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Bücher gegen das Vergessen

Der Preisträger posiert in der Solothurner Altstadt zum Porträt. Keystone

Der österreichische Autor und Übersetzer Erich Hackl hat am Montag den mit 20'000 Franken dotierten Solothurner Literaturpreis erhalten.

Jury-Präsident Hans-Ulrich Probst bezeichnete Hackl in seiner Laudatio als Autor, «der mit grosser Beharrlichkeit gegen das Vergessen, gegen die grassierende Amnesie anschreibt».

«In einer Zeit wo politische Themen rasch den Vorwurf unzeitgemässen Moralisierens ernten», gelänge es Hackl «glaubwürdig über politische Ethik zu schreiben, fern aller postmodernen Beliebigkeit».

Praktische Ästhetik des Widerstands

Die Auszeichnung werde Hackl unter anderem deshalb verliehen, weil er «der Literatur etwas zutraut» und «fern hektischer Moden und kurzlebiger Trends hartnäckig an seinem Projekt der Geschichtserzählung», seiner «praktizierten Ästhetik des Widerstands fortschreibt».

Die Jury hatte ihre Wahl mit der ausserordentlichen Einbildungs- und Einfühlungskraft und der hohen stilistischen Präzision begründet, mit der Hackl Partei für Menschen nehme, die mutig auch in aussichtsloser Lage Widerstand leisten.

Er überschreite die Trennlinien zwischen literarisch und dokumentarisch, indem er wahre Geschichten auf ebenso kunstvolle wie zurückhaltende Weise nacherzähle.

Wahre Begebenheiten

Bereits in seinen ersten beiden, sogleich Aufsehen erregenden Erzählungen, «Auroras Anlass» (1987) und die in seiner Heimatstadt spielende Geschichte «Abschied von Sidonie» (1989) über die Verfolgung eines Zigeunermädchens während des Nationalsozialismus, hat Hackl auf wirkliche Begebenheiten zurück gegriffen.

Immer wieder zieht es den Autor nach Lateinamerika, das zusammen mit Österreich und Spanien das Zentrum seines Schreibens bildet. Hackls Werk umfasst neben Erzählungen auch Radiofeatures, Essays, Reportagen und Übersetzungen, «die von der leidenschaftlichen Verpflichtung des Autors diesem Kontinent gegenüber zeugen», so die Jury.

In Argentinien und Uruguay spielt auch die Geschichte von «Sara und Simon», die 1995 erschienen und eben erst wieder in die Schlagzeilen geraten ist. Sie erzählt von der Suche der Widerstandskämpferin Sara Mendez nach ihrem Sohn, den ihr die Militärdiktatur geraubt hat. Dieses Frühjahr, sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung des Romans, hat Sara Mendez ihren Sohn wieder gefunden.

Spanien und Lateinamerika

Hackl wurde am 26. Mai 1954 in Steyr in Oberösterreich geboren. Nach dem Studium der Hispanistik und Germanistik in Salzburg und Malaga war er 1977/78 Universitätslektor in Madrid. Anschliessend unterrichtete er in Wien, wo er seit 1983 als freier Schriftsteller und Übersetzer lebt.

Zu seinen Auszeichnungen zählen unter anderen der Prix de Litterature etrangère Ecureuil (1991), der Gerrit-Engelke-Literaturpreis (1996) und der Bruno Kreisky-Preis für das politische Buch (1997).

Zuletzt erschien 1999 unter dem Titel «Entwurf einer Liebe auf den ersten Blick» eine Liebesgeschichte aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs. Dorthin führen auch die Spuren, die Hackl in seinem jüngstem Buch «Die Hochzeit von Auschwitz. Eine Begebenheit», verfolgt, das Ende August im Diogenes Verlag herauskommen soll.

swissinfo und Agenturen

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