Dank Thriller Krisen besser bewältigen
Aussenpolitik beherrscht nicht nur die Schlagzeilen, sondern inspiriert auch den Autor James Douglas. Im neuen Polit-Thriller "Bomben Geschäfte" über die Iran- und Nuklearkrise lässt der Ex-Auslandschweizer die Atombombe platzen.
Ob im Umgang mit den USA, Europa, Russland oder den kritischen Ländern des Nahen Ostens, die laufende aussenpolitische Krise der Schweiz dient Douglas als Real-Vorlage für seinen Politkrimi.
Zwischen Bankiers an der Zürcher Bahnhofstrasse, russischen Waffenschiebern, Armeniern, iranischen Mullahs und einigen aufrechten Schweizern läuft ein actionreiches nukleares Bedrohungs-Szenario ab. Die Geschichte beruht zwar auf realen Gegebenheiten, nimmt aber phantasiereich gerade noch mal ein gutes Ende.
Anders als in der Wirklichkeit reagierten die Schweizer Protagonisten im Buch nicht spät und falsch, sondern täten das Richtige, sagt der Autor gegenüber swissinfo.ch.
swissinfo.ch: Würden Sie Ihren neuesten Thriller Bundespräsident Merz und Aussenministerin Calmy-Rey als Leitfaden aufs Nachttischchen legen, wie die laufende Krise auch anders angepackt werden könnte?
James Douglas: Noch so gerne! In der Krisenbewältigung, ob real oder im Roman, sind meiner Ansicht nach militärische Prinzipien einzuhalten, wie zum Beispiel: Kenne deinen Gegner! Dies hat unsere Aussenpolitik vernachlässigt.
Dabei hätte unser Land viele qualifizierte Diplomaten und Wirtschaftsleute – nur hört niemand auf sie.
Libyen ist wohl der krasseste Fall, bei dem die Sitten und Gepflogenheiten eine völlig andere Vorgehensweise nahe gelegt hätten.
Auch das breite Kontakt-Netz der Auslandschweizer praktisch überall auf der Welt scheint von der Aussenpolitik wenig genutzt zu werden, was ich als Fehler erachte.
swissinfo.ch: In Ihren Büchern sind die Schweizer Hauptfiguren ins internationale Geschehen eingebettet. Sie nehmen ihr Schicksal in die Hand und handeln. Ein Idealbild?
J.D.: Einerseits liebe ich mein Land, anderseits hege ich wenig Illusionen, was dessen Stellung in der Welt betrifft. Immer noch sind wir weltweit sehr angesehen. Aber unsere Problemchen, ob wegen der UBS oder wegen des Steuerstreits, bauschen wir auf.
Wir denken, die ganze Welt müsse sich damit befassen. Dabei langweilen wir unsere ausländischen Freunde damit nur.
Zwar können wir international grosse Wirtschafts-Leistungen ausweisen, politisch aber sind wir bedeutungslos.
Ähnlich laufen auch meine Figuren im Roman. Sie dominieren nicht, aber sie bringen ihre Swissness zum Ausdruck, was ihre Stärke ausmacht.
swissinfo.ch: Finanzplatz, Direktdemokratie, Aussenwirtschaftspolitik: Wird sich an diesen Säulen der Swissness wirklich etwas ändern?
J.D.: Das ist Wunschdenken einiger Politiker im Land selbst. Die Zeit wird alles wieder heilen. Selbstkritik ist eine Schweizer Krankheit, und kann bis zur Nestbeschmutzung führen.
Man weidet sich im eigenen Elend und im Gefühl, das Ganze habe eine internationale Dimension. Im Gefühl, sich entschuldigen zu müssen, zu versprechen, besser und moralischer zu werden.
Dabei fehlt es uns einfach am Mut zur Identität und Selbstvertrauen dort, wo wir eigentlich stark sind.
swissinfo.ch: Weshalb gibt es so wenige Schweizer Thrillerautoren, die auf eine internationale Leserschaft abzielen?
J.D.: Literaturkritiker machen sich bei uns und in Deutschland über Thriller lächerlich. Sie verstehen das Konzept nicht. Für sie muss Literatur mit Schmerz, Leiden, Ringen mit der tödlichen Krankheit, Auslotung der Kriegsschuld und ähnlichem zu tun haben.
Unterhaltungsliteratur wie Action-Thriller passt den Kritikern nicht in den Korb. Wohl aber den Lesern, die sind begeistert. Meine Thriller gehören zu den Gefragtesten in den Leihbibliotheken.
Der kontinentaleuropäischen Literaturdenkweise entspricht es weniger, internationale Verschwörungs-Plots mit viel Politik, Action und derlei mehr zu ersinnen.
Ich habe hingegen das Thriller-Schreib-Handwerk mit dem Entwerfen eines Plots in den USA gelernt. Dort ist der Themenkreis breiter und mit weniger Dünkel belastet.
swissinfo.ch: In «Bomben Geschäfte» könnte die Hauptfigur schweizerischer gar nicht sein: Die Bank Managerin aus bestem Schweizer Haus schafft es, sich ohne krumme Touren, mit Anstand, Wille und Wissen im östlich-orientalischen Agenten- und Killermilieu durchzusetzen. Verkörpert sie die kommende Generation der Schweiz?
J.D.: Ich hoffe. Es gibt viele solche jüngere Frauen in der Schweiz. Breite Ausbildung, viel Kenntnisse, offene Einstellung. Im Roman wird sie ins Geschehen hineingezogen. Sie ist nicht die raffinierte, mit allen Wassern gewaschene Spezialagentin.
In die Enge getrieben, zeigen sich dann ihre wahren Eigenschaften – ein Frauenbild, das auch wir Männer uns wünschen.
swissinfo.ch: Und im Gegensatz dazu die Brüder Hornbach, den realen Tinner-Brüdern nachempfunden. Übelstes Schweizer Männer-Machwerk von vorgestern?
J.D.: Die braucht’s einfach, der Spannung wegen. Dank diesen Zentrifugen-Spezis wäre es ja vor Jahren Gaddafi beinahe gelungen, Atom-Technologie zu erwerben. Hätten die Beiden nicht gleichzeitig mit der CIA kooperiert, wäre die libysche Bombe damals wohl kaum zu verhindern gewesen.
Auf ihre Art sind die Beiden ja ebenfalls typische Schweizer: Einerseits Geld machen und sich andererseits trotzdem absichern, damit es nicht allzu schlimm herauskommt…
swissinfo.ch: Vielleicht ist Gaddafi auch deshalb immer noch verärgert über die Schweiz?
J.D.: Versagt hat die Politik mit Libyen, als die Schweiz vor 15 Jahren Gaddafis Sohn Saif das Studieren in Lausanne verbot. Darauf ging er nach Wien. Seither hat Österreich beste Beziehungen zu Libyen.
Alexander Künzle, swissinfo.ch
James Douglas ist Berner Jurist. Als Wirtschaftsanwalt lebte er lange in New York.
Er kennt sein Land deshalb auch aus der Perspektive des Auslandschweizers. Zur Zeit arbeitet und lebt er in Zürich.
Das Schreiben lernte er als Reporter, die Krimi-Vorlagen über die Kriminalistik, die Sicherheitsvorlagen im Militär.
Die Verflechtungen von Geld, Macht und Politik dienen ihm in den meisten Krimis als Basis.
Viele Bücher von ihm sind auch auf Englisch erschienen.
Noch vor wenigen Jahren hatten Douglas› Bücher wegen dem in der Schweiz ungewohnten Mix von Fiction (Krimi) und Non-Fiction (reale politische Begebenheiten) an helvetischen Tabus gerüttelt.
Doch die seither aufgebrochenen Krisen scheinen seine Spionage-Phantasien im nachhinein zu rechtfertigen.
So verschwindet im Roman «Bundesratslos» die siebenköpfige Regierung der Schweiz auf ihrem traditionellen Sommerausflug spurlos. Eine dreiste Entführung – von aufgebrachten Bauern oder von Terroristen eingefädelt?
In «Sintfluter» geht Zürich nach einem Staudamm-Attentat beim Sihlsee beinahe in den Fluten unter.
Meist läuft die Action zwischen mehr oder weniger aufrechten, aber naiven Schweizer Politikern und Bankern ab, mit gewieften Wissenschaftern, nie ohne Geheimagenten und sonstigem abgebrühten Volk mit undurchsichtigen Interessen.
Im neuesten Polit-Thriller «Bomben Geschäfte» will ein kalifornisch-armenischer Milliardär das benachbarte Iran von den Mullahs befreien, um besser Geschäfte in der Region machen zu können.
Mit der List der Gedankenfreiheit: Er lässt 10 Millionen Mobiltelefone über dem Land abwerfen.
Zum Alarmzustand im Nahen Osten kommt eine A-Explosion in Belutschistan. Israel glaubt sich bedrohter denn je.
Und zwischen allem eine Handvoll Schweizer, die sich in dieser internationalen Verschwörung zurecht finden müssen, und zwar schnell, effizient, und mit Anstand, wie sich das für Schweizer gehört. – Nicht alle schaffen es.
James Douglas: Bomben Geschäfte. 2009, Universitas Verlag. ISBN 978-3-8004-1486-4
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