer»
1976: «Running Fence, Counties Sonoma and Marin, Kalifornien»
1978: «Verhüllte Parkwege, Kansas City»
1983: «Surrounded Islands, Biscayne Bay, Greater Miami, Florida»
1985: «Der verhüllte Pont Neuf, Paris»
1991: «The Umbrellas, Japan – USA»
1995: «Verhüllter Reichstag, Berlin»
1998: «178 verhüllte lebendige Bäume, Riehen, (im Berowerpark der Fondation Beyeler wurde jeder Baum einzeln in einen silbergrauen Mantel eingepackt)
1999, «The Wall, Gasometer Oberhausen» (13’000 Ölfässer in einem ungewöhnlichen Raum)

swissinfo, Etienne Strebel

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