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Bundesbrief: Zurück an den Absender

Der Bundesbrief wurde in Philadelphia unter Sicherheitsglas ausgestellt. swissinfo.ch

Das Dokument kommt wieder in die Schweiz zurück, nachdem es bis Freitag in Philadelphia zu sehen war und dort viel Aufmerksamkeit erhielt.

In den USA sahen Zehntausende Amerikaner und Schweizer das legendäre Dokument aus der Gründerzeit der Eidgenossenschaft.

Unter den selben massiven Sicherheitsvorkehrungen wie bei der Abreise ist nun der Bundesbrief aus Philadelphia wieder auf dem Weg in die Schweiz. Er wurde für die Ausstellung «Sister Republics» in Philadelphia erstmals ins Ausland ausgeliehen.

Diese Ausleihe des Bundesbriefs hatte in der Schweiz im Vorfeld einen kleinen Wirbel erzeugt. Eine SVP-nahe Gruppe hielt es für zu heikel, das 715 Jahre alte Originaldokument auf Reisen zu schicken. Drei SVP-Nationalräte wollten den Brief kaufen und die Ausleihe damit verhindern.

Auch andere Länder überlegen es sich gut, ob sie wichtige nationale Dokumente ausser Landes bringen wollen.

So lehnte es Spanien noch bis vor kurzer Zeit ab, dass die Werke von Velasquez den Prado verlassen. In den USA bewachen die Behörden die Verfassung oder die Unabhängigkeits-Erklärung wie den eigenen Augapfel.

Die Organisatoren der «Reise» des Bundesbriefes zeigten Verständnis für die Bedenken der Kritiker, machten jedoch geltend, dass der Bundesbrief unter extremsten Sicherheitsvorkehrungen das Bundesbriefmuseum in Schwyz verlassen habe.

Respekt und Würde

«Der Bundesbrief wurde der Öffentlichkeit mit dem gebotenen Respekt im National Constitution Center in Philadelphia gezeigt», sagte Karl Niederer, der US-Verantwortliche für die Ausstellung «Sister Republics» gegenüber swissinfo.

«Als Archivar verstehe ich selbstverständlich die Sorgen, die etliche Schweizer hatten, wenn ein wichtiger Gegenstand oder ein seltenes Dokument herumreist. Aber wir haben hier den Bundesbrief mit höchster Aufmerksamkeit behandelt. Er wurde gut bewacht und erst noch elektronisch gesichert», sagte Niederer, der auch Direktor des Staatsarchivs von New Jersey ist.

«Die gleichen Sicherheitsstandards, die hier vor Ort galten, werden nun auch angewandt, wenn der Bundesbrief wieder in die Schweiz zurückgebracht wird», sagte Raymond Loretan, Schweizer Konsul in New York.

Über 95’000 Besucher

Loretan ist Ko-Präsident der Initiative Swiss Roots (Schweizer Wurzeln) zusammen mit der Schweizer Botschaft in Washington. Die Initiative wurde ins Leben gerufen, um die rund 1 Mio. Amerikanerinnen und Amerikaner mit Schweizer Wurzeln auf ihr Herkunftsland aufmerksam zu machen.


Die Präsentation des Bundesbriefes war eine der Veranstaltungen von Swiss Roots. Gemäss der Organisatoren war die Ausstellung «Sister Republics» ein grosser Erfolg.

«Ich schätze, dass mehr als 95’000 Leute den Bundesbrief sahen. Und das in weniger als einem Monat», meint Karl Niederer. Das sei schon deshalb eine grosse Zahl, da das National Constitution Center in Philadelphia im Durchschnitt 4000 bis 5000 Besucher pro Tag aufnehmen könne.

«Die Amerikaner denken, dass die Geschichte 1776 mit ihrer Loslösung von England beginnt. Nun haben sie gesehen, dass es schon Jahrhunderte zuvor bundesstaatliche Zusammenschlüsse gegeben hat.»

Eine grosse Werbewirkung

Raymond Loretan kennt die genauen Besucherzahlen noch nicht. Betont aber, dass der Bundesbrief «hier in einem Monat von mehr Leuten gesehen wurde, als innerhalb eines Jahres in Schwyz».

«Das ist eine enorme Werbung für das Bundesbriefmuseum. Der Direktor hat mir gesagt, dass die Auswirkungen von Philadelphia schon zu spüren seien, die Besucherzahlen würden steigen.» Der Bundesbrief sei übrigens in Schwyz ab dem 4. Juli wieder zu sehen, sagte Loretan.

Dass in Philadelphia so viele Besucher zu verzeichnen waren, hat auch damit zu tun, dass die Stadt ein Kulturort und für die USA ein geschichtliches Zentrum ist. Und sie liegt in einem der Gründerstaaten der USA, wo zudem viele Personen mit Schweizer Wurzeln zu Hause sind.

Und noch das: Die Ausstellung «Sister Republics» in Philadelphia wurde einer ähnlichen Veranstaltung nachempfunden, die auch den Namen «Schwester Republiken» trug und 1991 von der Bibliothek des Kongresses mit grossem Erfolg in Washington gezeigt wurde.

swissinfo, Marie-Christine Bonzon, Washington
(Übertragung aus dem Französischen, Urs Maurer)

Im Bundesbrief sicherten sich Uri, Schwyz und Unterwalden gegenseitige Unterstützung im Falle einer Bedrohung zu.

Er ist eines von zahlreichen Dokumenten von Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhundert, um in den Tälern Sicherheit und Ordnung durchzusetzen.

In der Tat herrscht Uneinigkeit, ob der Bundesbrief tatsächlich von 1291 stammt. «Seine Bedeutung ist heute sicher grösser als sie zu seiner Zeit war», so die Meinung eines Historikers der Uni Zürich.

1936 baute die Schweiz das Bundesbrief-Museum in Schwyz, wo sich die Urkunde heute befindet. Er diente zur «geistigen Verteidigung des Landes» angesichts der Bedrohung durch Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg.

Rund 1,2 Mio. US-Bürger haben Schweizer Wurzeln.

Mehr als 5000 Städte und Dörfer in den USA tragen Schweizer Namen.

Die meisten Amerikaner mit Schweizer Wurzeln leben in Kalifornien, New York, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin.

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