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Chaplins Stern leuchtet weiter

Keystone

An Weihnachten 1977 starb Charlie Chaplin im Alter von 88 Jahren in der Schweiz. Mit seinen Filmen hinterliess er eine einmalige Erbschaft.

2005 soll in seinem Wohnsitz oberhalb von Vevey ein Chaplin-Museum eröffnet werden.

«Wenn er schrieb, sass er an seinem Schreibtisch oder im Sessel in der Bibliothek und diktierte der Sekretärin», erzählt sein Sohn Michael Chaplin im Gespräch mit swissinfo.

Die Bibliothek sei noch weitgehend im selben Zustand, wie an dem Tag, an dem der Filmemacher im Alter von 88 Jahren 1977 starb.

Auf den Gestellen stehen ledergebundene Ausgaben der Magazine «Punch» mit Karikaturen und «Strand» mit Kurzgeschichten, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichen.

Neben einem grossen, hölzernen Schreibtisch steht das Sofa, das Chaplin im Film «City Lights» 1931 verwendete.

Opfer der Kommunisten-Jagd

Chaplin wurde während der McCarthy-Ära Opfer der Kommunisten-Hetzjagd und lebte seit 1953 in der Schweiz. Doch auch hierzulande war der Künstler nicht vor fanatischen Kommunisten-Jägern sicher, wie Akten der Schweizer Bundespolizei belegen.

In seinem Westschweizer Exil drehte Chaplin weitere Filme, komponierte Musik für die Neuauflagen seiner Stummfilme und schrieb seine Autobiografie.

Workaholic Chaplin

«Er war immer am arbeiten. Ich kann mich nicht erinnern, dass er einmal im Hause war, ohne etwas zu tun», sagt Michael Chaplin, der vor zehn Jahren ins Familien-Anwesen zurück gezogen ist.

Als sein Vater 1953 im «Manoir de Ban», einer Villa mit 24 Zimmern im 14 Hektaren grossen Park in Corsier-sur-Vevey, einzog, war er bereits über 60 Jahre alt.

Chaplin-Museum geplant

Das «Manoir de Ban», bereits heute Pilgerort für Chaplin-Fans, soll nun für 25 Mio. Franken ein richtiges Kulturerbe werden, die «Charlie Chaplin Heritage Site».

Neben einem Museum, das dem Filmpionier und dem frühen Hollywood gewidmet ist, sind ein Kino, eine Freiluftbühne und eine Filmschule vorgesehen.

«Es gab schon Pläne für ein Museum in London und eines in Hollywood», sagt Michael Chaplin, treibende Kraft hinter dem Projekt am Genfersee.

«Als wir mit dieser Idee kamen, mussten wir alle davon überzeugen, dass die Schweiz der beste Standort sei. Im Hause, wo er die letzten 25 Jahre seines Lebens verbrachte.»

Auch hofft Michael Chaplin, dass Verwandte und Freunde Möbel, Bilder und Andenken fürs Museum bringen werden.

Die Originalstücke sollen helfen, die Atmosphäre des letzten Jahrzehnts des Filmemachers zurückzubringen. Hier zog er seine acht Kinder aus seiner zweiten Ehe gross.

Familienmensch Chaplin

«Wenn wir irgendeinen Einfluss auf ihn hatten, dann haben wir ihm geholfen, etwas Ruhe zu finden. Ein bisschen weniger an die Arbeit zu denken und das Leben zu geniessen», blickt Michael Chaplin zurück.

«Es waren nicht nur wir, in Europa hatte er weniger Druck aus Hollywood. In den letzten 25 Jahren hatte er ein richtiges Familienleben, einen geordneten Tagesablauf und war emotional stabil.»

Zusammen mit seiner Frau sei er über Land gefahren oder mit der ganzen Familie zu Fuss nach Vevey zum Nachtessen gegangen, erinnert sich Chaplins Sohn.

Sammlungen in Montreux, Paris und Bologna

In der Nähe des herrschaftlichen Wohnsitzes Chaplins, im Stadtarchiv von Montreux, liegt die grösste Sammlung von Chaplin-Dokumenten. Sie umfasst neben Manuskripten alte Fotografien des grossen Filmers.

Montreux wartet gegenwärtig auf weitere Datenbanken: «The Chaplin Project» aus Bologna restauriert Filme und macht digitale Kopien davon.

Diese sollen schon Mitte des kommenden Jahres im Internet abrufbar werden; die Zeitdokumente gehen dann nach Montreux. Zusammen mit weiteren Originalen aus Kalifornien und jenen der offiziellen «Association Chaplin» aus Paris.

Keine Zeremonie, dafür in die Kinos

Für den 25. Todestag sei keine Zeremonie geplant, sagt Michael Chaplin. Das grösste Gedenken, das Charlie Chaplin gemacht werden könne, sei das geplante Museum und die Rückkehr seines Vaters auf die Leinwand.

«Vor allem in Frankreich wurde viel getan, um seine Filme wieder ins Kino zu bringen», sagt er.

«Es ist überhaupt wichtig, dass alte Filme nicht nur am Fernsehen gezeigt werden. Vor allem Komödien brauchen ein Publikum – weil Lachen ansteckend wirkt.»

swissinfo, Dale Bechtel

(Übertragung aus dem Englischen von Philippe Kropf)

Michael Chaplin will aus dem Familen-Anwesen am Genfersee ein Museum machen.
Die grösste Dokumenten-Sammlung befindet sich in Montreux.
Ein italienisches Team digitalisiert und katalogisiert alles.
Zusätzliches Material kommt aus Paris und Kalifornien.

1889: Charlie Chaplin kommt in London auf die Welt.
Viele Jahre verbringt Chaplin zusammen mit seinem Bruder Sidney in Fürsorge-Institionen.
1894: Erster Auftritt als Ersatz für seine kranke Mutter.
1903: Karriere als Schauspieler in England.
1910: USA-Tournée mit der Karno-Truppe.
1914: Erster Filmauftritt. Chaplins Figur des Landstreichers erscheint im ersten Kurzfilm «Kid Auto Races». Chaplin wird zum Star.
1919: Chaplin gründet mit Douglas Fairbanks, D.W. Griffith und Mary Pickford United Artists.
1931: Stummfilm «City Lights».
1936: Stummfilm «Modern Times».
1952: Chaplin, seit 1947 als Kommunisten-Sympathisant verschrien, verlässt die USA.
1953: Niederlassung in der Schweiz.
1966: Letzter Film «A Countess from Hong Kong». Chaplin kehrt nach Hollywood zurück, um den Oscar zu empfangen.
1968: Chaplin wird von der Queen zum Ritter geschlagen.
25.12.1977: Chaplin stirbt in der Schweiz.

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