Chaplin durch das Auge der Kamera
Eine Ausstellung im Elysée-Museum Lausanne lässt Magie und Genie von Sir Charles Spencer Chaplin mit unbewegten und bewegten Bildern wieder aufleben.
«Chaplin in Bildern» zeigt über 250 Stand- und Studio-Fotos, und auf mehr als 20 Bildschirmen sind Ausschnitte von Chaplin-Filmen wie «City Lights» und «Modern Times» zu sehen.
«Es ist eine Geschichte in Bildern über Chaplin als Filmschauspieler, Filmregisseur und Weltbürger», sagt Chefkurator Daniel Girardin gegenüber swissinfo. «Besonders interessant zu sehen ist, wie er die Fotografie benutzte, um die mythische und universelle Figur Charlie, den Stadtstreicher oder Tramp, zu schaffen und zu entwickeln.»
Der Wandel von Chaplins Tramp-Charakter als opportunistischer Dieb im Jahr 1914 zum grossherzigen Unterhund in «The Kid» und «City Lights» ist ein zentrales Thema der Ausstellung.
Charakteristische Bilder
Eine Sequenz von einem Dutzend Wandbildern zeigt den Schauspieler in verschiedenen Positionen mit seinem typischen Melonenhut, der schlecht sitzenden Jacke, dem zahnbürstenartigen Schnauz, den zu grossen Stiefeln und dem Spazierstock.
Auf einem Bild sieht man einen deprimierten Chaplin in die Kamera starren, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben; auf einem anderen lehnt er lässig auf seinen Spazierstock, der aussieht, als würde er jeden Moment entzweibrechen.
Diese Figur Chaplins war derart erfolgreich, dass sie zahlreiche Nachahmer erzeugte. Auf einem Bild ist vor einem Kino, in dem gerade «The Idle Class» gezeigt wird, eine ganze Horde von jungen und älteren Chaplin-Nachahmern zu sehen.
1925 gingen die Anwälte von Chaplin sogar vor das Oberste Gericht Kaliforniens, um seine Figur vor Plagiaten zu schützen.
Foto und Film
Die Ausstellung im Elysée-Museum will einen «Dialog» zwischen unbewegten und bewegten Bildern herstellen. Neben den Bildern werden in jedem Raum ausgewählte Ausschnitte und Montagen aus Filmen wie «Shoulder Arms», «City Lights» und «Modern Times» gezeigt.
Zum Beispiel die choreografisch wunderbare Boxszene aus «City Lights» oder Chaplin als Baum getarnt hinter Feindeslinie in «Shoulder Arms».
Für Charles Spencer Chaplins Sohn, Eugene, ist die Ausstellung «Chaplin in Bildern» mehr als nur eine Retrospektive von Leben und Werk seines Vaters.
«Wir sehen die Entwicklung von Charlie Chaplin in all seinen Lebensabschnitten», sagt er gegenüber swissinfo. «Aber es gibt hier auch Bilder, die einfach die Geschichte des Kinos zeigen.»
Laut Sohn Eugene gab es drei Abschnitte in Chaplins Leben: «Die Kindheit in England, dann das, wie ich es nenne, turbulente Leben in den USA und schliesslich das friedliche Leben in der Schweiz.»
Ruhe in der Schweiz
Dass die Ausstellung «Chaplin in Bildern» jetzt nach Paris, Rotterdam und Hamburg in der Schweiz gezeigt wird, ist für Eugene Chaplin besonders wichtig. Charles Chaplin reiste 1952 aus den USA in die Schweiz aus, nachdem er während der antikommunistischen McCarthy-Ära «Amerika-feindlicher Aktivitäten» als systemfeindlich angeprangert worden war. Er starb 25 Jahre später in Corsier-sur-Vevey.
Weltweite Spuren
An der Lausanner Ausstellung wird auch der Einfluss Chaplins auf die Avantgarde-Bewegung des frühen 20. Jahrhunderts gezeigt. Der französische Maler Fernand Léger soll von Chaplin fasziniert gewesen sein. Und sein Film «Ballet Méchanique» von 1924 beginnt mit kubistischen Szenen mit einer herumwirbelnden, Chaplin-ähnlichen Figur.
Ein anderer Höhepunkt der Ausstellung ist eine Sammlung Tausender von weltweiten Presseausschnitten über den medienbewussten Chaplin. «Er war sich der Verbreitung seines Images und der weltweiten Reaktionen bewusst», sagt Kurator Sam Stourdzé. «Das Medienecho prägte die Entwicklung des Charakters von Charlie.»
swissinfo, Adam Beaumont, Lausanne
(Übertragung aus dem Englischen: Jean-Michel Berthoud)
Die Ausstellung «Chaplin in Bildern» im Elysée-Museum Lausanne umfasst über 250 Bilder aus dem Archiv der Familie Chaplin. Es handelt sich um die erste bedeutende Ausstellung, die auf dem Archiv der Familie Chaplin basiert.
«Chaplin et les images» (Originaltitel) entstand mit Unterstützung der Chaplin Gesellschaft. Die Ausstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit MK2, der Cineteca del comune di Bologna – projetto Chaplin, Lobster und einer Partnerschaft mit Janvier und Publimod.
Charles Spencer Chaplin wurde am 16. April 1889 in London geboren.
1903 begann er seine Karriere als Schauspieler in England.
1914 hatte er seinen ersten Filmauftritt.
1952 verliess er die USA und liess sich in der Schweiz nieder, nachdem er von den US-Behörden als kommunistischer Sympathisant beschuldigt worden war.
Chaplin starb am 25. Dezember 1977 in Corsier-sur-Vevey.
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